Bauernpräsident Markus Ritter ist ein einflussreicher Politiker. Der Nationalrat der Mitte – früher CVP – könnte am 12. März zum Bundesrat gewählt werden.
Der steile Aufstieg verdankt er unter anderem Gott und den frommen Christen, die für ihn gebetet haben, ist Ritter überzeugt. Der stramme Politiker ist auch ein strammer Gläubiger. Man darf ihn getrost als Fundi bezeichnen.
Der Bundesratskandidat ist ein konservativer Katholik, der ein ziemlich naives Gottesbild pflegt. Und der sich mit Gläubigen aus Freikirchen fraternisiert, um im gesamten christlich-frommen Teich fischen zu können, wie der welsche Radiosender RTS in einem Beitrag aufzeigte.
Ritter versteckt seinen strengen Glauben nicht. In einem Interview mit dem «Tages-Anzeiger» vom 5. Februar bestätigte der Nationalrat, dass er mit Gott Zwiesprache gehalten habe, ob er kandidieren soll. Sein positiver Entscheid lässt Gottes Antwort erahnen: Stelle dich der Wahl, mein Sohn, hat er Ritter offensichtlich empfohlen.
Damit nicht genug des Glaubens: Ritter will vor der Wahl noch ins Flüeli-Ranft pilgern, um die Gewissheit zu bekommen. Vermutlich erwartet er auch den Segen des Eremiten Niklaus von Flüe.
Für Ritter ist der Glaube in der Politik wichtig. Wie alle frommen Christen betrachtet er die Welt durch die religiöse Brille. Er glaubt, dass Gott in der Welt omnipräsent und aktiv ist.
Die NZZ schrieb schon am 15. Dezember 2020 ein beinahe visionäres Porträt über den Bauernpräsidenten. In der Einleitung heisst es: «Markus Ritter ist frommer Katholik. Er glaubt, dass Gebete in der Politik helfen.»
Bei der politischen Diskussion um den Freihandel von Agrargütern attackierte er den damaligen Bundesrat Schneider-Ammann verbal heftig. Der Bundesrat verweigerte darauf Ritter das Gespräch.
Schliesslich trafen sich die beiden Politiker zu einer Aussprache. Dabei fragte der Bundesrat laut NZZ, weshalb Ritter bei dem Geschäft so siegessicher sei. Ritter antwortete: «Ich habe tausend Berner, die jede Woche für mich beten. Wie viele hast du?»
Der Bauernpräsident gestand, er könne den Frommen jeweils sein Gebetsanliegen mitteilen. Die grüne Reform fiel denn auch im Sinn von Ritter im Parlament durch.
Tatsächlich wurde der Katholik Ritter von evangelikalen Gruppen unterstützt, die jede Woche für ihn beteten. Er teilte den Gläubigen jeweils per Mail mit, wofür sie beten sollen, erzählte Ritter.
Der Nationalrat ist überzeugt, dass die Gebete ihm helfen, politische Anliegen durchzubringen. Die NZZ schrieb dazu: «Ritter will die Bauernschweiz behalten, wie sie ist. Zu diesem Zweck heiligt er, der fromme Katholik, viele Mittel. Es ist Ritters Paradox: Seine Vorbilder sind Heilige, aber er politisiert wie Machiavellis Fürst.»
Ritter scheut auch den direkten Kontakt mit den Freikirchlern nicht, die den mächtigen Politiker gern unterstützen – auch wenn er katholisch unterwegs ist. Mit seinem konservativen Glauben sind sie Brüder und Schwestern im Geist. Und Ritter lässt sich noch so gern instrumentalisieren, kann er doch die Unterstützung der vielen Freikirchen gut gebrauchen.
Hör- und sichtbar wurde dies bei einer Bauernkonferenz, an der Ritter auch schon aufgetreten ist. Diese Bewegung ist ein Zusammenschluss von freikirchlich orientierten Bauern in der Schweiz.
Es ist eine grosse und mächtige Organisation. Auf der Homepage schreibt sie ihren Mitgliedern: «Vor allem geht es darum, ihnen geistlich den Rücken zu stärken. So dürfen sie in ihrem Alltag mit Gott und seinem Eingreifen rechnen und Hoffnung und Vision für ihre Zukunft bekommen.»
Gegründet wurde sie 2009 von Andreas Keller, dem Leiter der Stiftung Schleife in Winterthur. Die Schleife ist eine grosse freikirchliche Bewegung. Keller wörtlich: Die Idee der Bauernkonferenz-Bewegung «fiel nach sieben Jahren Gebet als eine ‹Idee Gottes› in mein Herz».
Zu seiner Motivation schrieb er: «Das Wichtigste aber: Ich bin begeistert von unserem ‹geerdeten› Gott, der einst aus Ackererde den Menschen formte zu seinem Ebenbild. Das ist der Grund, warum zwischen der Scholle, auf der wir stehen, und dem Menschen eine tiefe Verbindung besteht.»
Bei der Bauernkonferenz vom 12. Januar 2019 in der Stiftung Schleife bat Andreas Keller Nationalrat Markus Ritter auf die Bühne und sagte: «Ich segne dich für den Vortrag heute Morgen.» Ritter revanchierte sich postwendend mit den Worten: «Ich möchte euch für das neue Jahr Gottes Segen wünschen.»
Dann zählt Ritter eine Reihe von Problemen und Sorgen auf, mit denen Landwirte zu kämpfen haben. Zu den Herausforderungen sagte er, er sei überzeugt, dass sie diese ohne den Segen Gottes nicht lösen können. Sie sollten den Herrgott um Weisheit, Erkenntnis, Mut und Stärke bitten.
Wörtlich: «Ich glaube, dass der Herrgott uns den Segen gibt. (…) Wir orientieren uns am Herrgott. Ohne das Gebet und ohne das Vertrauen auf Gott geht es nicht. Ich bin fest überzeugt, dass euer Gebet uns viel, viel geholfen hat.» Bei diesen Aussagen bekam Ritter Szenenapplaus.
Heute können die frommen Bauern darauf hoffen, dass ihr Markus im hohen Bundeshaus einen noch besseren Draht zu Gott bekommt und ihre Anliegen noch direkter vertreten kann. Ob Ritter – sollte er gewählt werden – mit der Hilfe Gottes noch schneller Waffen beschaffen kann als Viola Amherd, wird sich weisen.