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Confederations Cup: Was bringt der Videobeweis wirklich?

Chile's Arturo Vidal, right, and Eduardo Vargas argue with referee Demir Skomina during the Confederations Cup, Group B soccer match between Cameroon and Chile, at the Spartak Stadium in Moscow,  ...
Trotz Videobeweis: Beim Confed Cup ist der Schiri weiterhin eine oft belagerte Person.Bild: Alexander Zemlianichenko/AP/KEYSTONE

Mehr Gerechtigkeit oder mehr Verwirrung – was bringt der Videobeweis wirklich?

Jahrelang wurde der Videobeweis im Fussball von Fans und Experten gefordert. Seit diesem Wochenende gibt es ihn beim Confederations Cup – und die Diskussionen sind beinahe genauso gross wie vorher.
19.06.2017, 08:3219.06.2017, 14:52

Am Ende des Spiels war die Verwirrung komplett. Bei der Confed-Cup-Partie Chile gegen Kamerun wendete Schiedsrichter Damir Skomina aus Slowenien in der Nachspielzeit zum zweiten Mal den Videobeweis an. Erst hatte er ein Tor von Eduardo Vargas nicht gegeben, dann liess er sich von seinem Assistenten am Bildschirm umstimmen.

Erst nicht gegeben, dann doch ein Treffer: Kuriose Szenen nach Chiles 2:0 durch Vargas.Video: streamable

Die Spieler standen währenddessen ratlos auf dem Rasen des Moskauer Spartak-Stadions. Und viele Zuschauer dachten, dies sei der Schlusspfiff, als Skomina nach einer gefühlten Ewigkeit entschied: Tor für Chile, 2:0 durch Vargas. Dabei blieb es dann.

Alles korrekt, aber lange Wartezeiten

Insgesamt vier Mal wurde die Frage «Tor oder kein Tor» am Sonntag bei den beiden Spielen zwischen Chile und Kamerun (2:0) sowie Portugal und Mexiko (2:2) erst nach einer Befragung des Video-Referees entschieden. Und damit wurden Stärken und Schwächen dieses Systems gleich am ersten Wochenende des Turniers offengelegt.

In allen vier Fällen wurde durch den Videobeweis am Ende ein korrekter Entscheid herbeigeführt. Ein erster Treffer von Vargas gegen Kamerun wurde zunächst gegeben, aber dann wieder aberkannt. Der Stürmer stand knapp im Offside. 

Offside oder nicht? Ganz knifflige Entscheidung beim ersten «Tor» von Vargas.Video: streamable

Auch beim Spiel Portugal gegen Mexiko zahlte sich der Einsatz der Technologie aus. Ein Offside-Tor für den Europameister durch André Gomes wurde nach Rücksprache mit dem Video-Schiedsrichter nicht gegeben.

Gomes' vermeintlicher Führungstreffer wird aberkannt, ...Video: streamable
... er und drei weitere Portugiesen standen davor klar im Abseits.Video: streamable

Beim 2:1 durch Cedric Soares ergab die Befragung: alles korrekt.

Hier gab es nichts zu diskutieren: Soares' Treffer zum 2:1 war korrekt.Video: streamable

Die Reaktionen bei den Direktbeteiligten sind verhalten positiv. Chiles-Superstar Arturo Vidal meint: «Es ist schon ein wenig seltsam, auf den Videobeweis zu warten, aber wir müssen uns daran gewöhnen. Es wird helfen, den Fussball zu verbessern.» Kameruns Trainer Hugo Broos sagte: «Wichtig ist: Es wurden die richtigen Entscheide getroffen. Der Videobeweis kann etwas sehr Wichtiges werden. Das hat sich heute gezeigt.» 

In allen vier Fällen dauerte die Entscheidungsfindung allerdings auch sehr lange und stiftete dadurch viel Verwirrung. Nach Chiles vermeintlichem 1:0-Führungstor hatten die Südamerikaner schon ausgiebig gejubelt, und auch Kameruns Team stand längst wieder zum Anstoss bereit. Erst dann entschied der Referee: doch kein Tor.

Nochmals das erste Vargas-Tor: Es ist kaum zu erkennen, ob Vargas wirklich im Abseits stand.
Nochmals das erste Vargas-Tor: Es ist kaum zu erkennen, ob Vargas wirklich im Abseits stand.bild: screenshot youtube

Gerade diese Szene zeigte zudem: Manchmal sind Abseits-Positionen selbst mit Hilfe bewegter Bilder nur schwer zu erkennen. Über die Frage «War der Treffer von Vargas regulär oder nicht?» liess sich auch nach dem Videostudium noch weiterdiskutieren.

Schiri-Boss Busacca zufrieden

Einen anderen kritischen Punkt sprach Portugals Trainer Fernando Santos an: Wann wird der Videobeweis eingesetzt und wann nicht? «Der Videoreferee wurde nur bei unseren Toren benutzt, obwohl die Szene vor dem 2:2 auch sehr komplex war», sagte er.

Mexikos 2:2 durch Hector Moreno.Video: streamable

Noch befindet sich der Videobeweis nur in der Testphase. Ob er in einem Jahr auch bei der Weltmeisterschaft in Russland eingesetzt wird, ist noch nicht entschieden. Per Funk sind die Schiedsrichter mit einem Assistenten vor einem Bildschirm verbunden. Eingegriffen werden soll nur bei entscheidenden Situationen wie Toren, Abseits, Roten Karten oder Penaltys.

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«Das Wichtigste ist die Ehrlichkeit des Spiels», sagt der Tessiner FIFA-Schiedsrichter-Chef Massimo Busacca. Und auch der Gastgeber des Confederations Cup lobt den Videobeweis: «Mir hat gefallen, wie das System funktioniert hat. Das entlastet den Schiedsrichter und verteilt die Verantwortung», sagte der russische Vizeregierungschef und langjährige Sportminister Witali Mutko der Agentur Tass. (pre/sda)

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fabio Haller
19.06.2017 09:21registriert September 2016
Jedes Projekt hat seinen Anfang. Perfekt kann es nie laufen es gibt immer Fehler und Lücken. Aber der Grundstein ist gelegt und das Wichtigste ist, es hat gezeigt dass es mehr Fairness gibt.
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paddyh
19.06.2017 08:50registriert Januar 2016
Ich fände es besser, man würde es so machen, wie beim Tennis. Evtl. leicht abheändert. Der Trainer kann den Beweis anfordern um Schiri Entscheide anzufechten. Liegt er (der Trainer) zwei mal falsch, gibts kein Veto mehr.
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*sharky*
19.06.2017 10:23registriert Oktober 2014
Die einzigen welche verwirrt waren, waren die beiden (Kommentator und Studioleiter) Oberschnurris, aber die haben per se nie einen blassen Schimmer von Fussball. Und ja, ich habe mir die beiden angetan, masochistische Ader 😁😉.
Und ja, der neue Viedeobeweis hat Verbesserungspotential, aber unter dem Strich sinnvoll. Und wer jetzt 100%ige Ausmerzung von Fehlentscheiden erwartet, versteht Fussball nicht.
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