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Ultra-Hass in Israel: Wie Rassismus einen Verein spaltet

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Die La Familia-Ultras von Beitar Jerusalem haben dafür gesorgt, dass kein einziger Araber mehr für den Klub spielt. Bild: EPA/EPA

Ultra-Hass in Israel – wie Rassismus einen Verein gespaltet hat

Von wegen ewige Treue zum Verein: Eine araberfeindliche Gruppe von Ultra-Fans in Israel vertreibt mit ihrem Rassismus treue Anhänger von Beitar Jerusalem. Diese haben eine passende Antwort.
17.08.2018, 09:2617.08.2018, 13:51
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Die Rufe des Hasses schallen durch das Stadion in Jerusalem. «Jigal Amir, König von Israel!», schreien mehrere Ultras. Sie stören damit das Gedenken an den ehemaligen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin. Jigal Amir ist der jüdische Rechtsextremist, der den Friedensnobelpreis-Träger Rabin 1995 ermordete.

Die Zwischenrufe liegen einige Jahre zurück. Doch noch immer machen die Ultras von Beitar Jerusalem, die sich La Familia nennen, mit rassistischen Provokationen auf sich aufmerksam. Und sie haben die Fans gespalten.

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«La Familia» hat bei Beitar Jerusalem die Kurve vergiftet.Bild: EPA/EPA

Eigenen Klub gegründet

Vor den Toren von Jerusalem begrüssen an einem Sportplatz rund 50 Fans ihre Mannschaft mit Gesängen zum Trainingsauftakt. Nur schwer sind ihre Flaggen von denen der Familia zu unterscheiden. Doch hier zählt nur die Liebe zum Fussball. Männer und Frauen, Juden und Araber, verbindet eines: Sie haben wegen La Familia ihrem Lieblingsverein den Rücken gekehrt und einen eigenen Club gegründet. Er trägt den Namen Beitar Nordia.

Nach seiner Gründung im Jahr 2013 stieg der Verein im folgenden Jahr in den Spielbetrieb ein. Heute spielt Beitar Nordia in der semi-professionellen dritten israelischen Liga. «Ich hoffe natürlich, dass wir es in die 2. Liga schaffen, aber es gibt keinen Druck», sagt Uri Kotlarski aus dem Vorstand des Vereins. Wichtiger sei es, unabhängig von Beitar Jerusalem zu bestehen.

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Eine klare Ansage.Bild: EPA/EPA

Laut Uri Levi von der israelischen Fussballplattform Babagol haben die rassistischen Ultras von La Familia in den letzten zehn Jahren immer stärker die Kontrolle über die Anhängerschaft von Beitar Jerusalem übernommen. «Beitar Jerusalem war früher der Klub der einfachen Leute. Auch wenn sie schon immer eher politisch rechts waren, fanden sich Fans im ganzen Land», sagt Levi.

Spieler und Anhänger geächtet

Der endgültige Bruch unter den Fans kam 2013, als die Vereinsführung versuchte, zwei muslimische Spieler in der Mannschaft zu etablieren. Rund 20 Prozent der Bevölkerung in Israel sind Araber. Doch auf Druck von La Familia blieb Beitar der einzige Verein im Land, in dem kein Araber oder Moslem aktiv ist. Die Ultras wüteten damals nicht nur gegen die tschetschenischen Neuzugänge Saur Sadajew und Gabriel Kadijew. La Familia ächtete auch jeden, der sich mit den muslimischen Spielern solidarisierte – sogar den eigenen Kapitän.

Der abgespaltene Klub Beitar Nordia schafft es mittlerweile, bis zu 4000 Fans zu den eigenen Spielen zu locken. La Familia versucht, das zu ignorieren. «Ich glaube, insgeheim respektieren sie uns, aber wollen es nicht wirklich zeigen», sagt Kotlarski. Spiele von Beitar Jerusalem anzuschauen, ist für ihn schwierig geworden: «Es ist manchmal, als würde man seine Ex-Freundin mit ihrem neuen Partner sehen.»

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Kommt es eines Tages zur Wiedervereinigung von Beitar Jerusalem und Beitar Nordia?Bild: EPA/EPA

Manchmal werden Spieler des Erstligisten Beitar Jerusalem an Beitar Nordia ausgeliehen, um sich dort zu weiterentwickeln. Beim Ursprungsverein sieht man das als Statement für ein gutes Verhältnis. «Die Vereine sind wie zwei Brüder, die in unterschiedliche Richtungen gegangen sind», sagt Oschri Dudai, Sprecher von Beitar. «Vielleicht kommt man eines Tages ja auch wieder zusammen.»

Auch bei Beitar Nordia hofft man auf jenen Tag – das steht sogar in der Vereinssatzung. Doch für eine friedliche Zusammenführung der Brüder müsste erst noch das Problem der rassistischen Ultras gelöst werden. (pre/sda)

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10 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Snowy
17.08.2018 09:50registriert April 2016
Danke für die Reportage.

Allerdings glaube ich nicht an einen baldigen Zusammenschluss: Die Abneigung gegen Moslems ist in Israel (gewisse Teile von Tel Aviv ausgenommen) durch alle Bevölkerungsschichten hindurch extrem. Dass Menschen auch abseits der Fussballstadien* in Israel öffentlich (mit Gesicht in der Zeitung) den Mörder von Rabin verehren, lässt tief blicken...
* Jigal Amir erfreut sich auch in Siedlerkreisen Beliebtheit.
Man hasst den Mann, der für Aussöhnung steht.... Unglaublich.

Das dauert noch mindestens eine Generation - und dann auch nur, wenn kein neuer Krieg ausbricht.
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Max Dick
17.08.2018 09:57registriert Januar 2017
Dass Rechtsextreme ganze Fussballclubs übernehmen (oder zumindest deren Fankurven) ist ausserhalb der Schweiz leider ziemlich verbreitet. Und das nicht nur bei den üblichen Verdächtigen in Osteuropa. Schön dass man sich in Israel aber immerhin dagegen wehrt.
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Leckerbissen
17.08.2018 13:02registriert März 2018
Traurig ist wie die Israelis ihren Islam-Hass öffentlich und ohne gross Gegenwirkung kundtun dürfen. ABER WEHE ich sage mal dass ich Juden und ihr Verhalten störend finde..
ja wir wissen alle was ich mir dann anhören darf.
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