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Tödlicher Luftangriff auf UNO-Hilfskonvoi in Syrien – jetzt ist von Kriegsverbrechen die Rede 

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Die Laster waren beladen mit Hilfsgütern, doch dann kamen die Kampfjets.Bild: AP/Aleppo 24 News

Tödlicher Luftangriff auf UNO-Hilfskonvoi in Syrien – jetzt ist von Kriegsverbrechen die Rede 

20.09.2016, 00:5520.09.2016, 13:35

Die Vereinten Nationen haben mit Abscheu und Fassungslosigkeit auf einen tödlichen Luftangriff auf einen von ihr organisierten Hilfskonvoi in Syrien reagiert. UNO-Vertreter zeigten sich «enorm empört» und rückten den Angriff in die Nähe eines Kriegsverbrechens.

Sollte sich der Angriff vorsätzlich gegen die Helfer gerichtet haben, «dann läuft dies auf ein Kriegsverbrechen hinaus», sagte der Chef der UNO-Hilfseinsätze, Stephen O'Brien, am Montag in New York. Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, brachte seine «enorme Empörung» über den Vorfall zum Ausdruck.

This image provided by the Syrian anti-government group Aleppo 24 news, shows a vest of the Syrian Arab Red Crescent hanging on a damaged vehicle, in Aleppo, Syria, Tuesday, Sept. 20, 2016. A U.N. hum ...
Bei dem Angriff soll es rund 20 Tote gegeben haben.Bild: AP/Aleppo 24 News

Die UNO-Vertreter betonten, dass der Konvoi der LKWs mit Hilfsgütern für die Region Aleppo in intensiven Verhandlungen mit den dortigen Kriegsparteien vorbereitet worden und klar als humanitärer Transport gekennzeichnet gewesen sei. Es gebe «keine Erklärung und keine Entschuldigung, keinen Grund und keine Rechtfertigung dafür, Krieg gegen tapfere und selbstlose humanitäre Helfer zu führen», sagte O'Brien. Er forderte eine Untersuchung.

USA: Vorwürfe an Moskau und Damaskus

Die USA richteten derweil Vorwürfe an Moskau und Damaskus. Als Verantwortliche für den Angriff auf den Konvoi kämen nur die Luftwaffe der syrischen Regierung oder deren Verbündeter Russland in Frage, sagten hochrangige Vertreter des US-Aussenministeriums. «Russland steht nun in der Pflicht, schnell und nachdrücklich zu demonstrieren, dass es sich dem Friedensprozess verpflichtet fühlt», sagte einer der US-Vertreter.

«Die Russen haben die Verantwortung, selbst solche Aktionen zu unterlassen, aber sie haben auch die Verantwortung, das Regime davon abzuhalten.» Der Angriff sei ein schwerer Schlag für die Friedensbemühungen.

20 Tote

«Rund 20 Zivilisten und ein Mitarbeiter des Roten Halbmonds wurden getötet, als sie humanitäre Hilfsgüter von den Lastwagen luden», erklärte die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften am Dienstag in Genf. Dabei sei ein «grosser Teil der Hilfsgüter zerstört» worden. Auch das Lager des Roten Halbmonds in Orum al-Kubra sei bei dem Angriff getroffen worden.

UNO-Vertreter O'Brien sagte, bei dem Angriff seien auch ein Lagerhaus des Roten Halbmonds sowie eine Klinik getroffen worden. Der Konvoi habe Güter für «dringend hilfsbedürftige Menschen» an Bord gehabt. Russland und die USA hatten in der vergangenen Woche eine Waffenruhe für Syrien ausgehandelt. Diese wurde am Montag aber von der syrischen Armee für beendet erklärt.

Versagen der Weltgemeinschaft

Vor dem für Dienstag geplanten Treffen der internationalen Syrien-Unterstützergruppe in New York warf die syrische Opposition der Weltgemeinschaft Versagen vor. «Die Welt begnügt sich damit, zuzusehen ohne einzuschreiten», sagte der Koordinator des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees (HNC), Riad Hidschab, am Montag in New York.

Nach der Aufkündigung der Waffenruhe durch die syrische Armee gehe das Blutvergiessen unvermindert weiter, klagte Hidschab:

«Russland und der Iran vergiessen syrisches Blut, das Regime bombardiert Spitäler, es wirft tausende Fassbomben und andere geächtete Bomben ab – und die Welt schaut zu.»
Riad Hidschab, Koordinator des oppositionellen Hohen Verhandlungskomitees

Die Resolutionen des UNO-Sicherheitsrats seien alle «vergeblich» gewesen. Insgesamt wurden bei neuen Luftangriffen in der Provinz Aleppo am Montagabend nach Angaben der Aktivisten von der Beobachtungsstelle 32 Zivilisten getötet, darunter sechs Menschen in der Stadt Aleppo.

Das russische Militär, das die syrische Führung unterstützt, erklärte, die Aufständischen hätten einen Grossangriff auf Stellungen ausserhalb von Aleppo gestartet, die von der Regierung gehalten werden. Darauf hätten die Regierungstruppen mit «massiver Artillerie» reagiert. Auch die syrische Armee wirft den Aufständischen vor, die Waffenruhe nicht eingehalten zu haben. (egg/sda/afp)

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
20.09.2016 06:35registriert August 2015
Die Frage ist doch mittlerweile, wem kann man was überhaupt noch glauben? Das alles hört wohl erst auf wenn ganz Syrien platt gemacht wurde.
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YesImAMillenial
20.09.2016 07:04registriert Juli 2014
Es ist unterste schublade, einen humanitären transport anzugreifen, das steht ausser frage.
Aaber: «Russland steht nun in der Pflicht, schnell und nachdrücklich zu demonstrieren, dass es sich dem Friedensprozess verpflichtet fühlt»
Finde es etwas zynisch, von den amis, die grossen moralisten zu spielen, nachdem sie vor wenigen tagen in völkerrechtswidrigen luftangriffen "ausversehen" die legitimen streitkräften syriens angegriffen und 60 soldaten getötet haben.
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Dä Brändon
20.09.2016 07:01registriert August 2015
Die Untersuchung muss schnell, sauber und unabhängig durchgeführt werden. Der/die Verantwortliche/n teuer dafür bezahlen.
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