Dass die Ära des Verbrennungsmotors langsam zu Ende geht, steht ausser Zweifel. Elektro-Autos sind ökologischer, ökonomischer und ökosowasvonschneller.
Heisst das nun, dass in Zukunft alle Benziner verschwinden werden? Also auch die schönen? Nun, davon sind wir noch ein Momentchen entfernt. Bereits jetzt aber gibt es einen interessanten Nischenmarkt: E-Umbauten von Auto-Klassiker. Noch ist die Szene ein bunter Haufen unterschiedlichster Hersteller: von altehrwürdigen Traditionsmarken, die ihre Klassiker als EV neu lancieren, über kalifornische Hot-Rod-Hippies bis zu Grossstadt-Pragmatiker, die erschwingliche Umbau-Kits für jedermann anbieten wollen.
Hier eine Auswahl – von ‹unerschwinglich exklusiv› bis ‹durchaus machbar›:
Fangen wir also gleich mit dem Vehikel an, das Enzo Ferrari als «schönstes Auto der Welt» bezeichnete: Die Traditionsmarke Jaguar bietet also tatsächlich ihre Über-Ikone aus den 1960ern als EV an.
370'000 Franken kostet so ein Ding! Man kann aber ein bestehendes, eigenes Auto umbauen lassen. Die Umrüstung auf Elektrobetrieb kostet 75'000 Franken.
Die Puristen werden aufschreien: Wie kann man sowas einem schönen alten Jaguar antun! Schliesslich ist der Jaguar-6-Zylinder einer der legendärsten Motoren der Automobilgeschichte, drei Le-Mans-Siege inklusive.
Nun, niemand mit auch nur ein bisschen Verstand würde einen gut erhaltenen E-Type umrüsten lassen. Logisch. Wer aber einen eher schlecht als recht erhaltenen E-Type rumstehen hat und eine Vollrenovation anstrebt, könnte sich sowas durchaus ins Auge fassen.
Wohl ist der E-Type ZERO eher als Halo Car ausgelegt (= Auto, das nicht auf Verkaufserfolg ausgelegt sein muss, weil die Strahlkraft, die davon auf die gesamte Marke ausgeht, wichtiger ist). Nicht umsonst ist im Beschrieb viel von dem Antriebssystem vom Jaguar I-Pace die Rede, das beim Zero verwendet wird.
Aber schauen wir doch mal weiter ...
Wir befinden uns weiterhin in England – dies obwohl es sich hier um eine Über-Ikone amerikanischer Automobilgeschichte handelt. Zwei Worte, Leute: Ford Mustang.
Charge Automotive ist eine kleine Londoner High-Tech-Firma, die bisher Komponenten für McLaren, Jaguar Land Rover und diversen F1-Teams entwickelt und gebaut hat.
Der Charge Electric Mustang basiert optisch auf dem 1967er Shelby Mustang, technisch aber auf der EV-Technik von Arrival, einer Startup-Firma, die elektrische Lieferwagen entwirft.
Dies hat freilich auch seinen Preis (wie auch wohl die Lizenzgebühr für die Nutzung der Mustang-Karosserieformen): 370'000 Franken Pfund kostet der Electric Mustang. Boah.
Dafür gibt’s ein «personalisiertes Interface» und den Nimbus ultimativer Exklusivität: Nur 499 Stück werden gebaut.
Aber hey, es geht aber noch exklusiver:
Die kalifornischen Firma Icon 4x4 bietet nebst Restomod-Aufrüstungen von Offroader-Oldtimern auch Einzelrestaurationen an. Dabei gibt es zwei Fertigungsstandards: Reformer und Derelict. Beim Modell Reformer wird innen und aussen das Fahrzeug komplett aufgehübscht und perfekt lackiert. Modernste Technik verbirgt sich hinter historisch korrekter Innenausstattung und dergleichen. Jedes Fahrzeug bekommt ein auf Mass gefertigtes Chassis und Fahrwerk. Und bei einem Derelict wird ebenso verfahren... ausser bei der Karosserie. Diese wird unlackiert belassen, Farbflecken und Sonnenschäden inklusive. Etliche Autos schon hat Icon zu Derelicts umgebaut, die meisten davon mit einem leistungsstarken Chevrolet-LS3-Motor ausgestattet. Nicht aber dieses hier:
Wir haben bereits mal darüber berichtet:
Die Antwort auf diesen clickbaitigen Titel lautet: «Tesla-Antrieb». Eine komplette Tesla Performance 85kWh Battery Array ist strategisch im gesamten Fahrzeug integriert, um eine perfekte Gewichtsbalance zu ermöglichen. Unter anderem hat man einige Akkus im V8-Design unter der Motorhaube versorgt.
«Es begann mit ein paar einfachen Fragen», so Icon-Gründer Jonathan Ward. «Warum sind alle Serien-EV-Fahrzeuge ohne Herz und Seele? Warum entwickelt sich die EV-Konvertierungsindustrie im Nachrüstmarkt derart langsam? Warum kann man nicht das Beste aus beiden Welten haben: den Stil und die Qualität eines Oldtimers mit moderner Leistung und Funktionalität? Wir sagen, geht doch!»
Geht doch ... mit dem nötigen Kleingeld. Da es sich um eine Einzelanfertigung für einen privaten Kunden handelt, kennen wir den genauen Preis nicht. Gewöhnlich kosten Icon-Einzelanfertigungen um die 250'000 Franken. Uff.
Bleiben wir gleich in Kalifornien! Im schönen San Diego ist einer der erfolgreicheren E-Umbau-Firmen beheimatet: Zelectric.
Firmengründer David Benardo ist ein Überzeugungstäter, der bereits 2006 sich Gedanken machte, wie man bestehende Autos auf E-Betrieb umrüsten könnte. Seit 2012 macht er genau dies vorwiegend mit VW Käfer: «klassisches deutsches Design mit dem Handling eines Sportwagens», wie es im Beschrieb heisst.
Entweder, man bringt seinen eigenen Wagen zum Umbau, oder Zelectric treibt selbst einen auf. Nebst dem firmeneigenen, speziell für den Käfer-Plattform entwickelten E-Antrieb erhalten die Fahrzeuge Federung- und Brems-Upgrades, sowie moderne Annehmlichkeiten wie Airconditioning, Bluetooth-Stereoanlage und dergleichen.
Interessant: Zelectric-Autos gibt es bei Bedarf mit einem klassischen 4-Gang-Schaltstock, mit dem man zwischen Drehmoment-Einstellung schalten kann.
Inzwischen hat Zelectric sein Angebot auf VW-Camper und Porsche-Sportwagen ausgeweitet. Ja, Burnouts inklusive.
Kostenpunkt? Nun, auch hier ist es nicht ganz billig (wenn auch einiges mehr als bei den obigen High-End-Anbietern): Umrüstungen bestehender Fahrzeuge fangen bei 65'000 Franken an. Ein schlüsselfertiges Auto gibt es ab 75'000, wobei Camper und Porsches meist um die 100'000 kosten.
Derweil, in Wales:
Im malerisch Newtown in Wales rüstet Richard «Moggy» Morgan jeden erdenklichen Klassiker um. BMW, Range Rover, MG, Fiat, gar Ferrari werden von Electric Classic Cars in Öko-Flitzer verwandelt.
Vintage sind hier nicht nur die Autos: ECC bietet eine Schnellladestation im Tanksäulendesign an.
Hier ist alles pragmatisch – auch beim Preis. Umbauten gibt es bereits ab 13'000 Franken für einen Kleinwagen mit 160km Reichweite. Ein grosser 4x4 mit 320km Reichweite kommt auf 75'000. ECC liefert auch Umbau-Kits für diejenigen Kunden, die selbst Hand anlegen wollen.
Die Kleinstfirma London Electric Cars hat eine Mission: Auto-Klassiker sollen auch im urbanen Umfeld eine Zukunft haben.
«Erschwinglich» ist hier das Schlüsselwort. London Electric Cars hat nicht die Superreichen im Visier, sondern Städter wie du und ich. Einen Umbau gibt es bereits ab 15'000 Franken. Empfohlen wird, 25'000 Franken zu budgetieren für eine vollständige Renovation mit allen entsprechenden Upgrades.
Dieser 1953er Morris Minor etwa hat eine Bluetooth-Stereoanlage. Doch wichtiger ist, dass man ihn bei typischer Londoner Autobenutzung gerade ein Mal die Woche aufladen muss. Das bedeutet gerade mal 65 Franken pro Jahr Betriebskosten, da sämtliche weiteren üblichen Autokosten wie Strassensteuer, Innenstadt-Zufahrtsgebühren, Parkplatzgebühren und dergleichen wegfallen.
«Erschwinglichkeit steht bei uns im Vordergrund», heisst es im Firmenmanifest.
Die Zukunft von Oldtimer-E-Mobilität liegt wohl auch bei Firmen wie London Electric Cars oder ECC und nicht bei High-End-Luxusdingern wie der E-Type ZERO.
Die Preise auf dem Oldtimer-Markt sind in jüngsten Jahren explodiert, weshalb sich ohnehin nur eine kleine, schwerreiche Minderheit einen Jaguar E-Type leisten kann. Solche Kunden besitzen meist ohnehin mehrere Autos – sie haben vielleicht einen Tesla in der Garage stehen. Wer sich einen perfekt restaurierten Jaguar oder Mustang für mehr als 100'000 kauft, will ihn auch mit lautstarkem Benzinmotor.
Gibt es aber eine kostengünstige Möglichkeit, den alten Volvo vom Grossvater oder den Toyota der Tante umzurüsten, dürften wohl nicht wenige dies in Betracht ziehen. Nicht zuletzt, da dies die ökologischere Variante darstellt, als ein neu produziertes E-Auto, da die Energiekosten der Herstellung und des Transports wegfallen. Es lässt hoffen!