Und jetzt alle: «Jö!» – 17 klassische Microcars, die herziger sind als du
Mitbekommen? Dem Schweizer Kleinst-EV Microlino droht in Europa das Aus:
Grund sei die europäische Regulierung: Die sogenannte L7e-Kategorie – also die Auto-Klasse der Microcars – fällt durch alle Förderraster. Keine Subventionen, keine CO₂-Gutschriften, keine tieferen Steuern. Derweil profitieren Besitzer von Elektro-SUVs und Luxuslimousinen von Steuererleichterungen.
bild: microlino
Echt jetzt? SUV-Ungetüme, die den Platz von drei Microlinos auf der Strasse einnehmen, gelten als subventionswürdig, während ultraleichte Stadtflitzer leer ausgehen?
Dabei hiess es doch immer, die Zukunft des Individualverkehrs in urbanen Gebieten seien kompakte und praktische Kleinstautos! Wer in den Siebzigerjahren ein Kind war, wusste ganz genau, wie die Zukunft – also unsere heutige Gegenwart – aussehen würde: Jedes Haus hat einen Putzroboter, wir alle laufen in silberfarbenen Aluminium-Anzügen herum, und die Autos sehen so aus:
Okay, eigentlich ist dieses Design gar nicht allzu weit weg von dem hier ...
... (obwohl wir jetzt nicht sicher sind, wie gut obiges Siebzigerjahre-Zukunftsmobil beim Euro-NCAP-Crashtest abschneiden würde), aber das nur nebenbei.
Nein, hier geht es um eine Auto-Klasse, bei der ein Smart als geradezu grosszügig definiert gelten würde:
Microcars, eine Auto-Gattung, die mit der Elektrifizierung des Individualverkehrs geradezu für unsere Stadt- und Agglo-Ballungszentren prädestiniert wäre, in denen wir alle wohnen. Und zudem eine, die bereits einmal eine Hochblüte erleben durfte. Denn nicht umsonst ist der erwähnte Microlino ...
... designmässig mehr als nur ein bisschen an das hier angelehnt:
BMW Isetta
Von 1955 bis 1962 gebaut, gilt dieses «Motocoupé» (so nannte es BMW) als eines der Symbole des sogenannten «deutschen Wirtschaftswunders». Doch das Design war italienisch, war der BMW Isetta letztlich ein Lizenzbau von dem hier:
Iso Isetta
Von Flugzeugingenieuren entwickelt und vom Kälteanlagenhersteller Iso Rivolta zwischen 1953 und 1955 gebaut, sollte sich dieses Design als Blaupause für etliche Kabinenroller erweisen (im Falle des Microlino gar bis zum heutigen Tag). Nebst in Deutschland von BMW gab es den Isetta als Lizenzbau mitunter auch in Frankreich (Vélam), Spanien (Iso do España Borgward), Brasilien (Romi) sowie in Grossbritannien und Argentinien.
Weitgehend demselben Design, inklusive der nach vorn sich öffnenden Türe, folgte auch die ...
Heinkel Kabine
... die von 1956 bis 1958 in Produktion war.
(Gemerkt? Wir befinden uns schon mitten im Microcar-Listicle. Yay!)
Und mit den Heinkels und den Isettas wären die wohl bekanntesten klassischen Microcars der Fünfzigerjahre beinahe abgehakt. Fehlt nur noch der hier:
Messerschmitt Kabinenroller
Die Tatsache, dass sowohl Heinkel als auch Messerschmitt berühmte Flugzeughersteller der Nazi-Ära waren, wird selbst dem flüchtigsten Beobachter nicht entgehen. Die Tatsache, dass viele Heinkel-Designs Bomber waren, in denen Pilot und Navigator nebeneinander sassen (wie Fahrer und Beifahrer in der Heinkel Kabine), während bei Messerschmitts schlanken Flugzeugen Pilot und Navigator hintereinander sassen (wie im Messerschmitt Kabinenroller), ist jedoch bestenfalls eine Anekdote.
Messerschmitts Kabinenroller, der von 1953 bis 1964 gebaut wurde, war auch Namensgeber für die deutsche Bezeichnung dieser gesamten Auto-Klasse. Im Englischen haben sie indes einen süsseren Ausdruck dafür: Bubble cars – Bläschen-Autos.
Doch es gibt etliche weitere Bubble- und sonstige Microcars als die oben erwähnten sattsam bekannten. Hier einige der erstaunlichsten:
Peel P50
Das kleinste massenproduzierte Auto der Weltgeschichte wurde von 1962 bis 1965 auf der Isle of Man hergestellt. Nummernschild gesehen? Jap, diese Dinger hatten eine Strassenzulassung – obwohl sie keinen Rückwärtsgang hatten, ...
... was allerdings nicht allzusehr störte, da man sie einfach aufhob, um sie zu parkieren.
Es gab auch einen Zweiplätzer, den Trident.
Und dann noch jene berühmte «Top Gear»-Episode, in der Jeremy Clarkson einen ganzen Arbeitstag mit dem Peel zu bewältigen versucht:
Und: GOOD NEWS! Der Peel P50 wird weiterhin hergestellt!
Beide Modelle. Und auch als Elektroautos.
Brütsch Mopetta
Aus Stuttgart, hergestellt von 1956 bis 1958, hatte die Mopetta einen 50-cc-Motor und erreichte eine Spitzengeschwindigkeit von 45 km/h. 1958 wurde sie abgelöst vom geradezu extravagant dimensionierten Brütsch V2, das als «Volks-Zweisitzer» angepriesen wurde:
Zündapp Janus
Wo ist vorn und wo hinten? Diese beiden Fotomodels (nicht im Lieferumfang inbegriffen) scheinen sich auch nicht ganz sicher zu sein. Die Produktion lief 1958 an ... und endete noch im selben Jahr. Doch der Zündapp Janus lebt weiter ...
... als Professor Zündapp aus Cars 2!
Derweil, in Japan:
Fuji Cabin, 1955
Nur 85 dieser Dinger wurden 1955 in Japan gebaut. Heute holen sie deswegen an Auktionen gut und gerne sechsstellige Summen.
Allard Clipper
Die Allard Motor Company aus Clapham im Südwesten Londons ist bei Automobilfans am ehesten für ihre Renn- und Nachkriegs-Renn- und Sportwagen bekannt, die erstmals das Konzept des leichten britischen Sportwagens mit einem PS-starken amerikanischen V8 umsetzten (das unter anderem Jahre später von Carroll Shelby mit seinem Cobra eindrucksvoll umgesetzt wurde). Allard produzierte aber auch eine kleine Serie dreirädriger Microcars mit Glasfaserkarosserie in den Jahren 1953 bis 1954: Der dreirädrige Clipper war als Familienkutsche konzipiert. Schaut mal genau hin! Die sitzen dort zu fünft!
Gaitan Auto-Tri Huevo
Okay, über dieses Ding findet man verdammt wenig Information. Wir wissen bloss, dass es 1953 in Spanien hergestellt und von einem 125cc-Vespa-Motor angetrieben wurde. Und ja, «huevo» bedeutet Ei.
Goggomobil Dart
Okay, richtig gefetzt hat er mit seinen 293 Kubikzentimeter Hubraum schon nicht wirklich – Lotus-Optik hin oder her.
Prvenac 250cc
Aus Jugoslawien erreicht uns dieses Geschoss. Genauer: erreichte uns, denn es stammt aus dem Jahr 1958. Noch genauer: Es erreichte uns gar nie, da es ausserhalb seines Landes kaum verkauft wurde. Aber es hat vier Räder, was immerhin mehr ist als viele der hier aufgelisteten Vehikel. Und es kommt noch besser: Zwei dieser vier waren in der Mitte, während je einer vorn und hinten montiert war. «Diamantform» nannte man sowas und war stolz auf den Wendekreis von knapp drei Metern.
Quasar Unipower
Endlich ein Auto, das spezifisch entworfen wurde, um darin gesehen zu werden! Und zwar am besten in einem Minijupe. Jaja, man schrieb das Jahr 1968, wo man alle gängigen Normen über den Haufen werfen wollte. Zumindest wollte dies der französisch-vietnamesische Autodesigner Quasar Khanh. Ja, die Sitze waren aus aufblasbarem Plastik (so wie ein Schwimmring).
Hanomag Korbwagen
Dieser Einsitzer aus dem Jahr 1928 war die Budget-Version des ohnehin bereits als Budget-Auto konzipierten Hanomag «Kommissbrot». Wem also der Einzylinder-500cc-Motor, die zwei Sitze und die Metall-Karosserie des Serienfahrzeugs zu grosskotzig erschienen, konnte auf diesen Marktkorb mit Rädern zurückgreifen.
Fuldamobil N
Ebenfalls von einem Einzylinder-Zweitaktmotor angetrieben, war das Fuldamobil von 1951. Gemäss Werksangaben erreichte er damit gut und gerne 75 km/h. Really? Wohl kaum jemand war mutig genug, die Probe aufs Exempel zu machen.
Ferves Ranger
Und das, liebe Kinder, ist tatsächlich ein Offroader auf Basis des Fiat 500 (des alten, winzigen 500, nicht des neuen, merklich grösseren 500). Ferves stand für Ferrari Veicoli Speciali und wurde in den Sechzigerjahren tatsächlich vom legendären Sportwagenhersteller fabriziert. Ganze 50 Stück sollen heute noch existieren, was erklärt, weshalb das obige Teil anno 2019 für sage und schreibe 196'000 Dollar unter dem Hammer kam.
Und zum Abschluss, nun was sehr, sehr cooles:
Bond Bug
Der Supersportwagen unter den Microcars: Der von 1970 bis 1974 hergestellte Bond Bug. Dazu konzipiert, ausschliesslich Models in Minijupes und Nancy-Sinatra-Stiefeln zu transportieren. Kein Wunder bei einem derart funky Interieur!
In Wahrheit war da viel mehr Schein als Sein. Das Teil lief 126 km/h, aber durch die extrem tiefe und schräge Sitzlage kam es dem Fahrer wie 226 km/h vor. Bis heute gilt der Bug als Kultauto und besitzt eine treue Fangemeinde – unter ihnen Popstar Robbie Williams, der am Ende seines Clips zu «Millenium» einen Bong Bug besteigt ... und damit mit einer Panne am Strassenrand stehen bleibt.
