Endlich wieder etwas richtiges zu essen! Kaum ist Chris Bertish in English Harbour auf der Karibik-Insel Antigua angekommen, schnappt er sich einen Burger und beisst herzhaft ab. Kein Wunder, dass er Heisshunger hat: Denn er hat soeben mit reiner Muskelkraft den Atlantik überquert. Mit insgesamt mehr als zwei Millionen Paddel-Schlägen.
Bertish ist der erste Mensch, der es geschafft hat, den atlantischen Ozean als Stand-up-Paddler zu überqueren. Mehr als drei Monate lang war er auf hoher See: 93 lange Tage lang, ohne Begleitung. Sein Rezept, um das Vorhaben durchzustehen? «Du brichst einfach alles herunter, nimmst Stunde für Stunde, Minute für Minute. Du musst einfach an dich glauben», sagte der 42-jährige Südafrikaner nach seiner Ankunft. Aufgebrochen zum Abenteuer war Bertish im marokkanischen Agadir – mit rund zehn Kilogramm mehr auf den Rippen und noch ohne Robinson-Crusoe-Gedächtnisbart.
Sein Gefährt ist natürlich kein Paddle Board, wie man es von Schweizer Seen kennt – damit wäre das Unterfangen unbegleitet nicht möglich gewesen. Die Spezialanfertigung kostete rund 100'000 Franken und hat eine wasserdichte Mini-Koje, in der Bertish sich schlafen legen konnte. Sie bot ihm Schutz vor der Hitze oder bei stürmischem Wetter und in ihr bewahrte er GPS- und Funkgeräte sowie seine Astronauten-Nahrung und Nüsse auf. «Ich ass eigentlich jeden Tag das gleiche, 93 Tage lang.»
Die raue See machte die Reise teils zur Tortur. Mehr als einmal kenterte der Stand-up-Paddler. Es lohnte sich also, dass sein Board über eine Vorrichtung verfügt, die es in so einem Fall automatisch wieder umdreht.
Zu bis zu sechs Meter hohen Wellen kam auch noch die Gefahr eines Hai-Angriffs. Bertish beschreibt in seinem Log-Buch, wie ein grosser, vier bis fünf Meter langer Weisser Hai sein Board ins Visier genommen habe: «Er kam mir so nahe, dass ich ihn hätte anfassen können. Doch er war kamerascheu: Als ich meinen Apparat bereit hatte, war er weg.» Ein Adrenalinschub jagt durch den Körper des Abenteurers, der Puls schnellt in die Höhe. «Ich habe mein Messer sicher mindestens zwanzig Minuten lang in der Hand gehalten.»
Bertish hakte die Begegnung ab unter der Rubrik «Unvergessliches Erlebnis und eine tolle Geschichte». Und er bilanzierte: «Was soll ich sagen … ich war seither nicht mehr oft schwimmen!»
Täglich ist Bertish mit seinem Team an Land in Kontakt, das ihn mit neuen Wetterdaten versorgt. Dazu liest er auch viele Nachrichten von Fans, die seine Reise verfolgen. «Wenn sie schreiben, wie meine Geschichte ihr Leben beeinflusst, wie sie nun auch daran glauben, dass alles möglich ist, dann inspiriert das auch mich», schreibt er unterwegs.
Es ist das, was Chris Bertish angetrieben hat: Allen zu beweisen, dass alles möglich ist im Leben. «Wenn dir jemand sagt ‹es geht nicht› oder ‹das kann man nicht machen›, dann kannst du ihm antworten: ‹Vielleicht für dich, du kannst es nicht. Aber ich kann es versuchen!›»
See Chris' last moments at sea & photos of his arrival celebration over at @SUPthemag https://t.co/J1FF1NAPyT #TheSupCrossing @CarrickWealth pic.twitter.com/smuwBNTOJt
— Chris Bertish (@chris_bertish) 10. März 2017