International
Syrien

Westen zögert mit Vergeltungsangriff gegen Syrien

Westen zögert mit Vergeltungsangriff gegen Syrien

13.04.2018, 18:42

Aus Sorge vor einem offenen Konflikt mit Russland ringt der Westen weiter um eine Reaktion auf den mutmasslichen Chemiewaffenangriff in Syrien. Während zwischen Washington, London und Paris Einigkeit über die Notwendigkeit einer gemeinsamen Reaktion herrschte, stand jedoch eine Entscheidung am Freitag weiter aus.

«Es wurde keine endgültige Entscheidung getroffen», sagte US-Präsident Donald Trumps Sprecherin Sarah Sanders am Donnerstag (Ortszeit) nach einem Treffen Trumps mit seinen Nationalen Sicherheitsberatern. Die US-Regierung werte weiter Geheimdiensterkenntnisse aus und führe Gespräche mit ihren Partnern und Verbündeten.

epa06664910 US President Donald J. Trump speaks about his tax cuts in the Rose Garden of the White House in Washington DC, USA, 12 April 2018. Earlier in the day, President Trump once again taunted Ru ...
Nach wie vor ist nicht klar, was Donald Trump bezüglich Syrien konkret vor hat.Bild: EPA/EPA

Trump hatte am Mittwoch zunächst einen Raketenangriff der US-Streitkräfte in Syrien angekündigt, seine Drohung einen Tag später aber relativiert.

US-Verteidigungsminister Jim Mattis sagte vor US-Abgeordneten, die Notwendigkeit, «die Ermordung Unschuldiger zu stoppen», müsse abgewogen werden gegen das Risiko, dass die Lage eskaliere und «ausser Kontrolle» gerate.

In einem Telefongespräch Trumps mit der britischen Premierministerin Theresa May bekräftigten beide ihre Überzeugung, dass es eine Reaktion auf den mutmasslichen Chemiewaffenangriff in Syrien geben müsse.

epa06658997 Britain's Prime Minister Theresa May meets staff at Addenbrooke's Hospital in Cambridge, Britain, 10 April 2018. The Prime Minster announced new funding and research for prostate ...
Die britische Premierministerin Theresa May steht mit Donald Trump in Kontakt.Bild: EPA/EPA POOL

Trump wollte sich zudem mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron beraten. Dieser hatte am Donnerstag erneut eine Reaktion Frankreichs angekündigt, ohne sich auf einen Zeitraum festzulegen. Es gebe Beweise für den Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung, sagte er.

Deutschland hält sich zurück

Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag eine Beteiligung Deutschlands an einer militärischen Aktion ausgeschlossen. Aussenminister Heiko Maas forderte am Freitag in Brüssel eine geschlossene Reaktion der internationalen Gemeinschaft auf den mutmasslichen Chemiewaffenangriff in Syrien.

epa06666256 German Chancellor Angela Merkel speaks next to Serbian President Aleksandar Vucic (unseen) during a joint press statement before their meeting in the chancellery, in Berlin, Germany, 13 Ap ...
Hat nicht vor, sich militärisch mit anderen Ländern zu engagieren: Angela Merkel. Bild: EPA/EPA

Macron seinerseits appellierte in einem Telefonat am Freitag an Präsident Wladmir Putin, gemeinsam «den Frieden und die Stabilität in Syrien wiederherzustellen», wie der Elysée-Palast mitteilte. Anders als der Westen unterstützt Moskau den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad.

Bei dem Gespräch bedauerte Macron das neuerliche russische Veto im Uno-Sicherheitsrat. Dieses habe «eine gemeinsame und deutliche Antwort verhindert». Zum Schutz der Bevölkerung müsse es «so bald wie möglich Verhandlungen über einen glaubwürdigen und umfassenden politischen Prozess geben», fügte der französische Präsident hinzu.

Evakuierung geht weiter

Währenddessen wurde die Evakuierung der lange Zeit von islamistischen Kämpfern kontrollierten Stadt Duma in der Region Ost-Ghuta in Syrien am Freitag fortgesetzt.

Laut der in Grossbritannien ansässigen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte verliessen nach Mitternacht 4000 Menschen die Stadt – darunter Kämpfer der Rebellengruppe Dschaisch al-Islam und Zivilisten. Sie sollten in von Rebellen gehaltene Gebiete in Nord-Syrien gebracht werden.

epa06643568 Soldiers stand near relatives of people allegedly detained by Jaysh al-Islam fighters as they wait during evacuation of fighters and civilians from Douma, in east Damascus, Syria, 03 April ...
Die Lage in Duma ist nach wie vor angespannt.Bild: EPA/EPA

Die Evakuierung von Duma soll gemäss der Beobachtungsstelle abgeschlossen sein, bevor Experten der Organisation für das Verbot Chemischer Waffen (OPCW) am Samstag in der Stadt mit ihren Untersuchungen zum mutmasslichen Chemiewaffenangriff beginnen. Bei dem Angriff am letzten Samstag wurden örtlichen Ärzten und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge mehr als 40 Menschen getötet.

Gegenseitige Beschuldigungen

Am Freitag kam es derweil zu gegenseitigen Beschuldigungen. Igor Konaschenkow, Sprecher der russischen Armee, sagte, Moskau habe «Beweise» für eine «direkte Beteiligung Grossbritanniens an der Organisation dieser Provokation in Ost-Ghuta». London habe bei der Inszenierung des mutmasslichen Giftgasangriffs «starken Druck» auf die Zivilschutzorganisation der Weisshelme ausgeübt.

Die USA wiederum warfen Moskau vor, den Chemiewaffeneinsatz erst möglich gemacht zu haben. «Wenn Russland seine Verpflichtungen erfüllt hätte, würde es heute keine Chemiewaffen in Syrien geben», sagte die US-amerikanische Uno-Botschafterin Nikki Haley in einer Sitzung des Sicherheitsrats am Freitag in New York.

epa06666844 Russian President Vladimir Putin looks on as he attends a meeting with a regional governor at the Novo-Ogaryovo state residence, outside Moscow, Russia, 13 April 2018. EPA/ALEXEY NIKOLSKY/ ...
Russland schützt Syrien und seinen Machthaber Assad.Bild: EPA/SPUTNIK POOL POOL

Russland habe sein Veto-Recht im Rat zwölf Mal genutzt, um die Regierung von Präsident Baschar al-Assad zu schützen – unter anderem, um Ermittlungen über Giftgasangriffe im Land zu stoppen.

Russlands Uno-Botschafter Wassili Nebensja wiederum bezeichnete einen Militärschlag gegen syrische Truppen als eine «illegale Kampfhandlung gegen einen souveränen Staat». Er beschuldigte die USA zudem, sich fahrlässig zu verhalten und ihrer Rolle als ständiges Mitglied im Uno-Sicherheitsrat nicht gerecht zu werden. Es wirke, als wolle Washington das Bürgerkriegsland «kategorisch» angreifen.

Uno-Generalsekretär António Guterres hatte zu Beginn der Ratssitzung von einem «Chaos im Nahen Osten» und einer Rückkehr des Kalten Krieges gesprochen. (sda/afp/dpa)

13 Gesichter von syrischen Flüchtlings-Kindern: Wo ist meine Zukunft?

1 / 15
13 Gesichter von syrischen Flüchtlings-Kindern: Wo ist meine Zukunft?
Zahra Mahmoud, 5 Jahre, aus Deir el-Zour, Syrien. Die Hälfte der fast 5 Millionen syrischen Flüchtlingen sind Kinder. Viele von ihnen leben wie Zahra unter prekären Verhältnissen in Flüchtlingscamps in Jordanien nahe der syrischen Grenze. Sie haben in ihrem Leben nichts anderes gesehen als Krieg und Flucht.
quelle: ap/ap / muhammed muheisen
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Brüssel gedenkt der im Syrienkrieg verstorbenen Kinder

Video: watson
Syrien
Wie die SNB 4 Millionen Dollar mit dem US-Angriff auf Syrien verdiente
25
Wie die SNB 4 Millionen Dollar mit dem US-Angriff auf Syrien verdiente
Autopsie bestätigt Chemiewaffen-Einsatz in Syrien – Erdogan beschimpft Assad als «Mörder»
7
Autopsie bestätigt Chemiewaffen-Einsatz in Syrien – Erdogan beschimpft Assad als «Mörder»
Trotz US-Angriff: Syrien bombardiert weiter
12
Trotz US-Angriff: Syrien bombardiert weiter
Kampf um Aleppo: Assads Truppen zerschlagen die Rebellengebiete in zwei Teile
8
Kampf um Aleppo: Assads Truppen zerschlagen die Rebellengebiete in zwei Teile
Assad-Luftwaffe tötet offenbar türkische Soldaten – Rebellen für Feuerpause in Ost-Aleppo
Assad-Luftwaffe tötet offenbar türkische Soldaten – Rebellen für Feuerpause in Ost-Aleppo
Syrien-Krieg: UNO wirft Assad weiteren Einsatz von Giftgas vor
7
Syrien-Krieg: UNO wirft Assad weiteren Einsatz von Giftgas vor
«Humanitäre Tragödie», «gigantischer Friedhof»: UNO über Aleppo
2
«Humanitäre Tragödie», «gigantischer Friedhof»: UNO über Aleppo
Syrische Weisshelme entschuldigen sich für #MannequinChallenge mit «Bomben-Opfer»
2
Syrische Weisshelme entschuldigen sich für #MannequinChallenge mit «Bomben-Opfer»
Assad bietet Trump Zusammenarbeit bei Kampf gegen Extremisten an
10
Assad bietet Trump Zusammenarbeit bei Kampf gegen Extremisten an
Russischer Flugzeugträger «Admiral Kusnezow» erreicht syrische Küste
7
Russischer Flugzeugträger «Admiral Kusnezow» erreicht syrische Küste
Absurde Forderungen: Was Putin von den Amerikanern verlangt
240
Absurde Forderungen: Was Putin von den Amerikanern verlangt
von Philipp Löpfe
UNO-Experten über Attacke auf Hilfskonvoi in Syrien: Es waren doch Luftangriffe
3
UNO-Experten über Attacke auf Hilfskonvoi in Syrien: Es waren doch Luftangriffe
«Nicht Sex, sondern Krieg schändet den syrischen Körper»: Ein Flüchtling wird Pornostar
6
«Nicht Sex, sondern Krieg schändet den syrischen Körper»: Ein Flüchtling wird Pornostar
Scharen flüchten aus Aleppo – dieser Mann bleibt und kümmert sich um die verlassenen Katzen
11
Scharen flüchten aus Aleppo – dieser Mann bleibt und kümmert sich um die verlassenen Katzen
von Jovin Barrer
Syrische Stadt Duma von heftigen Luftangriffen getroffen – es droht ein zweites Aleppo
2
Syrische Stadt Duma von heftigen Luftangriffen getroffen – es droht ein zweites Aleppo
«Ich habe Angst, dass ich heute Abend sterbe» – Siebenjährige twittert aus Aleppo
4
«Ich habe Angst, dass ich heute Abend sterbe» – Siebenjährige twittert aus Aleppo
von Lena Rhyner
Ärzte ohne Grenzen fordern Ende des Blutbads in «Todeszone» Ost-Aleppo
1
Ärzte ohne Grenzen fordern Ende des Blutbads in «Todeszone» Ost-Aleppo
Syrien-Gespräche mit Russland «nicht tot, aber auf der Intensivstation» 
Syrien-Gespräche mit Russland «nicht tot, aber auf der Intensivstation» 
Ein herber Rückschlag: USA beenden Gespräche mit Russland über Waffenstillstand für Syrien
89
Ein herber Rückschlag: USA beenden Gespräche mit Russland über Waffenstillstand für Syrien
#StingerEffect: Die neueste Lösung für den Syrien-Konflikt kommt aus Hollywoods Traumfabrik
23
#StingerEffect: Die neueste Lösung für den Syrien-Konflikt kommt aus Hollywoods Traumfabrik
von Kian Ramezani
Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Kriegsverbrechen in Syrien
Bundesanwaltschaft ermittelt wegen Kriegsverbrechen in Syrien
Wieder Klinik bombardiert: Luftangriff auf Aleppo trifft eines der letzten Spitäler
10
Wieder Klinik bombardiert: Luftangriff auf Aleppo trifft eines der letzten Spitäler
Wieder Spitäler in Aleppo bombardiert – UNO-Chef Ban Ki Moon spricht von «Kriegsverbrechen»
7
Wieder Spitäler in Aleppo bombardiert – UNO-Chef Ban Ki Moon spricht von «Kriegsverbrechen»
Bekannter deutscher Journalist interviewt «Al-Nusra»-Kommandant – alles nur ein Fake?
55
Bekannter deutscher Journalist interviewt «Al-Nusra»-Kommandant – alles nur ein Fake?
Feuerpause für Syrien rückt in Reichweite
Feuerpause für Syrien rückt in Reichweite
Krieg? Welcher Krieg? Mit diesem Video will Syrien Touristen an seine Strände locken 
10
Krieg? Welcher Krieg? Mit diesem Video will Syrien Touristen an seine Strände locken 
Was hat der Westen mit den Flüchtlingen zu tun? Diese 10 Punkte zeigen es
46
Was hat der Westen mit den Flüchtlingen zu tun? Diese 10 Punkte zeigen es
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
15 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
15
UBS-Präsident Kelleher spricht mit US-Vertreter über möglichen Umzug in die USA
Die UBS soll sich derzeit konkret mit einem Umzug in die USA befassen. Wie die Financial Times berichtet, soll sich Verwaltungsratspräsident Colm Kelleher mit US-Finanzminister Scott Bessent über das Thema unterhalten haben. Dies, falls der Bund bei den neuen Kapitalvorschriften nicht nachgibt.
Zur Story