Wow, bereits 20 Jahre sind es her, seit mit «Lock, Stock and Two Smoking Barrels» Kino-Geschichte geschrieben wurde. «Bube, Dame, König, grAS» heisst der Streifen auf Deutsch (womit eine weitere fragwürdige deutsche Filmtitel-Übersetzung sich in die Liste fragwürdiger deutschen Filmtitel-Übersetzungen reiht).
Mit diesem ungemein schmissigen Wurf wurde der British Gangster Movie endgültig aufs internationale Parkett gebracht – und dabei gleich noch in die Postmoderne geführt. Das Genre per se existierte bereits seit «Get Carter» (1971) oder «The Long Good Friday» (1980) und hatte mit Michael Caine respektive Bob Hoskins bereits ikonische Hauptfiguren hervorgebracht. Doch die Komödie «Lock, Stock ...» hievte das Genre in die Ära von Cool Britannia. Klar, Figuren wie die scary Schläger Big Chris oder Barry the Baptist waren übermenschlich, doch die vier Hauptfiguren Bacon, Eddy, Tom und Soap … na, die waren eher Jungs wie du und ich.
Deshalb: Zieht euch den Streifen doch wieder mal rein! Und als Beilage dazu gibt's von uns 20 Fakten zu 20 Jahren «Lock, Stock and Two Smoking Barrels»:
Jap, die gesamte Crew bekam kurzfristig frei, weil die Nachricht rein kam, dass Vinnie Jones, der den Geldeintreiber Big Chris spielt, in Untersuchungshaft war. Offenbar hatte er seinen Nachbar zusammengeschlagen.
Mitglied der legendären «Crazy Gang» von Wimbledon FC – im obigen Bild in Aktion gegen den jungen Gazza zu bewundern –, spielte «Football’s Hard Man», wie er von der Presse bald einmal getauft wurde, auch für Chelsea, Leeds, Sheffield, sowie QPR.
Er hält heute noch den Rekord für die schellste gelbe Karte im Fussball:
Fünf Sekunden, Leute. Fünf fucking Sekunden.
Vinnie als Big Chris rächt sich an Dog (der kurz vorher Vinnies 10-jährigen Sohn Little Chris bedroht hat), indem er seinen Kopf mit der Autotür zertrümmert. Vinnie spielte die Szene derart überzeugend, dass Regisseur Guy Ritchie und die gesamte Crew danach sprachlos waren.
Die britische Ombudstelle für Filmzensur wurde bei Veröffentlichung des Films wegen jener Szene mit Beschwerden regelrecht überflutet. Dabei ist kein Blut zu sehen, keine Verletzungen, nichts.
Genug über Vinnie Jones gelabert! Okay, vielleicht noch das: Er war einer der etlichen Laien, die in «Lock Stock» ikonische Rollen bekamen und danach Schauspielkarrieren starten konnten. Auch für Hauptdarsteller Jason Statham war es das erste Mal, das er schauspielte.
Statham war ein ehemaliger olympischer Turmspringer, ...
... der auch mal als Model für Sportmode jobbte ...
... und ab und an als Statist in Werbe- und Musikvideos unter kam. Hier ist er in Leopardenunterhosen in «Comin’ On» von The Shamen zu sehen:
Zwischendurch verkaufte er gefälschten Schmuck und Parfüm an den Strassenecken Nordlondons. In dieser Eigenschaft wurde er Ritchie vorgestellt, der einen Betrüger für «Lock, Stock» brauchte und bereits Stathams Kumpel Vinnie Jones besetzt hatte.
Es war der Beginn von Stathams Schauspielkarriere und vermutlich auch das Ende seiner Karriere als Parfüm- und Schmuckhändler.
«The Hard Case», 1995:
Die Handschrift ist aber bereits zu erkennen, nicht?
Der englische Titel «Lock, Stock and Two Smoking Barrels» ist eine Anspielung auf die Redewendung lock, stock and barrel, die sich von den drei wesentlichen Teilen eines Gewehrs ableitet und soviel wie «mit allem Drum und Dran» oder «mit Stumpf und Stiel» bedeutet.
Trudie Styler, Produzentin, Schauspielerin, Yoga-Instruktorin und Ehefrau von Sting, entdeckte das Drehbuch zu «Lock Stock». «Es war anstrengend zu lesen», so Trudie, «es war ein sehr langes, unfokussiertes Drehbuch mit schrecklichen Tippfehlern – wirklich schlecht präsentiert.» Doch sie erkannte das Potential und machte sich auf die Suche nach Geldgebern.
Da ist er, als Pub-Besitzer JD.
Der Film hatte Schwierigkeiten, einen amerikanischen Verleih zu finden, also rief Trudie Styler einen Freund an – ein gewisser Tom Cruise. Wäre er daran interessiert, an einer Vorführung für potenzielle Käufer in Hollywood teilzunehmen? Nicht um selbst Käufer zu werden, sondern einfach, um den Film zu sehen? Produzent Matthew Vaughn erinnerte sich: «Es war zum brüllen. Da sassen all diese mittleren Führungskräfte, und Cruise kam rein. Plötzlich sassen alle bolzengerade in ihren Sesseln und fuchtelten mit ihren Handys. Und plötzlich tauchten all diese Filmverleih-Bosses auf. Am Ende stand Tom vor allen auf und sagte: ‹Das ist der beste Film, den ich seit Jahren gesehen habe, ihr Jungs wärt Narren, ihn nicht zu kaufen›.»
Wenn Mr. Jolie einen Film sieht, den er liebt, ruft er die Person an, die ihn gemacht hat. Genau das tat er mit Guy Ritchie. «Er rief mich an und sagte mir, dass er ein Teil dessen sein wolle, was ich als nächstes tue. Egal, welche Rolle.» Also schrieb man in «Snatch», dem Nachfolgefilm von Regisseur-Produzenten-Duo Guy Ritchie und Matthew Vaughn, eigens für Pitt die Rolle des Boxers «One Punch» Mickey ins Drehbuch rein. Mit der Rolle als irischstämmiger Zigeuner konnte auch das Problem umgangen werden, dass Pitt einen authentischen Ostlondoner Akzent wohl nicht glaubwürdig hinbekommen hätte.
Das anfängliche Budget war für ein Debutfilm wohl ohnehin unrealistisch, obwohl daran erkennbar ist, wie sehr Ritchies Drehbuch geschätzt wurde (trotz Tippfehler). Nach einer ersten Runde Castings fiel aber ein Grossteil der Finanzierung durch. Ritchie begann, Kürzungen vorzunehmen (einschliesslich aller Gagen) und fand neue Geldgeber (unter anderem seine Pateneltern), was aber einige Jahre dauerte. Zu diesem Zeitpunkt war aus dem Big-Budget-Movie eine kantige Indie-Produktion geworden – was wahrscheinlich ohnehin besser zur Story passte.
Schliesslich generierte der Film 47 Millionen Pfund. Kein schlechter Profit.
Guy Ritchie teilte die Crew in fünfköpfige Teams gemäss ihrer Rollengruppierungen ein, ergo die vier Haupt-Jungs plus Sting waren ein Team, die Drogendealer ein anderes. Gewonnen hat – wen wundert's – das Team von Ganovenboss Harry the Hatchet, da Ex-Profispieler Vinnie Jones mit dabei war.
Die Queen of Pop gehörte zu den berühmteren Fans des Films und war besonders vom Soundtrack angetan. Sie kontaktierte Ritchie und Vaughn und fragte, ob ihr Label, Maverick, den Soundtrack des Films in den USA veröffentlichen könne. Daraus entstand schliesslich eine Romanze mit Ritchie und im Jahr 2000 eine Hochzeit (und 2008 eine Scheidung).
Das ursprüngliche Filmeende liess alles offen: die vier Hauptfiguren gingen mit dem Geld davon während Big Chris und sein Sohn ihnen folgten, um es zurückzubekommen. Beim Testpublikum kam dies gar nicht gut an. In aller Eile schrieb Ritchie auf einer Zigarettenschachtel das neue, etwas aufwändigere Finale, und die Besetzung wurde wieder zusammengerufen, um es zu filmen.
Ein Problem: Jason Flemyng, der Tom spielt, hatte sich für sein nächstes Projekt die Haare wachsen lassen. Deshalb trägt Tom in den letzten Minuten des Films eine Wollmütze.
Ebendieser Flemyng hatte bei ebendiesem Nachdreh immer noch erhebliche Spielschulden von der Hauptproduktionszeit ausstehend, weshalb er für die zusätzlichen vier Drehtage, keinen Lohn bekam.
Lenny McLean, ehemaliger Nacktfaust-Boxer, verurteilter Krimineller, Türsteher, Personenschützer und – mit «Lock, Stock» – Schauspieler, erkrankte während dem Dreh. Es stellte sich als Rippenfellentzündung heraus. Bei weiteren Röntgenuntersuchungen stellte sich zudem heraus, dass McLean an Lungenkrebs litt, welcher bereits Metastasen in seinem Hirn gebildet hatte. Er starb kurz darauf am 28. Juli 1998, einige Wochen bevor der Film in die Kinos kam. Guy Ritchie widmete ihm den Film und liess hierfür die Plakate und auch den Abspann des Films ändern.
Das deutsche Supermodel wurde ursprünglich als Eddies Freundin besetzt. Sie beendete die Dreharbeiten, wurde aber später nach negativen Testvorführungen herausgeschnitten. Kurze Zeit später aber ehelichte sie Matthew Vaughn, den Produzenten.
Vaughn produzierte mit Regisseur Ritchie den Nachfolgefilm «Snatch». Bei der dritten gemeinsamen Produktion, «Layer Cake» beerbte er den Regiestuhl von Guy Ritchie, der während dem Dreh ausstieg. Vaughn führte in der Folge Regie bei Hollywood-Blockbuster wie «Kick Ass», «X-Men: First Class» oder «Kingsman». Ritchie führte Regie bei der «Sherlock Holmes»-Filmreihe. Und «Layer Cake»-Hauptdarsteller Daniel Craig wurde James Bond. Und das alles ist einem Film zu verdanken, der mit weniger als einer Million gedreht wurde.
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