Die Erde ist ein Jammertal. Der Begriff stammt aus der Bibel. Das Buch der Bücher mag uns heute in vielen Belangen seltsam anmuten, doch mit dem Jammertal liegt sie zweifellos richtig.
Das Elend auf der Welt ist nicht wegzuleugnen. Das Jammertal erleben alle Menschen, die schwer krank sind und unter Schmerzen oder Katastrophen und Kriegen leiden. Da können selbst gläubige Christen schon mal mit ihrem Gott hadern. Warum tust du mir dies an, fragen sich wohl viele. Womit habe ich dies verdient?
Krankheiten und Schmerzen passen schlecht zum Bild eines Schöpfers, der als barmherziger und treuer Vater dargestellt wird. Deshalb versuchen vor allem Freikirchen, ihren Schäfchen Trost zu spenden und Heilung anzubieten.
Wie bei allen offenen Fragen konsultieren sie die Bibel und Jesus. Und rasch finden sie für alle irdischen Probleme vermeintliche Lösungen. Dabei erinnern sie sich gern, dass der Sohn Gottes Kranke heilte und Tote zum Leben erweckte. Der Zirkelschluss der Frommen: Was vor 2000 Jahren Jesus schaffte, sollte heute doch auch den Gesandten oder Stellvertretern Gottes möglich sein.
Dieser gewagte Glaube ermutigt viele Pastoren, Heilungsgottesdienste anzubieten. Spezialisierte Prediger tingeln durch die Lande und befreien angeblich Gläubige von einem Fluch, einer satanischen Besessenheit oder schweren Krankheit, auf dass sie von allen Leiden und Sorgen befreit werden. Selbst Gelähmte sollen wieder gehen und Blinde sehen können, versprechen manche Prediger und Pastoren.
Es gibt aber auch weltweite Netzwerke, die christliche Heilungsrituale anbieten. Die vermutlich grösste ist Bethel Sozo. Sie bildet christliche Heiler aus und vernetzt Freikirchen, die mit den Gläubigen die «4-Türen-Heilung» praktizieren.
In der Schweiz gehören rund 40 Freikirchen zum Netzwerk. Es sind vor allem charismatische Denominationen, zur Mehrheit Vineyard- und Pfingstgemeinden.
Das Motto von Bethel Sozo Schweiz ist knackig und griffig: «Gerettet, geheilt, befreit.» Der Untertitel: «Ein effektiver Dienst zur Heilung, Befreiung und Wiederherstellung.»
Wie diese Rettung und Heilung vor sich gehen sollen, wird auf ihren Plattformen nicht erklärt. Was sie aber bei Gläubigen angeblich bewirken können, bezeugt eine Frau mit den Worten:
Bei den Sozo-Sitzungen geht es um die persönliche Begegnung mit Jesus und die Auferstehungskraft des Heiligen Geistes. «Dadurch kann die Person, die das Sozo empfängt, gesund werden und besser in die Bestimmung kommen, zu der Gott sie berufen hat», erklärt Sozo Schweiz.
Der Name des Heilungswerkes stammt vom griechischen Wort Sozo: retten, freisetzen, ganz machen, wiederherstellen. Laut Sozo kommt der Begriff über 100 Mal im Neuen Testament vor. Vor allem dann, wenn Jesus einen Menschen heilt. Wörtlich verkündet das Netzwerk: «Sozo ist also das komplette Paket, das Jesus den Menschen gibt – die komplette Errettung und Heilung!»
Sozo stützt seinen Heilungsanspruch auf die Bibel ab und zitiert zum Beispiel Römer 10:9: «Denn wenn du mit deinem Mund Jesus als den Herrn bekennst und in deinem Herzen glaubst, dass Gott ihn aus den Toten auferweckt hat, so wirst du gerettet.»
Oder Matthäus 9:22: «Jesus aber wandte sich um, sah sie und sprach: Sei getrost, meine Tochter! Dein Glaube hat dich gerettet. Und die Frau war geheilt von jener Stunde an.»
Die Initialzündung für Sozo gab 1997 der Heilevangelist Randy Clark, der bei der Bethel Church in Redding, Kalifornien, auftrat und eine Ausbildung für Befreiungsgebete und -rituale anbot.
Dabei entstand die Idee, eine eigene Methode zu entwickeln und das Netzwerk Sozo zu gründen. Die Sozo-Vertreter strömen seither in alle Welt und bilden in vielen Freikirchen weiteres Befreiungspersonal aus. Erfahrenen Sozo-Mitarbeitern wird sogar die Gabe der Prophetie nachgesagt.
Eine Sitzung dauert zwischen 1,5 und 2 Stunden. Es wird versucht, eine Verbindung zu Gott oder Jesus herzustellen und seelische, geistliche und körperliche Heilung zu erfahren.
Eine Gläubige erlebte die Sitzung so:
Ein Beispiel mehr aus dem freikirchlichen Milieu, dass Glaube und Einbildung Berge versetzen. Und am Schluss den Blick auf das reale Leben versperren.