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Du willst nur das Beste? Voilà:
Ellen Page, Sie hatten vor zwei Jahren Ihr Coming-Out, Kristen Stewart datet jetzt Frauen, wir
hatten die lesbische Liebesgeschichte «Carol» im Kino, jetzt kommt «Freeheld», der Film, den Sie initiiert und produziert haben: Was ist los in
Hollywood, habt Ihr was ins Trinkwasser getan?
Ellen Page (lacht laut): Nein, nein, all dies spiegelt doch bloss unsere
veränderte Gesellschaft wider. Die Leute beschäftigen sich heute ganz unvoreingenommen mit der Geschichte
der LGBT-Community und realisieren, welchen Diskriminierungen sie ausgesetzt
war und immer noch ist. Die Medien berichten darüber, Fernsehserien wie «Transparent» beschäftigen sich damit, so entsteht eine Wellenbewegung: Lesben und Schwule fühlen sich wohler und sicherer, eine Person hat ihr Coming-Out, die nächste wagt es – und
so weiter.
«Freeheld» erzählt ebenfalls ein Stück dieser Geschichte: Vor zehn Jahren erkrankte eine Polizistin (im Film: Julianne Moore) aus New Jersey an Lungenkrebs. Sie kämpfte dafür, dass ihre Lebenspartnerin (Ellen Page) nach ihrem Tod wie eine Witwe ihre Rente erhielt.
Laurel starb 2006. 2007 gab es den Dokfilm «Freeheld» über die beiden. Er gewann einen Oscar, und ich habe ihn im Lauf der Jahre wieder und wieder geschaut. Dann habe ich Stacey getroffen. In dem Haus, wo sie mit Laurel gelebt hatte, sie war unglaublich nett zu mir und Julianne, sehr zugänglich und verletzlich. Unser Ziel war, etwas Authentisches, Geerdetes, Wahres zu machen, das den beiden, ihrer Zeit und ihrer Erfahrung gerecht wird.
Stimmt es, dass Ihnen «Freeheld» zu Ihrem Coming-Out
verholfen hat?
Ja. Wenn man sich mit sowas wie der Geschichte dieser beiden
Frauen beschäftigt, wie sie unter so grossen Schwierigkeiten
etwas so Wichtiges, so wirklich Mutiges und Wegweisendes erreicht haben, dann
will man einfach nur noch das Richtige tun. So einfach.
Aber Sie selbst mögen es nicht, wenn man Sie mutig nennt.
Nein, ich hab ja bloss allen gesagt, ich sei lesbisch. Das
ist nicht besonders mutig oder stark. Ich habe rund um die Welt Menschen aus
der LGBT-Community getroffen, die täglich ihr Leben riskieren. Dagegen bin ich doch
ein äusserst privilegierter Mensch und eine äusserst privilegierte Lesbe.
Wie schwer war es für Sie, sich während der Dreharbeiten
nicht in Julianne Moore zu verlieben?
Oh, natürlich hab ich mich in sie verliebt! Während unserer
Arbeit verbrachten wir eine körperlich sehr nahe, sehr intime Zeit miteinander, und wir hatten das Glück, uns gut zu mögen, ich
hoff, man sieht das auf der Leinwand. Wir sind seither enge Freundinnen.
Und wie gelang es Ihnen, Miley Cyrus für den Soundtrack
von «Freeheld» zu gewinnen?
Wir zeigten der Songwriterin und Produzentin Linda Perry einen Rohschnitt von «Freeheld» – wir hofften, sie würde etwas dafür schreiben. Zu unserem Glück verliess sie
den Film dermassen gerührt, dass sie auf der Fahrt nach Hause schon den halben
Song «Hands Of Love» geschrieben hatte. Ich hörte Lindas Demo-Tape, auf dem sie selbst sang, und ich wollte einen richtig grossen Namen. Ich liebe Miley, ihre
Stimme ist roh, einzigartig, emotional, und ich liebe, was sie für die
LGBT-Community tut. Miley schien perfekt. Und Miley sagte zu.
Haben es schwule –
oder bisexuelle – Schauspieler in Hollywood eigentlich schwerer als ihre Kolleginnen?
Abgesehen von Rupert Everett, dessen Karriere bekanntermassen vorbei ist, kenne
ich keinen schwulen Hollywood-Leading-Man.
Oh, Neil-Patrick Harris ist ziemlich berühmt!
Aber er ist ein Fernseh-Schauspieler. Genauso wie Jim
Parsons, der Sheldon Cooper aus «Big Bang Theory». Fernsehen war schon immer
toleranter.
Ian McKellen ist ziemlich berühmt.
Aber der ist Engländer.
Ich höre das oft. Für die einen ist es schwerer, für die
andern leichter.
Sie mögen darüber nicht wirklich gerne Auskunft geben?Ich weiss nicht. Was ich sagen will, ist dies: Wenn du ein Mann bist, wirst du automatisch weniger diskriminiert als eine Frau, egal ob du schwul bist oder nicht. Wenn du ein Mann bist, hast du viel mehr Rollen, viel mehr Möglichkeiten, zu arbeiten und dich auszudrücken. Wenn du eine Frau bist, sind viele deiner Rollen reine Trittleitern für die männlichen Charaktere, du wirst sexualisiert, um der Männerfigur zu dienen.
Aber auf Ihre Karriere trifft das nicht oft zu: Entweder
hatten sie die Hauptrolle inne wie in «Juno» oder sie waren ihren Partnern ebenbürtig
wie in «Inception» oder «X-Men».
Ich hatte wirklich, wirklich Glück. Die Leute liessen mich
tolle Rollen in tollen Filmen spielen.
Sie
sagten einmal: «Wenn ich bis zum Ende meiner Karriere lesbische Frauen spielen
könnte, wäre ich überglücklich!»
Ich bin nun mal lesbisch. Das ist meine Welt, so
fühle ich mich wohl. Doch sobald man in Hollywood eine Lesbe oder einen
Schwulen spielt, heisst es: «Ohhh, pass bloss auf, jetzt endest du in einer
Schublade!» Das ist doch total verlogen. Ich sag ja auch nicht zu anderen
Schauspielern: «Hmm, jetzt hast du schon sechs Mal eine heterosexuelle Figur
gespielt, meinst du nicht, dass dies deine Karriere gefährdet?» Aber
das heisst nicht, dass ich nie mehr heterosexuelle Frauen spielen werde. Wenn
mich etwas berührt, bin ich berührt, dann denke ich nicht über die sexuelle
Orientierung einer Figur nach.