Ein Entwickler bei Google hat den geringen Anteil von Frauen in der Technologiebranche mit «biologischen» Unterschieden der Geschlechter erklärt und damit für heftige Aufregung gesorgt. In einem Schriftstück von rund 3000 Wörtern schreibt ein anonymer männlicher Entwickler bei Google, die Vorlieben und Fähigkeiten von Männern und Frauen unterschieden sich teils aus biologischen Gründen.
Internal article circulated at work today describing how gender rep gap in SW is due to biological differences btwn men/women.
Diese Unterschiede könnten erklären, warum Frauen in der Technologiebranche und in Führungspositionen unterrepräsentiert seien. Frauen seien «offener gegenüber Gefühlen und gegenüber Ästhetik», sie zögen daher die Arbeit in sozialen oder künstlerischen Branchen vor. Männer hingegen verfügten über «natürliche Fähigkeiten», die sie zu besseren Programmierern machten.
Das interne Schriftstück gelangte am Sonntag an die Öffentlichkeit. Danielle Brown, die neue Google-Managerin für Diversität, zuständig also für die Vielfalt der Belegschaft auch im Hinblick auf die Geschlechter, wies die Ansichten unverzüglich zurück: In einer E-Mail an die Angestellten erklärte sie, diese Äusserungen würden weder von ihr noch vom Konzern «unterstützt, gefördert oder ermutigt».
Ein «Kulturwechsel» sei schwer und oft unbequem. Brown fügte jedoch auch hinzu, dass es möglich sein müsse, unterschiedliche Ansichten, auch politischer Art, zu äussern.
Das zehnseitige Dokument zirkulierte am Wochenende unter den Google-Mitarbeitern und wurde von Gizmodo veröffentlicht.
Natürlich teilen längst nicht alle männlichen Googlers die Meinung des Verfassers
That garbage fire of a document is trash and you are wonderful coworkers who I am extremely lucky to work with.
«Today's rage-read (at work): doc essentially saying that women are unsuited for tech because they like people, whilst men like things.»
Aimee (@aimeeble) 4, August 2017
«Write a doc about how inferior women are, then try to be a hero by offering help to save the *vulnerable* Still shaking in anger.»
Jaana B. Dogan (@rakyll) 4. August 2017
Die US-Technologiebranche ist von Männern dominiert. In letzter Zeit sind vermehrt Frauen an die Öffentlichkeit gegangen, die sich wegen Diskriminierung beschwerten. Der Gründer des Fahrtenvermittlers Uber, Travis Kalanick, trat kürzlich sogar unter dem Druck von Investoren zurück, nachdem die Vorwürfe gegen Uber wegen einer aggressiven und sexistischen Unternehmenskultur zu heftig geworden waren.
Um den Tech-Chauvinisten den Kampf anzusagen, braucht es vor allem eins: mehr Informatikerinnen. Derzeit beträgt der Frauenanteil im Informatikstudium in der Schweiz nur sechs bis sieben Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland sind es immerhin 17 Prozent.
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Die beliebtesten Kommentare
Madison Pierce
07.08.2017 20:59registriert September 2015
Habt ihr den Text gelesen? Vollständig, nicht nur die Titel?
Dort steht unter anderem folgendes:
"I hope it’s clear that I’m not saying that diversity is bad..."
"I’m also not saying that we should restrict people to certain gender roles; I’m advocating for quite the opposite: treat people as individuals, not as just another member of their group (tribalism)."
Der Autor scheint nichts gegen Frauen in der IT zu haben, sondern gegen die Bevorzugung von Frauen, weil sie Frauen sind und nicht, weil sie gute Programmiererinnen sind. Aber ja, mit "Kackscheisse!" spart man sich die Argumente.
Im Gegensatz zu zehntausenden Empörten, wohl inklusive der Autoren dieses SDA-Verschnitts, habe ich mir die Zeit genommen, den Originaltext mal ganz durchzulesen (ist im Artikel verlinkt). Der Text ist ausgewogen und abwägend formuliert, die Argumente werden bedacht vorgebracht und ich kann fast jedem Satz zustimmen.
Ich glaube hier liegt, wie häufig beim Querlesen in sozialen Medien, eine falsche Wahrnehmung der Aussagen des Autors vor. An keinem Ort sagt er, dass Männer bessere Programmierer seien. Seine Argumentation basiert va. auf Populationsverteilungen - und die sind unstrittig.
Die einzige "Kackscheisse" ist die Aufregung. Ich mache immer wieder die Erfahrung, dass sich Frauen halt weniger fĂĽr solche Dinge interessieren. Warum soll das schlimm sein? Wir legen den Frauen deswegen ja keine Steine in den Weg. Wenn nur wenige Frauen Interesse an der Informatik haben, warum soll das "sexistische Kackscheisse" sein?
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