Mit dem Begriff ‹Shooting Brake› oder ‹Shooting Break› bezeichnet man eine besondere Karosserievariante eines Automobils: Ein Coupé mit Steilheck, das mit seiner Heckklappe eher einem Kombi als einer Limousine ähnelt. Im Unterschied zum üblichen Kombi ist ein Shooting Brake insgesamt sportlicher und eleganter gestaltet.
Danke, Wikipedia. Ja, Leute, was hier folgt, ist eine Ode auf eine der obskureren Autoklassen der Mobilitätsgeschichte. Dinger, die etwa wie folgt aussehen:
Grossartig, nicht? Abgekürzt darf man sagen, ein Shooting Brake ist ein Sportwagen oder GT, den man zum Kombi gemacht hat.
Lotus Elan +2S Shooting Brake, 1974.Bild: wikicommons
Shooting Brakes erlebten eine kurze Popularität in den Sechziger- und Siebzigerjahren, besonders in Grossbritannien. Allerdings ist «Popularität» hier eher relativ zu verstehen: Zu teuer und deshalb zu exklusiv waren die angebotenen Modelle.
Vom Aston Martin DB5 gab es 1966-1971 verschiedenste Shooting-Brake-Sonderfertigungen.Bild: astonengineering.co.uk
Denn: Die wenigsten Shooting Brakes gab es einfach so ab Werk (obwohl die folgenden Beispiele einige der wenigen Ausnahmen sind, welche die Regel bestätigen).
Volvo P1800 ES von 1972 (genannt «Schneewittchensarg»), der wohl bekannteste in Serie hergestellte Shooting Brake.Bild: motor1.com
Reliant Scimitar, von 1968 bis 1986 nahezu unverändert hergestellt.Bild: autoclassics.com
Nein, die gängige Art, eine derartige Sportkutsche zu erstehen, war, das Auto bei einem dafür spezialisierten Karosserienbauer zu bestellen, der einem dann den Aston, Ferrari o.Ä. mit akribischer Handarbeit in der Manufaktur fertig baute.
Etwa dieser Ferrari 330 GT 2+2 Shooting Brake von der Edelmanufaktur Luigi Chinetti Jr. Bild: rmsothebys.com
Will heissen: Sauteure, exklusive Dinger waren das, und deshalb stets ein Nischenprodukt. Aber was für eines!
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Ferrari 365 GTB/4 Shooting Brake
Nochmals eine Kreation von Luigi Chinetti Jr. – Ferrari 365 Daytona GTB/4 Shooting Brake!
quelle: italianways.com / italianways.com
Vielleicht liegt der Grund für die inhärente Eleganz dieser Vehikel in der Etymologie des Begriffs: «Break» nannte man auf Englisch früher Fuhrwerke, die man benutzte, um den Widerstand noch nicht gezähmter Pferde zu brechen («to break») und ihren Bewegungsdrang zu bremsen («to brake»), damit sie als Arbeitspferde einsetzbar wurden. Weil jene Fuhrwerke dabei leicht beschädigt werden konnten, verwendete man solche, die man nicht für andere Zwecke dringend benötigte. Man versah diese Brakes allenfalls mit leichten Aufbauten, die etwa nur dazu dienten, das zur Jagd nötige Schiesszeugs mitzuführen. Ein solches Fahrzeug nannte man «Shooting Brake».
Oder «break de chasse» auf gut Französisch, so wie bei der offiziellen Modellbezeichnung dieses Ferrari 250 GT.Bild: pinterest
Wer einen motorisierten Shooting Brake fährt, gehört gewissermassen in die Genealogie kauziger in Tweed-Anzügen gekleideter Country-Gentlemen. Zum Fahren etwas Sportliches, bitte, aber im Heck genügend Platz für Schrotflinten und so.
Ländlicher als bei diesem Jaguar XK 150 Shooting Break geht's kaum, hat man doch den Heck eines Morris Minor Travellers mit dem Sportwagen kombiniert.Bild: totallycars.club
Auch die Amerikaner experimentierten mit der Idee eines Shooting Breaks, wobei die meisten beim Konzept blieben, wie etwa bei diesem Ford Mustang aus dem Jahr 1965. Bild: petrolicious.com
Pontiac Firebird Trans Am Type K Prototype, 1977 – ...Bild: pinterest
... schade, ist er nie in Produktion gegangen!Bild: pinterest
Auch Porsche versuchte sich am Shooting Break: Der 928 H50 aus dem Jahr 1987 blieb ein Unikat, da er strukturelle Probleme aufwies, die nicht effizient gelöst werden konnten. Bild: classicdriver.com
Der Porsche 924 DP Cargo hingegen war ein Custom-Design von DP Motorsport in Köln.Bild: classicdriver.com
Vergleichsweise erfolgreich war die britische Firma Lynx, die in den Achtzigerjahren den edlen Eventer anbot, eine Shooting-Brake-Version des Jaguar XJ-S.Bild: yahoo
Gewiss, der Shooting Brake überlebte bis jüngst – Autos wie der Ferrari FF, Alfa Romeo Brera oder BMW Z3 Coupé kommen einem spontan in den Sinn. Doch eigentlich – *eigentlich* – hat ein geiler Shooting Brake aus den Sechziger- bis Achtzigerjahren zu sei und muss zwingend offenkundige Merkmale aufweisen, die aufzeigen, weshalb der Wagen niemals der Fliessbandproduktion entstammen kann.
Und nichts ist weniger «Fliessband» als John Dodds «The Beast» von 1969: Das Ding hatte einen 27-Liter Rolls-Royce-Merlin-V12–Flugzeugmotor und war weit mehr als 300km/h schnell (falls man mutig genug war).Bild: theamazoeffect.com
Oder anders ausgedrückt: Wer anno dazumal einen Shooting Brake besass, hatte zuhause vermutlich auch einen Conversation Pit.
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Shagadelic, Baby! Wir wollen «Conversation Pits» zurück!
1957 entwarf der finnisch-amerikanische Architekt Eero Saarinen ein Haus in Columbus, Indiana, das eine Besonderheit aufwies: Mitten im weitläufigen Wohnzimmer befand sich eine quadratische Vertiefung, die mit hellroten Sofasitzen, rosa Teppichen und gemusterten Kissen gesäumt war.
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Die beliebtesten Kommentare
Turi
02.02.2019 17:51registriert März 2016
Baroni, deine Beiträge sind einfach frisch. Lese ich immer gerne.
Nicht so wie beim Rest der Watson Crew, die aus politischer Korrektheit nur gewisse Themen beackern dürfen/wollen/können, und auch die nur mit ideologischer Schlagseite.
WWM-Kandidat scheitert krachend: Mit Geografie und Grammatik bringst du es heute weit
Nur wenige mögen sie, doch wir alle brauchen sie: die Grammatik. Sie strukturiert unsere Kommunikation und hilft uns bei der Verständigung. Aber warum muss sie nur so kompliziert sein? Das dürften sich auch einige von euch fragen, nachdem ihr die «Wer wird Millionär?»-Frageleiter unten gespielt habt. Denn hat man die Frage für 16'000 Euro einmal verstanden, fällt die Antwort leicht.