Nackte Haut ist alltäglich geworden. Doch verfolgt sie meist einen bestimmten Zweck. Nackte Haut ist erotisch und weckt Sehnsüchte. Diese Sehnsüchte lassen sich auf Objekte übertragen und unterstützen den Vermarktungsprozess.
Kurz: Sex sells.
Polly Penrose klickt sich durch Immobilien-Websites bis sie einen Raum findet, der ihr spontan gefällt. Sie ruft den Makler an und bittet um Erlaubnis, in dem Haus fotografieren zu dürfen.
Ganz am Anfang, als sie noch an ihrer Technik, am Bild arbeitete, war ihr eigener Körper schlicht das einfachste Motiv. Mit 10-Sekunden Selbstauslöser schmiss sie sich ohne Vorbereitung in jeden Raum, der irgendetwas in ihr auslöste.
Das ist einem Immobilienmakler nicht immer ganz einfach zu kommunizieren.
«Diese Selbstportraits sind die Reaktion meines Körpers auf den Raum und seinen Inhalt.»
In hoher Auflösung blicken wir auf einen nackten weiblichen Körper. Sie selbst sagt von sich:
«Mein Körper ist nicht spektakulär: Ich bin nicht dick, ich bin nicht dünn. Ich bin einfach. Die Reaktion auf die Bilder ist fast immer: ‹Oh, guck, ein Körper in einem Raum›, nie: ‹Oh, guck dir diese nackte Frau an.›»
Der Mensch bewegt sich jeden Tag durch die unterschiedlichsten Räume. Penroses Bilder lassen uns kurz innehalten, das Zimmer, das Mobiliar, die Tapete, den Teppich, das Licht erst richtig und bewusst wahrnehmen. Im Kontrast zum lebendigen, fleischigen Körper, verfremdet und seiner täglichen Wahrnehmung entzogen, entwickelt sich aus einem zweidimensionalen Bild ein erlebbarer Moment.
Aus ihren ersten beiden Bilderreihen Body of Work und Body of Work II ging eine tiefere Auseinandersetzung mit der Erwartung an Weiblichkeit hervor. Denn die Bilder waren über den Zeitraum mehrerer Jahre entstanden. Sofort wurde von Kritikern eine Analyse der Vergänglichkeit des weiblichen Körpers hineingelesen. Ohne, dass das ihre Absicht gewesen wäre.
In den folgenden Jahren inszeniert sie sich mit Lifestyle-Sportartikeln und Freizeitprodukten. Dabei bricht sie mit der Erwartungshaltung an moderne, Erotik und Emanzipation ausstrahlende Weiblichkeit, die von den Medien aufgebaut wird.
Sie ist beim Fotografieren immer alleine. Drückt den Auslöser und läuft vor die Linse, wirft sich in Pose bevor die 10 Sekunden ablaufen. Erst nach der Kontrolle auf der Kamera kann sie entscheiden, ob sie zufrieden ist mit dem Bild. Das kann bis zu 50 oder 60 Anläufe benötigen.
«In meinen Bildern fühle ich mich stark. »
Zahllose ihrer Werke wurden von Internet-Plattformen wieder gelöscht, weil ein Nippel zu sehen war oder etwas Schamhaar. Was lächerlich ist in Kontrast zum sexuellen Gehalt der heutigen Werbung.
Penrose fotografiert sich noch immer selbst. Sie blickt auf sich selbst. Sieht sich mit ihren vierzig Jahren, den Narben von Brustreduktion und dem von der Geburt zweier Kinder gezeichneten Bauch. Sie würde nicht bauchfrei in einen Club gehen, meint sie, aber in diesem Kontext, in dieser Selbstbetrachtung erkennt sie sich selbst.
Und im Gegensatz zu den von künstlichen Sehnsüchten aufgeladenen Projektionen der aktuellen Werbeindustrie ist dieses selbst echt.