Dass das Bedürfnis, den Löwenanteil jedes Monatslohnes in neonfarbene Kostüme und Plastikschwerter zu investieren, niemals den Mainstream erreichen würde, überrascht kaum. Auch wenn sich Marvel mittlerweile zur festen Grösse in Schweizer Haushalten entwickelt hat, ist Cosplay hierzulande längst nicht so verbreitet, wie zum Beispiel in Asien oder Amerika.
Für Einige unter uns mag es schwierig nachzuvollziehen sein, dass es das Selbstbewusstsein pushen kann, sich als japanische Elfe oder intergalaktischer Soldat zu verkleiden. Diese Charaktere werden Animes, Videospielen, Comics und mittlerweile so ziemlich jeder möglichen fiktiven Quelle entnommen. Jeder Figur können dabei innerhalb ihres jeweiligen Universums klare Eigenschaften zugesprochen werden.
Das sieht dann so aus: Cosplayer aus aller Welt
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Die besten Cosplays
Die Welt der Videospiele, der Filme und der Bücher ist etwas Tolles. Es gibt viele Fans rund um die Welt. Einige davon machen sich die Mühe, solche unglaublichen Kostüme zu zaubern, wie diese beiden, die als Jessie und James von Team Rocket aus «Pokemon» auftreten.imgur.com
Was ist «Cosplay»?
Der Begriff Cosplay, das japanische Kofferwort aus den englischen Begriffen costume und play (frei übersetzt «Kostümspiel»), wurde von Nobuyuki Takahashi geprägt, dem Gründer des japanischen Verlages Studio Hard. Takahashi verwendete seine Neuschöpfung erstmals im Juni 1983 in einem Artikel für die Zeitschrift «My Anime».
Dabei verhält es sich ja mit den Standard-Promis und ihren eigenen Modelabels nicht viel anders: Wir kleiden uns wie Beyoncé oder Kanye, Dogherty oder Hadid. Und fühlen uns dabei ein kleines bisschen grösser, schöner, selbstbewusster, als wir es eigentlich wären.
Im Vergleich dazu sind Cosplayer offensichtlich ehrlicher, nehmen sich selbst nicht so ernst und stehen zu ihrem Hobby. Anstatt sich jeden Morgen für den Alltag in eine Maske zu begeben.
«Ich war immer das verrückte asiatische Mädchen in der letzten Reihe, das im Unterricht diese abgefahrenen Barbie-Puppen zeichnete»
Natürlich waren es die Japaner mit ihrer Überfülle an Animes, die diesen Stein damals lostraten. Sailor Moon und Captain Future in der Fussgängerzone. Und so entspringen auch die Charaktere hauptsächlich einer asiatisch oder mittlerweile auch kaukasisch geprägten Ästhetik und wurden anschliessend durch einen Filter von Wunsch und Fantasie gezogen.
Eine Fantasie, der kaum jemand entsprechen kann. Barbie lässt grüssen. Und wenn sich auch mit Makeup und Requisiten die Differenz zum Original oft überbrücken lässt, so treten manche natürliche Gegebenheiten wie etwa die Hautfarbe nur umso deutlicher hervor.
Und damit scheinen viele «Spieler» ein Problem zu haben.
Für viele Cosplayer nicht okay: Spielerin mit dunkler Hautfarbe, die eine eigentlich hellhäutige Figur darstellt.
Lightning Farron, Soldier first class.afrokhaleesi
Rosa Haare: Kein Problem. Platteauschuhe: Kein Problem. Falsche Hautfarbe? Problem. Dies ist zumindest der Eindruck, den man gewinnt, hält man sich eine Weile in den Kommentarsektionen einschlägiger Cosplay-Websites auf. Die Wortmeldungen sind allerdings zu absurd und oft persönlichkeitsverletzend, als dass sie an dieser Stelle zitiert oder auch nur verlinkt werden.
Ein schwarzer Spiderman, eine dunkle, weibliche Captain America; man würde vermuten, dass diese gerade in einer Welt der Künstlichkeiten nur irrelevante Abweichungen vom Original darstellen. Einem Original, das durch unmögliche Physis, Kugelaugen, Stupsnasen und die Gravitation verachtende Proportionen besticht.
Umso irritierender, wenn in eben diesem Milieu plötzlich auf Detailtreue gepocht und Dunkelhäutigen in Online-Foren nahegelegt wird, doch bei Schusters Leisten zu bleiben, nicht die Figuren zu «entehren». Man begegnet den abwegigsten Vorwürfen.
Chaka Cumberbatch, seit Jahren enthusiastisch in der Szene unterwegs, hat sich zu diesem Thema geäussert.
«Meine Nase sei zu breit, die Lippen zu gross, ich hätte ein ‹Gesicht wie ein Gorilla› und sei nicht geeignet für so einen süssen Charakter, weil ich schwarz bin. Meine Perücke war mal zu blond, mal nicht blond genug. Oder sie war ghetto, weil ich sie auf dem Kopf hatte und schwarz war und sie dadurch ghetto wurde.»
Wenn auch der erste Impuls wäre, zu erwarten, dass eine Minderheit erst recht sensibilisiert sein müsste für Mechanismen der Ausgrenzung ... so bleibt doch bei pragmatischer Betrachtung nur das Fazit:
Exklusion in einer sich durch Abgrenzung definierenden Gesellschaft. Nichts Neues im Westen.
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Die erste Fantasy-Messe lockt 20'000 Game-, Film, und Comic-Fans nach Basel
Posierende Cosplayer werden fotografiert an der ersten Fantasy Basel in der Messe in Basel am Donnerstag 14. Mai 2015.