Schon mitbekommen? Ja, auch Ferrari beugt sich dem herrschenden Trend hin zu opulenter Geschmacklosigkeit und präsentiert demnächst sein Luxus-SUV Purosangue. Uff, die Rich Kids of Instagram und Konsorten wird's freuen, von mir aus. Doch ... halt! Vor 50 Jahren war doch bereits mal was, nicht? Ein Ferrari-4x4? Oder waren das nur Gerüchte?
Mitnichten! Einen 4x4-Geländewagen von Ferrari gab es mal. Irgendwie. Zumindest einen Ferrari-Bastard. Ladies and Gentlemen, wir präsentieren:
Puristen werden Gift und Galle spucken, aber die können uns mal kreuzweise. Denn dies ist das uneheliche Kind eines 1969er Ferrari 365 GT ...
... und eines 1969er Jeep Wagoneer!
Ende der 60er-Jahre wandte sich William Harrah, millionenschwerer Kasinomagnat und Besitzer einer Autosammlung von 1'500 Fahrzeugen, an Enzo Ferrari mit der Bitte, ihm einen Ferrari-Geländewagen mit Allradantrieb zu bauen.
Enzo Ferrari lehnte rundweg ab, worauf der umtriebige Harrah sein eigenes Team von Mechanikern und Konstrukteuren mit dem Projekt beauftragte. Das Resultat: Die Vorderpartie und den V12-Motor eines Ferrari 365 GT und die Karosserie und das Chassis eines Jeep Wagoneers. «Jerrari» taufte Harrah sein Gefährt. Und kreierte gleich noch ein Markenlogo als Stinkefinger gen Enzo.
Gemäss Berichten soll Harrah sein neues Gefährt sehr genossen und anfänglich auch häufig gefahren haben. Als problematisch erwiesen sich einzig die Bremsen, die original vom Jeep Wagoneer übernommen wurden und mit den Anforderungen, die eine 320-PS-Ferrari-Motorisierung mit sich brachten, Mühe bekundeten.
Aufgrund der auffälligen Optik wurde William Harrah stets auf der Strasse erkannt, weshalb er bald eine anonymere Version wünschte. Der Jerrari 2 von 1977 war ein äusserlich unveränderter Jeep Wagoneer desselben Jahrgangs, doch mit dem Ferrari-Motor des Jerrari 1 von 1969.
Dies führte natürlich dazu, dass der ursprüngliche Jerrari mit einem leeren Motorraum zurückblieb – woraufhin ein 6,4-Liter-Chevrolet-V8 eingebaut wurde, der eine absolut vergleichbare Leistung wie der Ferrari-Motor bot und erst noch erheblich zuverlässiger war (wenn auch weitaus weniger exotisch).
Nach dem Tod von Bill Harrah 1978 wechselte das Auto einige Male den Besitzer. Inzwischen befindet sich der Jerrari in Deutschland, und siehe da – es steht zum Verkauf (Anzeige hier auf ClassicDriver).
Ein Sammlerstück wie dieses hat selbstredend seinen Preis. 390'000 Franken, um genau zu sein. Dafür bekommt man aber eine Legende der Automobilgeschichte, eine Ikone der Exzentrik, ein Triumph der Individualität. Etwas, das der aktuelle Ferrari Purosangue nie sein wird.