Die Meldung geht um die Welt: Die Schweiz möchte im Konflikt zwischen Nordkorea und den USA vermitteln. «Wir sind bereit, uns als Mediator anzubieten», sagte Bundespräsidentin Doris Leuthard heute gegenüber Reuters.
Swiss ready to play mediator role in North Korea crisis https://t.co/gU9c11uINm pic.twitter.com/5iWxKQ44Y7
— Reuters Top News (@Reuters) September 4, 2017
Doch wie ernst ist das Angebot von Leuthard überhaupt zu nehmen? Hören die Grossmächte überhaupt auf die kleine Schweiz? Tatsächlich könnte es bald zu Friedensgesprächen kommen – und zwar aus folgenden drei Gründen.
US-Präsident Donald Trump mag die Spannungen mit Nordkorea zu Beginn vielleicht noch willkommen geheissen haben. Er konnte den starken Mann markieren, von den innenpolitischen Problemen ablenken. Dementsprechend dick trug Trump denn auch auf. Die Waffen seien «gesichert und geladen», twitterte der US-Präsident etwa am 11. August.
Plötzlich redete niemand mehr von der gescheiterten Gesundheitsreform, auch die Russland-Affäre rückte in den Hintergrund.
Military solutions are now fully in place,locked and loaded,should North Korea act unwisely. Hopefully Kim Jong Un will find another path!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 11. August 2017
Doch Kim Jong Un liess sich von den Drohgebärden des US-Präsidenten nicht einschüchtern, führte weitere Raketentests durch. Der nordkoreanische Machthaber weiss genau, dass die USA nicht einfach so angreifen können. China würde dies nie gutheissen.
Ausserdem steht das Leben von Millionen Südkoreanern auf dem Spiel, welche nahe der Grenze zu Nordkorea wohnen. Der Ballungsraum um die Hauptstadt Seoul gehört zu den dichtest besiedelten Regionen der Welt.
Trump macht sich mit seinen Tweets zunehmend lächerlich. Er steht nicht mehr als starker Mann da. Im Gegenteil: Er wird von Kim an der Nase herumgeführt. Die Bluffs des US-Präsidenten ziehen nicht mehr.
Doch Trump könnte dennoch von der Situation profitieren. Dann nämlich, wenn er aus der ganzen Affäre als Friedensstifter herauskommen würde. Noch im Mai dieses Jahres sagte der US-Präsident, es wäre ihm eine Ehre, Kim Jong Un zu treffen.
Viel zu holen gibt es für Trump in Nordkorea nicht, er möchte nur seine Muskeln spielen lassen. Würde er sich nun auf Gespräche mit Kim einlassen und gäbe es tatsächlich eine Entspannung der Situation – dann stünde er wahrlich als starker Mann da.
Kim hat es geschafft: Er kann provozieren ohne Ende, dennoch passiert ihm nichts. Die geopolitische Situation und das Arsenal an gefährlichen Raketen machen den nordkoreanischen Machthaber zu einem ernsthaften Gegenspieler. Dies wurde der Weltöffentlichkeit in den vergangenen Wochen überdeutlich. Kim kann nicht einfach so vom Thron gestossen worden.
Doch auch für Kim Jong Un gibt es eine Rote Linie, die er nicht überschreiten darf. Denn die Weltmächte USA, China und Japan verlieren je länger desto mehr ihr Gesicht, wenn sie Kim weiterhin gewähren lassen und nicht ernsthaft eingreifen.
Gut möglich, dass Kim am Sonntag mit der Zündung der Wasserstoffbombe seine Möglichkeiten ausgemerzt hat. Mehr kann er sich wohl nicht erlauben.
Einen Krieg mit den USA möchte er kaum, zumal er genau wissen dürfte, dass er keine Chance hätte. Mit seinen Tests hat er sich zum relevanten Player in der Weltpolitik gehievt. Mehr Power kann er kaum mehr akkumulieren. Kim ist jetzt auch für die ganz Mächtigen ein Gesprächspartner auf Augenhöhe.
Noch hat Doris Leuthard nichts dazu gesagt, wo die Gespräche stattfinden würden. Es sei aber an der Zeit, dass sich die Grossmächte an einen Tisch setzen würden, meinte die Bundespräsidentin. «Twitter wird kein adäquates Instrument sein.»
Sollte es zu Gesprächen kommen, könnten diese tatsächlich in der Schweiz stattfinden. Die Schweiz hat als neutraler Staat eine lange Tradition als Vermittlerin bei Konflikten. Zuletzt fanden hier etwa die Syrien- oder Zypern-Gespräche statt.
Das Hin und Her zwischen Trump und Kim führt zu nichts mehr. Trump macht sich je länger desto mehr unglaubwürdig, Kim hat das Maximum erreicht. Einen Krieg will niemand. Jetzt wäre der perfekte Zeitpunkt, die Karten auf den Tisch zu legen. Gut möglich, dass Leuthard mit ihrem Angebot in Pjöngjang und Washington auf offene Ohren stösst.