Am deutlichsten wurde Mats Hummels: Der Weltmeister von 2014 sagte dem ZDF, die deutsche Nationalmannschaft hätte das Spiel gegen die Niederlande gewinnen müssen. Zitat:
Zur Erinnerung: Die Partie endete mit 0:3 – aber von den eklatanten Ballverlusten und Problemen in der Abwehr, die ihn selbst viel stärker betreffen, sprach Hummels nicht.
Es war das deutlichste Beispiel einer Nationalelf, in der die Führungsspieler den Eindruck erwecken, dass sie einzig und allein um ihre Stellung im Team kämpfen. Jeder für sich statt «Die Mannschaft». Nicht nur Hummels, auch Jérôme Boateng, Manuel Neuer, Thomas Müller und Toni Kroos enttäuschten zuletzt im DFB-Trikot. Auf Kritik reagierten die Weltmeister dünnhäutig. Längst mehren sich die Gerüchte, wonach die Mannschaft längst gespalten ist in Jung und Alt.
Auch die Zweifel an Bundestrainer Jogi Löw wachsen. Er bekommt die schon beim WM-Debakel eklatanten Probleme wie Konter-Anfälligkeit und Offensivschwäche nicht in den Griff. Auch, weil er weiter auf seine abgewirtschaftete Achse um die Weltmeister von 2014 baut. Dass er das Bild der 0:3-Niederlage beim Erzrivalen in der Amsterdam Arena noch korrigieren kann, ist unwahrscheinlich. Verliert das DFB-Team morgen in Paris auch gegen Weltmeister Frankreich, dürfte Löw kaum zu halten sein.
Bundestrainer Joachim #Löw: "Wir spielen Chancen gut heraus, schaffen es aber nicht zu treffen, was für das Selbstvertrauen so wichtig wäre."
— Die Mannschaft (@DFB_Team) 14. Oktober 2018
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Immer mehr Fans und Experten fordern deshalb einen radikalen Umbruch – ohne Löw und einige Führungsspieler. Doch wie könnte der aussehen? Es gibt eigentlich nur zwei Optionen.
Aber da gibt es ein Problem: Alternativen für das Amt des Bundestrainers gibt es kaum. Natürlich sind da die deutschen Weltklasse-Trainer Jürgen Klopp (Liverpool) und Thomas Tuchel (Paris), doch beide sind nicht auf dem Markt.
Eine gute Lösung könnte BVB-Berater Matthias Sammer sein. Ein Fachmann, dessen Kompetenz überall respektiert wird, der aber eigentlich kein Trainer mehr sein will. Zudem hatte der frühere DFB-Sportdirektor den Verband nach einem Machtkampf mit Löw verlassen. Ist der Bundestrainer weg, könnte es eine Rückkehr geben. Wahrscheinlich ist das nicht, es sei denn, auch in der Führung des DFB gibt es Veränderungen.
Ansonsten gibt der deutsche Markt kaum geeignete Trainer her: Kandidaten wie Hannes Wolf (zuletzt VfB Stuttgart), Ralph Hasenhüttl (zuletzt Leipzig) und Peter Stöger (zuletzt BVB) überzeugen nicht. Wie der «Spiegel» nach dem WM-Aus berichtete, ist im DFB intern aber auch schon über internationale Top-Leute diskutiert worden. Der Name Zinédine Zidane, Ex-Coach von Real Madrid, soll gefallen sein. Bald wäre möglicherweise auch der extravagante José Mourinho ohne Job.
Aber passt das zur deutschen Nationalmannschaft – und würden die hoch dekorierten Klub-Trainer über ein Engagement als Nationaltrainer in Deutschland nachdenken? Beides ist unwahrscheinlich.
Bliebe die typische DFB-Lösung: eine interne oder unbekannte, so wie damals Jogi Löw. Stefan Kuntz ist als U21-Trainer trotz immer weniger Talenten erfolgreich, hat aber wenig Erfahrung als Coach. Das Risiko wäre immens, die Wirkung nach aussen ein von Anfang an kritisch begleitetes «Weiter so».
Findet Captain Manuel Neuer nicht schnell zu seiner Form, dürfte ihn Marc-André ter Stegen dank seiner überragenden Leistungen beim FC Barcelona verdrängen.
Die Bayern-Innenverteidiger Hummels und Boateng wären ebenfalls zu ersetzen. Mit Antonio Rüdiger (Chelsea), Niklas Süle (Bayern), Jonathan Tah (Leverkusen), Thilo Kehrer (Paris), Matthias Ginter (Gladbach) und dem wieder erstarkten Shkodran Mustafi (Arsenal) gibt es einige Alternativen.
Aber absolute Weltklasse, wie Hummels und Boateng zu ihren besten Zeiten, verkörpern diese Abwehrspieler (noch) nicht. Ein Umbruch würde Zeit und Geduld fordern. Ein Ausweg könnte sein, vorerst nur einen der beiden Innenverteidiger zu tauschen – oder beispielsweise Hummels in einer Fünferkette durch zwei jüngere Nebenleute absichern zu lassen.
Real-Star Toni Kroos könnte – in einer um ihn herum funktionierenden Mannschaft – weiterhin wichtig werden. Er braucht aber mehr Unterstützung und kann den Spielaufbau nicht alleine meistern, beispielsweise durch den derzeit verletzten Ilkay Gundogan (Manchester City) oder Julian Draxler (Paris).
Und offensiv? Bislang setzt Löw weiter auf Bayerns Thomas Müller, der aber massiv unter den fehlenden Zuspielen leidet und selbst kaum für Gefahr sorgen kann. Leverkusens Julian Brandt drängt sich als junge und schnelle Alternative auf, auch für Leroy Sané (Manchester City) muss angesichts seiner überragenden Leistungen im Verein Platz in der Startelf sein. Bislang konnte er im DFB-Trikot allerdings nie überzeugen, auch mit ihm würde nicht sofort alles besser laufen.
Für die Führungsspieler gibt es durchaus einige hoch talentierte Alternativen – doch diese brauchen Zeit, Geduld und werden zunächst noch Fehler machen. Noch schwieriger wäre ein Umbruch auf dem Trainerposten. Für die Nachfolge von Jogi Löw gibt es einfach kaum geeignete Kandidaten.
(watson.de)