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FIFA-Awards: Cristiano Ronaldo hat sich den Titel verdient

Football Soccer - FIFA Awards Ceremony - Best Men's Player - Zurich, Switzerland - 09/01/17. FIFA President Gianni Infantino presents the award to Cristiano Ronaldo. REUTERS/Ruben Sprich TPX IMAG ...
Cristiano Ronaldo nimmt aus den Händen von FIFA-Präsident Gianni Infantino den verdienten Pokal entgegen.Bild: RUBEN SPRICH/REUTERS
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Die Krönung eines Märchensommers: Cristiano, das hast du dir verdient

Cristiano Ronaldo ist der Beste. Mit der vierten Weltfussballer-Auszeichnung ist ganz offiziell, was seit der EM in Frankreich niemand mehr ernsthaft bezweifeln konnte. 
09.01.2017, 20:3910.01.2017, 09:46

Zum vierten Mal nach 2008, 2013 und 2014 ist Cristiano Ronaldo zum besten Fussballer des Kalenderjahres gewählt worden. Und so viele Fans wie jetzt haben ihm diese Auszeichnung wohl noch nie gegönnt.

Klar, fussballerisch überzeugt CR7 seit einem Jahrzehnt. Seine Trefferquote alleine spricht Bände. Doch immer haftete da ein Makel an. Mit «zu viel Ego, zu viel Show, zu viele Eitelkeiten» beschrieb ich mein Bild des Portugiesen vor der EM 2016 in Frankreich.

Denn was der Ausnahmekönner jahrelang noch treffsicherer platzierte als den Fussball, waren die selbstverliebten Aussagen. Beispiele?

«Ich bin der Beste, der Zweitbeste und der Drittbeste.»
Ronaldo 2008
«Natürlich kann der Verein 94 Millionen Euro für mich bezahlen. Oder noch mehr. Aber ich denke, ich bin mehr wert.»
Ronaldo 2009
«Ich liebe es, wenn Leute mich verhöhnen. Ich liebe es, den Hass in ihren Augen zu sehen, die Beleidigungen zu hören. Es macht mir nichts aus.»
Ronaldo 2010
«Ich fühle mich schlecht, wenn ich schlecht spiele. Glücklicherweise passiert das sehr selten.»
Ronaldo 2010
Soccer Football - Club America v Real Madrid - FIFA Club World Cup Semi Final - International Stadium Yokohama - 15/12/16 Real Madrid's Cristiano Ronaldo celebrates scoring their second goal as C ...
Cristiano Ronaldo: Mit seinem Jubel provoziert er schon länger.Bild: Issei Kato/REUTERS

Und natürlich war da auch immer das Duell mit Lionel Messi. Der Gaucho bietet mehr Kunst, weniger Kraft. Er ist fraglos der elegantere Fussballer. Ronaldo nervten die Vergleiche schon immer, gerne stichelte er auch in Richtung seines Rivalen. So wie im Frühling 2011, als Messi im CL-Halbfinal gegen – ein ab der 61. Minute dezimiertes — Real Madrid in der Schlussphase beide Tore zum 2:0 erzielte:

«Ich wünschte ich hätte die Chance, so wie Messi, gegen zehn Mann zu spielen, denn dann ist alles viel einfacher.»

Oder natürlich sein wohl legendärster Spruch im September 2011 nach dem 1:0-Erfolg in der Königsklasse gegen Dinamo Zagreb, als er gefragt wurde, warum ihn die Fans seiner Meinung nach auspfeifen:

«Weil ich reich, schön und ein grossartiger Spieler bin, sind die Leute neidisch auf mich.»
Ronaldo 2011
Ronaldos Erklärung für die Pfiffe gegen ihn.Video: YouTube/nombredebandera

Immer schien es, als würde Ronaldo alles tun, um endlich beliebt zu sein. Als ob er dachte, er könne mit vielen Toren die Liebe der Fans gewinnen. So wie Eltern, die glauben, wenn sie den Kindern alle Wünsche erfüllen, würden diese sie noch mehr lieben.

Getrieben war Ronaldo. Getrieben von der Sucht nach Ruhm, nach Erfolgen, nach Toren. Nicht das Team stand im Vordergrund. Sondern vor allem er. Ein Sieg war nur gut, wenn er auch getroffen hatte; der Meistertitel einzig, wenn er auch Torschützenkönig wurde. Den inneren Frieden schien er rastlos zu suchen, aber nie zu finden.

Dann kam die EM 2016.

Ronaldo litt gegen Island. Ronaldo verzweifelte gegen Österreich. Ronaldo wurde belächelt. Ronaldo hätte zum tragischen Held werden können. Doch Ronaldo liess sich nicht beirren.

Erst führte er die Portugiesen mit einem Kopfball für die Ewigkeit in den Final. Dort «coachte» er sie von der Seitenlinie zum EM-Titel. Vermutlich hatte es bei ihm kurz danach Klick gemacht. Vermutlich in dem Moment, als er einige Minuten nach dem Triumph in der Kabine folgende Worte an seine Teamkollegen richtete:

Ronaldos Rede nach dem EM-Titel.Video: YouTube/MrRealmadrid7cr1

Ronaldo dankte dem Trainer, er dankte den Mitspielern und dankte dem Staff. Und am Ende sagte er das, was man sich nie hätte vorstellen können, würde es den Beweis nicht geben: «Das war die Trophäe, die in meiner Karriere fehlte. Dank euch habe ich sie gewonnen.»

Der grösste Ego-Drache des Fussballs bedankte sich nach seinem grössten Triumph bei den Mitspielern. Es schien, als würde eine unglaubliche Last von seinen breiten Schultern fallen.

Ronaldo – so scheint es – muss jetzt nichts mehr beweisen. Beispiele?

epa05703216 Real Madrid's Portuguese forward Cristiano Ronaldo (C) dedicates his fourth Ballon d'Or trophy to the fans of Real Madrid prior to the start of their Spanish Primera Division Lea ...
Ronaldo widmete seinen im Dezember gewonnen Ballon d'Or im letzten Heimspiel in einer kleinen Zeremonie den Fans. Bild: EPA/EFE

Früher hätte sich Ronaldo nicht auswechseln lassen. Sicher nicht ohne Nebentöne. In dieser Saison liess ihn Trainer Zinédine Zidane schon dreimal auf der Bank und wechselte ihn dreimal aus. Ronaldo akzeptierte. Ohne Murren.

Ein weiteres Beispiel:

Im Cupspiel gegen Sevilla vor wenigen Tagen wurde er von Kameras eingefangen, wie er im Spielertunnel seinen Mitspielern zum Sieg und James Rodriguez zu seinen zwei Treffern gratulierte. 

Cristiano Ronaldo gratuliert seinen Teamkollegen nach dem 3:0 gegen Sevilla in den Katakomben.Video: YouTube/Hard Talk

Erstmals seit über zehn Jahren weist der Portugiese in einem Wettbewerb zudem die höhere Anzahl Assists als Tore aus (Champions League: 2 Tore, 4 Assists). Die Annahme, dass Ronaldo seit dem EM-Titel mehr Pässe spielt als zuvor, stimmt zwar nicht. Statistisch liegt er da mit rund 30 pro Partie knapp hinter dem Schnitt der vorherigen Saisons. Aber vielleicht wirkt Ronaldo seit der EM einfach sympathischer oder reifer und wird darum positiver bewertet.

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Für seine Aussage mit dem Neid der gegnerischen Fans nach der Partie gegen Dinamo Zagreb entschuldigte er sich übrigens bereits 2014: «Das war ein Fehler. [...] Ich bin nicht perfekt. Ich bin ein Mensch aus Fleisch und Blut, wie jeder. Ich weine, habe meine Probleme.»

Dass Ronaldo nicht perfekt ist, wurde der breiten Öffentlichkeit an der EM in der Vorrunde deutlich vor Augen geführt. Dass er ein Mensch aus Fleisch und Blut ist, spätestens nach oben erwähnter Kabinen-Ansprache. Es scheint fast, als ob Ronaldo mit dem EM-Titel seinen Frieden gefunden hätte.

Der Ballon D'Or ist die Krönung seines Märchensommers. Alles, was wir jetzt noch vom fast 32-Jährigen erleben dürfen, ist Zugabe.

Die Karriere von Cristiano Ronaldo

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Die Karriere von Cristiano Ronaldo
2002 stieg Cristiano Ronaldo als 17-Jähriger in den Profifussball ein. In seiner ersten Saison bei Sporting Lissabon erzielte er in 25 Spielen drei Treffer und machte die Scouts aus England aufmerksam. Am Ende der Spielzeit wechselte er zu Manchester United.
quelle: epa lusa / andre kosters
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30 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lord_ICO
09.01.2017 21:08registriert März 2016
Ronaldo hat es dieses Jahr ohne Frage verdient.
Doch hoffe ich, dass bald eine Zeit anbricht in der nicht nur Messi und Ronaldo diesen Titel gewinnen können. Man stelle sich vor, dass Iniesta, einer der erfolgreichsten Fussballer aller Zeiten noch nie Weltfussballer wurde, obwohl er für das Spiel von Barca und der spanischen Nati unentbehrlich war/ist. Zurzeit scheint fast nur noch die Menge der erzielten Skorerpunkte ausschlaggebend für die Vergabe dieser Trophäe zu sein, was ich echt etwas schade finde.
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Mouker
10.01.2017 01:58registriert Dezember 2016
Ich wäre dafür das man gar nicht mehr nur einen "Weltfussballer" wählt. Sondern man sollte eine Welttorwart, Weltverteidiger, Weltmittelfeldspieler und einen Weltstürmer auszeichnen.

In den meisten Fällen wird sowieso ein Stürmer Weltfussballer.

Die FIFA langweilt mich leider nur noch. Gähn.
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Lümmel
09.01.2017 20:46registriert Mai 2016
Ein unglaubliches Theater....
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