Das ist vielleicht das einzige Kochbuch, das du je benötigen wirst (hier 4 Rezepte daraus)
Ich schreibe sehr selten Kochbuch-Rezensionen. Wenn ich's mache, dann nur über eins, zu dem ich einen – sagen wir mal – emotionalen Bezug habe. Gennaro und Jamies Nonnas, etwa. Oder die sinnliche Dishoom-Gerichte.
Oder das hier:
Das ist meine Ausgabe des River Cafe Cook Book; Erstausgabe 1995. Leute, man kann die Wichtigkeit dieses Werks und dessen Autorinnen Rose Gray und Ruth Rogers schlicht nicht überbewerten.
Wann passierte es eigentlich, dass einfache, mediterrane Gerichte endgültig Einzug in nicht-mediterrane Küchen hielten? Mit dem Erfolg Jamie Olivers? Vielleicht. Dessen Einfluss auf unser aller Kochverhalten ist immens, ob man den Typen mag oder nicht. Doch vorher war doch was, nicht?
Oh ja, da war was. Und zwar in London, Ende der Achtziger: Antonio Carluccio im Neal Street Restaurant einerseits, Ruth Rogers und Rose Grays River Cafe andererseits. Und es ist kein Zufall, dass ebendieser Jamie in jungen Jahren bei beiden seine Sporen abverdienen musste.
Während Carluccio schlicht die Gerichte seiner Piemonteser Heimat umsetzte («Ich habe noch nie ein eigenes Rezept ‹erfunden›»), wurden Ruth Rogers und Rose Gray durch ihre Interpretation einer italienischen Küche, die auf maximale Klarheit und Transparenz setzt, berühmt.
Als die beiden in den späten Achtzigerjahren im Westlondoner Industriegebiet Hammersmith in einem ehemaligen Motorenöllager das River Café eröffneten, war das selbst für das kulinarisch stets sehr polyglotte London eine Sensation.
Hinter dem Herd standen zwei Köchinnen, die ihr Handwerk nicht gelernt hatten, sondern so kochten wie zu Hause. Und dies mit einer purezza, die sprichwörtlich wurde. Hier wurden nicht die ewiggleichen Top-20-Hits der italienischen Küche heruntergeleiert, sondern urchige, regionale Rezepte gekocht, die es bisher nicht aus abgeschiedenen Piemonteser Täler hinaus geschafft hatten.
Das schmucke River Café am Ufer der Themse in London gibt's weiterhin, wird nach wie vor von Ruth Rogers geführt (Rose Gray verstarb 2010) und ist wie eh und je ein Besuch wert. Der Erfolg der Bücher der Köchinnen aber ist global und viel tiefgreifender. 1995 erschien der Erstling «The River Café Cookbook», in den Jahren danach folgten weitere fünf Werke (u.a. «River Café Green», «River Café Easy»). Alle sind grossartig.
Nun aber gibt es sämtliche Rezepte aller sechs Bücher in einem Band vereint: «River Café – alle Rezepte». Über 900 Rezepte auf 784 Seiten – ein ziemlicher Wälzer. Aber glaubt mir, Leute: Dies könnte tatsächlich das endgültige, gar das einzige Kochbuch sein, das ihr je wieder benötigt.
Und: Seit Neustem gibt's das Buch in Deutsch, herausgegeben vom Schweizer Echtzeit-Verlag, mit einem Vorwort von Christian Seiler.
Nun aber ohne weiteres Aufhebens eine kleine Auswahl einiger meiner Lieblings-River-Café-Rezepte:
Bruschetta con fave secche e peperoncino
Im Buch finden sich etliche Bruschetta- und Crostini-Variationen. Dies ist eine der besten.
Zutaten:
- 6 Scheiben Sauerteigbrot, 1cm dick
- 1 grosse Knoblauchzehe, geschält
- etwas Olivenöl
- 500g getrocknete Favabohnen, eingeweicht
- 1 Stange Sellerie
- 2 Lorbeerblätter
- 2 weitere Knoblauchzehen, geschält
- 4 EL Olivenöl
- 4 frische, kleine Chilischoten
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
Zubereitung:
- Den Ofen auf 180 Grad vorheizen. Die Bohnen abgiessen und in einen Topf mit Deckel geben. Doppelt so hoch mit Wasser bedecken, dann Sellerie, Lorbeer und Knoblauch hinzufügen. Zugedeckt 2 Stunden im Ofen garen, bis die Bohnen das Wasser aufgesogen haben. Die Bohnen sollen so weich sein, dass man sie mit einem Holzlöffel zu einer Paste verrühren kann.
- In einer Pfanne die ganzen Chilischoten kurz braten, bis sich ihre Farbe von rot zu rotbraun verändert. Die Chilis ganz zu den Bohnen geben, in der Paste zerkleinern.
- Das Brot von beiden Seiten toasten – am besten auf einem Grillgitter, dann leicht mit der Knoblauchzehe abreiben. Mit etwas Olivenöl beträufeln.
- Das Purée abschmecken und auf den Bruschette servieren.
Farfalle al cavolo nero con olio novello
Farfalle mit schwarzem Kohl und «neuem» Olivenöl – was bedeutet, ein möglichst frisch gepresstes, leichtes Öl.
Zutaten:
Für 4 Personen
- 1kg cavolo nero (Schwarzkohl)
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 4 Knoblauchzehen, geschält
- 200ml gutes Olivenöl
- 320g Farfalle
- frisch geriebener Parmesan
Zubereitung:
- Beim cavolo nero die Mittelrippe der Blätter entfernen, die Blätter ansonsten aber ganz lassen. In reichlich kochendem Salzwasser mit 2 Knoblauchzehen einige Minuten blanchieren. Gut abtropfen lassen.
- Den blanchierten Schwarzkohl und Knoblauch in die Küchenmaschine geben und zu einem recht groben Purée verarbeiten. In den letzten Sekunden des Pürierens etwa 75ml Olivenöl dazu giessen. Das Purée wird relativ flüssig und dunkelgrün sein.
- Die übrigen beiden Knoblauchzehen mit etwas Salz im Mörser zerdrücken. Mit weiteren 75ml Olivenöl unter das Purée rühren. Abschmecken.
- Die Farfalle in reichlich siedendem Salzwasser kochen und gut abtropfen lassen. Genug Sauce unter die Pasta mischen, bis die Pasta vollständig mit Sauce überzogen ist. Beim Servieren etwas mehr Sauce über die einzelnen Portionen geben, etwas mehr Olivenöl darüber träufeln und mit Parmesan servieren.
Ossobuco in Bianco
Dieses Rezept unterscheidet sich vom herkömmlichen Ossobuco dahingehend, dass es ohne Tomaten, dafür mit Sardellen zubereitet wird. Ich habe derart oft Ossobuco zubereitet, kann aber konstatieren, dass dies meine Lieblingsversion ist.
Zutaten:
Für 6 Personen
- 6 Scheiben Kalbshaxe (2 - 3cm dick)
- 75g Mehl
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 115g Butter
- Olivenöl
- 2 kleinere rote Zwiebeln, fein gehackt
- 4 Stangen Sellerie, fein geschnitten
- 2 Knoblauchzehen, gehackt
- 9 Sardellenfilets
- 1/2 Flasche trockener Weisswein
Für die Gremolata: - Fein geriebene Schale von 2 Zitronen
- 1 Knoblauchzehe, sehr fein gehackt
- 3 EL Prezzemolo, fein gehackt
Zubereitung:
- Den Ofen auf 150 Grad vorheizen.
- Kalbshaxen in mit Salz und Pfeffer gewürztem Mehl wenden. In einem Topf mit schwerem Boden, in dem alle Scheiben knapp nebeneinander Platz haben, die Hälfte der Butter mit 2 EL Olivenöl erhitzen. Das Fleisch von beiden Seiten anbraten, dann aus dem Topf nehmen und das meiste Fett wegschütten.
- Jetzt die restliche Butter im Topf zerlassen. Die Zwiebeln und den Sellerie darin anschwitzen, bis sie ganz weich, aber nicht braun sind. Den Knoblauch und die Sardellen hinzugeben. Die Sardellen zerdrücken, bis sie sich aufgelöst haben. Dies dauert nur einen Augenblick. Mit dem Wein ablöschen, dann aufkochen und etwas reduzieren lassen.
- Das Fleisch in den Schmortopf zurücklegen. Unbedingt darauf achten, die Scheiben so zu legen, dass beim weiteren Schmoren kein Knochenmark herausfallen kann. Mit Backpapier abdecken, dann den Deckel aufsetzen und im vorgeheizten Ofen mindestens 2,5 Stunden schmoren lassen.
- Die Gremolata auf die Portionen streuen. Zu diesem Gericht wird üblicherweise risotto alla milanese gegessen.
Asparagi e torta di gorgonzola
Nö, die «torta» ist hier keine Torte, sondern jene leicht angewärmte Creme aus Gorgonzola und Mascarpone. Sie eignet sich übrigens auch perfekt zu gegrillter Polenta oder Bruschetta u.Ä.
Zutaten:
Für 6 Personen
- 1,2 kg grüne Spargel, untere Enden mit der Hand abgebrochen (mehr dazu hier)
- Salz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
- 100g frisch geriebener Parmesan
Für die Sauce: - 25g Butter
- 200g Torta di gorgonzola (50/50 Mischung aus Gorgonzola und Mascarpona
- 50g Mascarpone extra
- 1 Handvoll frischer Oregano oder Basilikum, gehackt
Zubereitung:
- Teller im Ofen vorwärmen.
- In einem mittelgrossen Kochtopf behutsam die Butter zerlassen, dann die torta di gorgonzola hinzufügen. Erwärmen, bis der Käse weich, aber nicht flüssig geworden ist. Er muss nur warm sein, das genügt.
- Mascarpone, Kräuter und etwas Salz und Pfeffer hinzugeben und die Mischung vom Herd nehmen. Dieser Vorgang sollte nicht länger als ein paar Sekunden dauern.
- Die Spargel in reichlich Salzwasser 3 Minuten blanchieren, dann abgiessen, trocken tupfen und auf den vorgewärmten Tellern anrichten. Die Sauce über die Spargeln geben und Parmesan dazu reichen.