Die Hallen des Basler Messezentrums verwandeln sich dieses Wochenende in ein Paralleluniversum. Zum drittel Mal findet dort die Fantasy Basel statt. Sie ist die grösste Comic-, Game- und Film-Tagung der Schweiz, bei der an die 50'000 Fantasie-Enthusiasten erwartet werden. Was für manche ein witziger Wochenendausflug ist, stellt für andere ein Stückchen der Welt dar, in der sie gerne leben möchten.
Wer diese Menschen sind, was sie fasziniert und welcher Traumwelt sie gerne angehören würden, sollen die folgenden zwölf Kurzporträts ans Licht bringen.
Christoph, 35, Lagerist
Gimli ist ganz anders als Christoph. Er ist ein wenig so, wie ich gerne wäre. Denn Gimli kann sich alles erlauben, man kennt ihn und er wird geachtet. Man nimmt es ihm nicht übel, wenn er Blödsinn erzählt oder sich grundlos mit jemandem prügelt. Obwohl ich nichts von dem mache, geniesse ich bereits die Möglichkeit, dass ich das alles tun könnte. Oder anders gesagt: dass ich als jemand wahrgenommen werde, der üblicherweise solche Dinge treibt. Ich cosplaye heute zum ersten Mal. Es fühlt sich grossartig an.
Loredana, 24, Hotelangestellte
Ich bin immer ich. Auch wenn ich die böse Perona spiele. Ich finde ihren Look einfach total krass. Er wirkt böse auf eine angepisste Art und Weise. Das bin zwar nicht ich, aber ich mag es, zur Abwechslung so wahrgenommen zu werden. Ich arbeite in einem Hotel, da muss ich stets freundlich sein.
Jason, 10 und seine Cosplayeltern.
Mir gefällt es hier sehr. Aber ich weiss nicht genau, als was ich verkleidet bin. Mami sag du:
Marina*, 25
Wir stellen keine spezifischen Charaktere dar. Wir haben uns ohne Vorbilder im Stile des Steampunks verkleidet. Steampunk ist im Grunde die Zukunftsvorstellung der Menschen aus dem Wilden Westen. Der wohl bekannteste Steampunk-Film ist Wild Wild West aus dem Jahre 1999.
Ich bin schon seit Jahren in der Cosplays-/ Fantasyszene aktiv. Und irgendwie habe ich meine Familie damit angesteckt. Hätte ich die Entscheidung zwischen einem Leben in der Realität, wie sie jetzt ist, und einem Leben in einer Fantasy-Welt, fiele mir die Entscheidung alles andere als schwer. In dieser Welt wird man sofort als Freak abgestempelt, lässt man seine Fantasie in der Öffentlichkeit walten. In meiner Traumwelt wäre das anders. Anlässe wie dieser sind für mich daher sehr wichtig. Wir sind die ganzen drei Tage über hier. Jeden Tag in einem anderen Kostüm. Morgen komme ich als Elfe.
Caterina, 17, Lehrling
Ich stelle hier meine Kunst aus. Ich illustriere fantasievolle Charaktere und Welten; entweder aus meinem eigenen Kopf oder in Auftrag von Leuten, die das nicht selber können oder wollen. Momentan zeichne ich Fantasy-Tattoo-Sujets. Eine Geschichte im Fantasy-Stil würde ich einer Hollywood-Romanze hundertmal vorziehen. Die Richtungen, in die sich eine Story entwickeln kann, sind so viel diverser und unvorhersehbarer als «normale» Geschichten. Alle Fantasy-Filme und -Bücher, die ich schaue und lese, schaffen es jedes Mal aufs Neue, mich komplett zu verzaubern. Mein absoluter Favorit: Harry Potter. Ich würde sofort alles aufgeben, hätte ich die Chance, in den Hausturm von Hufflepuff in Hogwarts, der Schule für Hexerei und Zauberei, einzuziehen.
Danny, 23, Printmedienverarbeiter
Seit fünf Jahren besuche ich Comic Conventions wie die «Fantasy Basel». Ich habe schon jenste Charaktere dargestellt. Heute bin ich Rem aus dem Manga «Re:Zero». Ich identifiziere mich nicht besonders stark mit diesem Charakter. Trotzdem gefällt es mir, das überfreundliche und etwas schusselige Mädchen darzustellen. Vor allem finde ich es spannend, als Mann (mir Bart und allem) ein so zierliches Mädchen zu verkörpern. Mein Freund hier stellt den Superhelden Hentai Kamen dar. Er ist der Sohn einer Domina. Er muss mit auf's Bild!
Nicole, 30
150 Stunden lang bin ich mit Ezio durch mittelalterliche Städte gejagt, habe mit ihm Aufgaben gelöst und jede Faser seiner Zauberwelt kennen und lieben gelernt. Ezio ist ein männlicher Charakter aus einer Ausgabe eines beliebten Computerspiels. Wenn ich ihn spiele, hat das für mich jedoch nichts mit meiner eigenen oder seiner Geschlechtlichkeit zu tun. Ich fühle mich zu ihm, seiner Art, zu seinem Wesen im Allgemeinen derart verbunden, dass das Geschlecht zu einer absoluten Nebensache wird. Zudem gibt es sehr wenige weibliche Charaktere in Computerspiele, mit denen ich mich identifizieren kann. Sie sind mir irgendwie zu «girly». Aber wie gesagt, in dieser Szene spielt das Geschlecht keine Rolle und deshalb sehe ich darin auch kein Problem.
Alex, 17
Sleep, eat, work and repeat. So sieht das Leben in unserer Welt aus. Bei «Leage of Legends», meinem Lieblingsgame, ist das anders. Man muss stets die Augen offen halten, ist immer angreifbar und hat grosse Ziele, die es zu verwirklichen gilt. Einen solchen Adrenalinkick wie bei diesem Spiel habe ich nicht einmal, wenn ich Klettern gehe. Damit ich mich der Fantasy-Welt ein bisschen näher fühle, habe ich mich heute mit ein paar Merchandise-Artikeln eingedeckt. Ich habe mir ein Katana, das ist ein japanisches Schwert, eine Maske, ein Shirt und ein Paar Handgelenk-Stülpen gekauft. Insgesamt habe ich 172 Franken verbraten.
Florian*, 25, IT-Techniker
Seit sechs Jahren gehöre ich zum Furryfandom. In dieser Szene kann ich meine tierische Seite ausleben. In meinem Fall sind das die Charakterzüge eines Kängurus: verspielt, duselig, überdreht und immer gut drauf. Es ist nicht so, dass ich mich als Florian nicht gut fühlen würde oder nicht genau so lebensfreudig wäre, wie ArikanRoo es ist. Es geht viel mehr darum, dass diese Art von Gefühlen und Umgangsformen als Mensch schwierig oder komisch auszudrücken sind. Als buntes kuscheliges Känguru geht das viel einfacher. Seit ich meinen Anzug habe, kann ich diese Seite an mir völlig ausleben und das fühlt sich fantastisch an. Einen solchen Anzug kriegt man ab 2000 Franken.
Urpicha, 24
Ich bin eine leidenschaftliche Gamerin. Zu meinen Spezialitäten gehören kriegerische Strategiespiele. Rinkha ist eine Kriegerin aus dem Spiel «Fire Emblem – Fates». Sie ist wie ich: eine burschikose, starke Frau, die kein Pardon kennt. Hätte ich die Chance, ich würde sofort mein Leben gegen ihres eintauschen. Da das leider nicht geht, gebe ich mich damit zufrieden, ab und zu mal in ihre Haut zu schlüpfen. Das Intensivste am Cosplayen ist für mich dann aber doch nicht das Spielen der Rolle, sondern viel mehr die Vorbereitung. Der Moment, wenn du um drei Uhr morgens vor einem Cosplay-Event dein Kostüm endlich zu Ende bringst, ist unvergleichbar befriedigend.
Franklin, 26
Meine Freundin und ich sind beide mit Herzblut in der Fantasy-Szene dabei. Sie zeichnet hier Bilder von Besuchern und ich betreue ihre Kunden und sorge mich um die Kasse. Ich spiele heute meinen Lieblingscharakter, Son Goku aus Dragonball. Er ist der Grösste! Seine Eigenschaften sind Gerechtigkeit, Ehrlichkeit und Kampfwille. Aber trotzdem ist Son Goku sehr unschuldig. Er inspiriert mich.
Akira, 22
Vor sieben Jahre haben mich meine Cousins in die Welt des Cosplays eingeführt. Sie wohnen in Thailand, wo Animes und Mangas viel verbreiteter sind als hierzulande. Mittlerweile ist es meine grösste Leidenschaft. Ich nähe meine Kleider selber, bin Friseuse, Make-Up-Artistin und Fotografin gleichzeitig. Es geht mir gar nicht so sehr um das Abtauchen in eine andere Welt oder darum eine andere Person zu sein. Der ganze technische Prozess fasziniert mich eigentlich am meisten. Heute bin ich Raquel Alucord aus dem Kampfspiel «BlazBlue». Raquel ist eine Vampirdame, die Tee über alles liebt und immer ihre Katze mit in den Ring nimmt.
Mateo, 19
Meine Freundin Lea cosplayt schon seit vier Jahren. Heute hat sich mal mitgenommen. Mit gefällt's eigentlich ganz gut hier.