14 Gründe, warum dieses völlig unterschätzte Smartphone ein echter Geheimtipp ist
Auf den ersten Blick wirkt es unscheinbar, altbacken, gar langweilig. Einen Award für kreatives Design wird dieses Smartphone definitiv nicht gewinnen. Wer allerdings der Meinung ist, dass bei einem Smartphone die inneren Werte und insbesondere das Preisleistungs-Verhältnis zählen, kommt vermutlich auf seine Kosten.
Ich habe das Nokia 8 seit dem Verkaufsstart am 1. September getestet. Kommen wir also ohne Umschweife zu den praktischen Befunden meines Erfahrungsberichts.
Ist es genau so robust wie die alten Nokia-Handys?
So stabil wie ein altes Nokia-Handy ist es wohl nicht, aber zumindest für ein Smartphone ist es sehr robust. Sprich es lässt sich nicht verbiegen und das Display zeichnet sich durch eine vergleichsweise hohe Bruch- und Kratzfestigkeit aus. Münzen oder Schlüssel in der Hosentasche hinterlassen auf dem Display also keine Kratzer.
Mir ist das ziemlich schlüpfrige Smartphone gar aus rund einem Meter Höhe mit dem Touchscreen voran auf den Steinboden geknallt – das Gerät hat keine sichtbare Schramme davongetragen. Das liegt daran, dass das Aluminium durchgefärbt ist – kleine Schäden bleiben also quasi unsichtbar.
Zwar können sich auf der Rückseite Spuren von beispielsweise Schlüsseln abzeichnen, die können aber leicht wieder von Hand entfernt werden.
Der Fingerabdrucksensor sowie die Abdeckung der Frontkamera sind ebenso schwer zu zerkratzen, wie das folgende Video demonstriert.
Sieht das Teil auch anständig aus?
Sind wir ehrlich: Man könnte das Design wohlwollend als schlicht oder klassisch elegant umschreiben. Langweilig würde es aber ebenso treffen. Klar, die Rückseite der Hochglanzmodelle sieht chic aus, aber sowas bekommt man auch bei der Konkurrenz.
Das Nokia 8 besteht wie die meisten Premium-Smartphones aus einem Unibody-Gehäuse aus Aluminium. Insbesondere die Hochglanz-Modelle dürften bei den Kunden gut ankommen, haben aber offenbar den Nachteil, dass jeder Fingerabdruck im Sonnenlicht gut sichtbar ist.
Ich habe mich bewusst für das weniger spektakuläre mattblaue Modell entschieden, bei dem auch nach mehreren Wochen kein Fingerabdruck und auch sonst keine Abnutzungserscheinungen zu sehen sind.
Liegt es gut in der Hand?
Das Nokia 8 aus Aluminium ist extrem dünn und hat abgerundete Kanten. Was nach einem iPhone klingt, fühlt sich auch genau so an. Einerseits liegt es sehr angenehm in der Hand – keine Kante, die in die Hand drücken könnte –, andererseits kann es natürlich auch leicht aus der Hand rutschen (siehe Punkt 1).
Eine Rückseite aus Plastik oder Glas wäre rutschfester und würde das kabellose Laden des Akkus ermöglichen, aber Plastik wird von den Konsumenten bei Premium-Modellen längst nicht mehr akzeptiert. Und Glas? Da sieht man jeden Fingerabdruck und wenn das teure Gerät herunterfällt ...
Im Vergleich zum iPhone 8 Plus ist das Nokia 8 trotz beinahe gleich grossem Display deutlich leichter (160 statt 202 Gramm) und vor allem handlicher, sprich schmaler. Hätte HMD das Nokia 8 ein Mü dicker gemacht, würde es höchstwahrscheinlich noch etwas besser in der Hand liegen.
Was taugt der Akku?
Der Akku hat mich während der fünfwöchigen Testzeit stets gut durch den Tag gebracht, bis auf eine Ausnahme: Während eines Städtetrips machte der Akku kurz nach 20 Uhr schlapp, nachdem ich den ganzen Tag intensiv fotografierte und die Karten-App nutzte. Normalerweise steht die Akkuanzeige am Abend bei etwa 30 Prozent.
Fast wichtiger als die Akkulaufzeit ist mir persönlich inzwischen die Schnellladefunktion. Das Nokia 8 lässt sich mit dem mitgelieferten Schnellladegerät in 30 Minuten zu etwa 50 Prozent aufladen. Ist der Akku fast leer, reichen wenige Minuten am Kabel, um genug Strom für ein paar Stunden zu tanken. Das ist ungemein praktisch.
Wie heutzutage bei fast allen Premium-Smartphones aus Aluminium üblich, ist der Akku fest verbaut, was den Austausch massiv erschwert. Im Gegensatz zu den alten Nokia-Lumia-Smartphones kann man das Nokia 8 aus Metall nicht mehr kabellos laden. HMD hätte dafür eine Rückseite aus Glas oder Plastik verbauen müssen, was bei vielen potenziellen Kunden wohl schlecht angekommen wäre.
Wie gut ist das Display wirklich?
Das Display ist eine der ganz grossen Stärken des Nokia 8. Es ist gestochen scharf und heller als jedes andere Smartphone-Display, das ich bislang gesehen habe. In der Mittagssonne aufs Smartphone schauen ist so kein Problem mehr, zumal auch die automatische Helligkeitsregulation keine Schwächen erkennen lässt.
Für die Tech-Nerds: Wir sprechen von 2560 Mal 1440 Pixel, einer Punktdichte von 554 ppi und einer maximalen Leuchtdichte von 700 Nits. Dieses IPS-LCD-Display wird aktuell nur von ganz wenigen und deutlich teureren OLED-Displays übertroffen, die man etwa in den neusten Samsung-Smartphones findet.
Ist es auch schnell?
Was passiert, wenn man den schnellsten Prozessor für Android-Smartphones mit Googles Original-Android-Betriebssystem kombiniert? Genau, man erhält ein Smartphone, das ohne den kleinsten Ruckler läuft und Apps (abgesehen von Games) in Sekundenbruchteilen startet.
Mit vier Gigabyte Arbeitsspeicher stiess das Gerät bei mir nie auch nur annähernd an seine Leistungsgrenze. Hardcore-Nutzer können auch eine Version mit sechs GB Arbeitsspeicher kaufen. In Sachen Leistung erhält das Nokia 8 ganz klar die Bestnote.
Hat es einen Kopfhörer-Anschluss?
Ja!
Pures Android? Was ist daran so toll?
Das Nokia 8 kommt mit Googles Original-Android-Version, auch als Stock Android oder pures Android bekannt. Stock Android hat gegenüber den modifizierten Android-Versionen von Samsung, Huawei etc. drei wichtige Vorteile:
- Schnelle System- und Sicherheits-Updates.
- Die geschmeidigste Benutzeroberfläche, die ein Android-Smartphone bieten kann.
- Keine Bloatware (vorinstallierte, überflüssige Apps).
Ein kurzer Blick auf die Benutzeroberfläche des Nokia 8

Eine paar kleine Anpassungen gegenüber Stock Android hat HMD aber doch getätigt: Als alter Nokia-Hase fühlt man sich gleich zuhause, wenn man das von früheren Nokia-Lumia-Smartphones gewohnte Always-On-Display erblickt.
Apropos altbekannte Nokia-Features: Auch das Wecken des Smartphones per Doppeltippen auf dem Display funktioniert wie bei den früheren Windows-Phones von Nokia.
Eine Ausnahme zu Stock Android macht HMD auch bei der Kamera-App, die eine Eigenentwicklung ist.
Was taugen die drei Kameras?
1. Mit der Dual-Kamera lassen sich (Porträt)-Fotos mit Tiefenschärfe schiessen
@AdrianGHughes @ivabiggun71 I really impressed with the Nokia 8 live bokeh capture.. Very well done @nokiamobile @sarvikas pic.twitter.com/TnSKhia1zG
— Victor Ng (@belon1986) September 17, 2017
Der Bokeh-Effekt, sprich die Unschärfe des Hintergrunds, lässt sich mit der Foto-App stufenlos regulieren. Im oben stehenden Beispiel mit der Katze ist es nachträglich direkt auf dem Handy möglich, die Katze unscharf und den Hintergrund scharf zu stellen oder Katze und Hintergrund scharf zu stellen.
2. Mit der Schwarz-Weiss-Kamera sind solche Dinge möglich

Der Schwarz-Weiss-Modus der zweiten Kamera animiert Hobbyfotografen zum Experimentieren, für die meisten Nutzer wäre eine zusätzliche Kamera, die einen optischen Zoom ermöglicht, aber wohl die nützlichere Funktion gewesen.
3.1 Ein Bothie-Foto: Front- und Hauptkamera können gleichzeitig ein Foto schiessen und dieses zu einem Bild kombinieren
3.2 Und ein Bothie-Video

Das Spezielle an der Nokia-Kamera: Man kann mit allen drei Kameras gleichzeitig Fotos und Videos machen und diese bei Bedarf live auf Facebook oder YouTube streamen – maximal in 4K.
An einem Konzert könnte man so etwa die Band und sich selbst gleichzeitig fotografieren oder filmen. Spannend klingt diese Funktion vor allem für Reporter oder Blogger, die (live) über einen Event berichten.
Die Kamera-App ist ziemlich intuitiv. Mit zwei Klicks lassen sich die wichtigsten Funktionen erreichen. Der Spass hat allerdings ein jähes Ende, wenn es dunkel wird: Bei schlechten Lichtverhältnissen sind die Fotos zu dunkel und es zeigt sich starkes Bildrauschen. Ich habe zudem den Eindruck, dass der Autofokus nicht unbedingt der schnellste der Welt ist.
Geknipst mit dem Nokia 8: Das kann die Dual-Kamera
Noch ein Tipp: Die Kamera kann auch bei gesperrtem Smartphone mit einem Doppeltipp auf den Einschaltknopf rasch gestartet werden.
Wie sieht es mit Updates aus?
Das Nokia 8 wird mit Android 7.1.1 ausgeliefert. Das Update auf Android 8 kommt, wenn alles glatt läuft, Ende Oktober. Damit wäre HMD deutlich schneller als die Konkurrenz, was allerdings auch nicht erstaunt, da man eben klugerweise auf pures Android setzt, was schnelle Updates deutlich vereinfacht. Nokia-Kunden gehören somit nebst den Käufern der Google-eigenen Pixel-Smartphones jeweils zu den ersten, die Updates erhalten.
Fest steht, dass das Nokia 8 (wie alle neuen Nokia-Smartphones) nächstes Jahr auch das Update auf Android 9 erhalten wird. Allerdings gibt es von HMD keine Aussage, ob die Kunden auch noch in drei oder vier Jahren Updates erhalten werden.
Ein Kränzchen winden muss man den Finnen für die raschen Sicherheits-Updates: Google veröffentlicht jeden Monat ein Sicherheits-Update für Android, die HMD jeweils fast zeitgleich mit Google auf seine Nokia-Smartphones bringt. Andere Hersteller hinken bei den Sicherheits-Updates teils Monate hinterher.
Gibt es unterschiedliche Modelle?

Das Nokia 8 gibt es in Grau und Blau mit matter Rückseite sowie in Kupfer und Blau mit einer polierten Hochglanz-Rückseite.
Weiter kann man wählen zwischen Single-SIM und Dual-SIM-Modell.
Das Standard-Modell hat 4 GB Arbeitsspeicher und 64 GB Speicherplatz, der per Speicherkarte erweitert werden kann. Ab sofort ist auch die 128-GB-Version mit 6 GB Arbeitsspeicher (RAM) im Handel. Das Luxus-Modell gibt es bei uns allerdings nur in Hochglanz-Blau.
Wie viel kostet der Spass?
Das 64-GB-Modell bekommt man im Online-Handel für rund 600 Franken, das 128-GB-Modell mit 6 statt 4 GB Arbeitsspeicher kostet aktuell 729 Franken.
Im Lieferumfang dabei sind das Schnellladegerät und erstaunlich gute Ohrhörer. Zum Vergleich: Das iPhone 8 und das 8 Plus mit 64 GB kosten ohne Schnellladegerät 839 bzw. 959 Franken. Für das Schnellladegerät verlangt Apple nochmals 90 Franken.
Für wen lohnt sich das Nokia 8?
Das Nokia 8 ist ein ausgesprochen pragmatisches Smartphone: Es hat keine Gesichtserkennung, aber einen schnellen Fingerabdrucksensor auf der Vorderseite. Es hat kein rahmenloses Display, dafür ein sehr helles, gestochen scharfes Display. Es gibt kein kabelloses Aufladen, dafür lässt sich der Akku sehr schnell laden. Es hat keine Stereo-Lautsprecher, dafür einen Kopfhöreranschluss. Etc. Etc.
Die Finnen von HMD setzen bei ihrem ersten Premium-Smartphone auf klassisches Design und verzichten konsequent auf Experimente. Vermutlich zurecht: Ein randloses Display oder ein Gesichts-Scanner zum Entsperren würde die Produktion nicht nur komplizierter und teurer machen, sondern wohl auch die Verfügbarkeit gefährden, wie man am Beispiel des verspäteten iPhone X gut beobachten kann.
Kurz gesagt lohnt sich das Smartphone primär für:
- Android-Fans, die ein Smartphone mit Googles purem Android möchten, aber nicht 800 Franken oder mehr für ein Pixel 2 hinblättern möchten.
- Nokia-Fans, die ein Smartphone mit vielen Stärken und wenig Schwächen zu einem einigermassen vernünftigen Preis möchten.
- Alle, die ein sicheres Smartphone möchten, das regelmässig Updates erhält.
Was mir am Nokia 8 gefällt:
- Robust, Verarbeitungsqualität ist top
- Gestochen scharfes, extrem helles Display
- Stock Android und der aktuell schnellste Prozessor für Android-Smartphones machen es zu einer Rakete
- Sehr schnelle Updates
- Gute Akkulaufzeit (Schnellladefunktion)
- Gute Dual-Kamera, die schöne (Porträt)-Fotos mit Hintergrundunschärfe ermöglicht
- Sehr gute Selfie-Kamera
- Fingerabdruck-Sensor im Home-Button ist schnell und zuverlässig
- Always-on-Display ist praktisch
- Für die Grösse sehr leicht
- Angemessener Preis für das Gebotene
Was mir nicht gefällt:
- Nur gegen Spritzwasser geschützt
- Die Kamera schwächelt bei wenig Licht
- Rückseite ist ziemlich rutschig
- Kein kabelloses Laden
- Akku nicht wechselbar
- Uninspiriertes Design
Das Fazit: HMD hat ein sehr solides Smartphone gebaut, ohne Wow-Effekt. Ob das reicht, entscheiden die Konsumenten.
Das Nokia 8 in Zahlen
- Display: 5,3-Zoll mit 2560 Mal 1440 Pixel (2K), 554 ppi mit abgerundetem Gorillaglas 5
- Dual-Kameras: 13 MP (Farbe + OIS) + 13 MP (Mono) mit ZEISS-Optik, Blende f/2,0, Zweiton-Blitz
- Frontkamerea: 13 MP, Blende f/2,0, Display-Blitz
- Prozessor: Qualcomm Snapdragon 835
- RAM: 4 GB / 6 GB
- Speicher: 64 GB / 128 GB (mit Speicherkarte um maximal 256 GB erweiterbar)
- Akku: 3090-mAh (Schnellladefunktion via USB-C 3.1, nicht wechselbar)
- SIM: Single oder Dual
- Anschlüsse: 3,5-mm-Klinke für Kopfhörer, Bluetooth 5.0, USB-C 3.1 für schnelle Datenübertragung
- Sensoren: Fingerabdruck (vorne), Beschleunigungssensor, Gyroskop, Näherungssensor, Kompass, Hall-Sensor, Barometer
- Funkverbindungen: LTE 450 Mbps DL / 50 Mbps UL 802.11 a/b/g/n/ac, BT 5.0, GPS/AGPS+GLONASS+BDS, NFC ANT+
- Gewicht: 160 Gramm
- Android 7.1.1 (Updates für Android 8 und 9 bestätigt)
Das klingt gut, aber ich muss mehr erfahren, bevor ich weiss, ob ich das Nokia 8 kaufen soll.
Dann schau dir hier an, was die anderen Medien über das Nokia 8 schreiben:
Ich habe gelesen, was die anderen Medien über das Handy schreiben, bin aber noch immer unschlüssig, ob ich es nun kaufen soll.
Ok. Manchmal sagt ein Video mehr als tausend Worte.
Was sind die Alternativen zum Nokia 8?
Wer auf seinem Smartphone die Vorteile von Stock Android (schnelle Updates, schlanke Benutzeroberfläche) möchte, hat hierzulande nur wenig Auswahl. Konkret wären dies beispielsweise:
- OnePlus 5 (Rund 580 Franken)
- Nokia 3, 5 und 6 (Rund 150, 200 und 260 Franken)
- Google Pixel und Pixel XL (nur als Importgerät verfügbar)
- Google Pixel 2 und 2 XL (Ab Oktober bzw. November als Importgerät für vermutlich ab 800 bis über 1000 Franken)
Weitere Alternativen ohne Stock Android sind zum Beispiel:
- Huawei Honor 9 (Rund 450 Franken, Testbericht folgt demnächst)
- Samsung Galaxy S8 (Rund 650 Franken)
- HTC U11 (Rund 700 Franken)
- Sony Xperia XZ1 und XZ Premium (Rund 700 Franken)
Hinweis: Das Testgerät wurde uns für die Dauer des Tests von Digitec zur Verfügung gestellt.