«Ein üppiges Durcheinander» – so staunt Italien über ausländische Pasta-Rezepte
Agrodolce.it ist ein italienisches Food-Portal. So wie man's kennt: Restaurant-Tipps, Lifestyle-Artikel, Produkte-News, Rezepte und dergleichen. Ja, Rezepte – davon hat's ordentlich viele. Und die italienischen Rezepte darunter sind, wie's sich gehört, einfach und geradeaus. Linguine vongole e cime di rapa, etwa? Eine kleine Handvoll Zutaten; die Zubereitung zackzack. Wenn die Ingredienzien frisch und schmackhaft sind, braucht's wenig für den Gaumenschmaus. So weit, so italienisch.
Doch hier wird keineswegs nur Nabelschau betrieben. Hier werden auch Rezepte und Food-News aus der weiten Welt thematisiert – stets mit viel Wohlwollen, notabene. Mitunter findet sich ein Exkurs von Reporterin Beatrice Mencattini mit dem Titel «16 seltsame Arten, wie man im Ausland Pasta kocht».
Und es ist grossartig.
Die Einleitung liest sich als Warnung an alle Italiener, «die auch im Ausland nicht auf Pasta verzichten können»: Jedes Volk habe seine eigenen kulinarischen Traditionen, wird da erklärt, weshalb man besser beraten sei, «die einheimischen Gerichte zu probieren, als freie Neuinterpretationen unseres geliebten ersten Ganges zu versuchen».
Aber, so erklärt Mencattini ihrer Leserschaft, Pasta habe sich durchaus überall auf der Welt durchgesetzt – mitunter mit für italienische Vorstellungen und Gaumen merkwürdig anmutenden Resultaten. Das beginne damit, dass «nicht jeder in der Lage ist, zu warten, bis das Wasser kocht, bevor er die Nudeln hineinwirft» und endet damit, dass zuweilen «verschiedenste Zutaten zusammen in ein Gericht geworfen werden, die besser getrennt gegessen werden sollten».
Da wird gestaunt. Hier einige Auszüge:
Spaghetti and Meatballs 🇺🇸
Bis heute können die wenigsten Italiener verstehen, weshalb man den ersten Gang (Pasta) und den zweiten Gang (Fleisch) um Teufel komm' raus kombinieren will. Mencattini dazu:
Contorno 🇫🇷
Pasta als Beilage – auch wieder so was, das extrem seltsam anmutet:
Mac'n'Cheese 🇺🇸
Pasta mixta 🇦🇷
Macarrao ao molho branco 🇧🇷
Carbonara 🌍
Es liest sich, als würde die Autorin von exotischen religiösen Bräuchen erzählen:
Lasagne Fast Food Bites 🇦🇺
Ja, das mit der Deftigkeit gewisser ausländischer Pastagerichte – das ist und bleibt in Italien schwierig zu verstehen. Wie auch bei diesem Gericht hier:
Baked Ziti 🇺🇸
Chicken Parm 🇺🇸
Die Abhandlung von Beatrice Mencattini liest sich wie ein Touristen-Guide für ferne Gefilde. Stets schwingt ein Grundton von kindlichem Erstaunen mit über die exotischen Essgewohnheiten der Eingeborenen. Und nein, hier wird nichts per se verteufelt, doch sickert eine Unverständnis heraus, weshalb zum Geier man Pasta auf diese merkwürdige Art serviert, wenn man doch weiss, dass es tamminomol anders besser ginge.
Nicht alle Beispiele wurden in diesem Artikel aufgelistet. Mencattini lässt sich noch über ausländische Interpretationen von Arrabbiata, Bolognese, Mac'n'Cheese als Hotdog-Topping oder Pizza Pasta aus. Aus eidgenössischer Sicht ging aber vergessen, dass der nördliche Nachbarstaat Italiens ebenfalls einige sehr merkwürdige Pasta-Abwandlungen vorweisen könnte. Nebst dem, dass in der Schweiz wie vielerorts Pasta als Beilage serviert wird, wie würden doch die Italiener staunen über Älpler-Magronen oder Ghackets mit Hörnli mit – *tief Luft hol'* – Apfelmus?