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Wie kommt man nach Proxima b? Und wie lange dauert die Reise?

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So könnte es auf der neuen Erde Proxima b aussehen. Bild: ESO/M. Kornmesser/Handout via Reuters

Wir haben eine neue Erde gefunden – aber wie kommt man dahin? Und wie lange dauert die Reise?

27.08.2016, 19:5526.05.2020, 22:17
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Schon sein Name klingt verheissungsvoll: «Proxima b» heisst der neuentdeckte erdähnliche Planet, der in unserem Nachbarsystem den Stern Proxima Centauri umkreist, einen sogenannten Roten Zwerg. «Proximus» ist Latein und bedeutet: «der Nächste», «ganz nahe».

Tatsächlich ist Proxima Centauri nur 4,24 Lichtjahre – das sind rund 40 Billionen Kilometer – von unserer Sonne entfernt. Keine andere Sonne befindet sich näher an der Erde; der Exoplanet Proxima b ist damit unser nächster Nachbar im All. In kosmischen Massstäben sind 4,24 Lichtjahre ein Katzensprung: Wäre die Milchstrasse so gross wie die Stadt Zürich, läge zwischen den beiden benachbarten Sonnen nur eine Distanz von einem guten halben Meter.

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Proxima b umkreist die Sonne Proxima Centauri, ein Roter Zwerg im Centauri-System. ESO/M. Kornmesser/Handout via ReutersBild:

Kein Wunder sprechen nicht nur die Astronomen von einer sensationellen Entdeckung. Bisher entdeckte Exoplaneten befanden sich meist in unfassbarer Entfernung von unserem Sonnensystem, zudem handelte es sich überwiegend um unwirtliche Gasplaneten.

40'000 Jahre nur für den Hinflug

Nicht so der neuentdeckte Nachbar: Proxima b weist nicht nur eine angenehme Grösse auf – etwa das 1,3-fache der Erdmasse –, er umkreist auch sein Zentralgestirn in der sogenannten habitablen Zone. Sollte es Wasser auf dem Exoplaneten geben, würde es dauerhaft in flüssiger Form vorliegen, was eine Voraussetzung für erdähnliches Leben ist.

Proxima b ist damit der heisseste Kandidat für eine interstellare Reise. Leider stellt der Katzensprung von 4,24 Lichtjahren für unseren derzeitigen technischen Stand eine unüberwindliche Distanz dar; jedenfalls wenn man für das Erreichen des Ziels das Kriterium «innert nützlicher Frist» heranziehen will. Zum Vergleich: Der bisher einzige Himmelskörper, auf den Menschen tatsächlich ihren Fuss setzen konnten, ist der Mond. Und der ist nur gerade 1,5 Lichtsekunden entfernt.

This artist rendering released by NASA shows NASA’s Voyager 1 spacecraft barreling through space. The space agency announced Thursday, Sept. 12, 2013 that Voyager 1 has become the first spacecraft to  ...
Raumsonde Voyager 1: Kein anderes von Menschen gemachtes Objekt ist bisher weiter ins All vorgestossen. Bild: AP NASA

Auch das bisher einzige von Menschen geschaffene Objekt, das unser Sonnensystem verlassen hat, müsste noch eine ganze Weile weiterfliegen, bis es Proxima b erreichen würde: Die Raumsonde Voyager 1, gestartet am 5. September 1977, käme dort erst in rund 74'000 Jahren an. Und das, obwohl die Sonde mit beachtlichen 17 Kilometern pro Sekunde (km/s) durch den interstellaren Raum rast. Auch die derzeit maximal erreichbaren 30 km/s (108 000 km/h) würden die Reisezeit – wohlverstanden nur für den Hinflug – lediglich auf etwa 40'000 Jahre verkürzen.

Mit konventionellen Konzepten, wie sie bei den Mondflügen zur Anwendung kamen, kommt man leider nicht sehr weit.

  • Chemische Antriebe für Raumschiffe – Treibstoff wird verbrannt und das Gas dann ausgestossen – besitzen zwar eine hohe Schubkraft, sind aber für derart lange Reisen ungeeignet.
  • Ebenfalls auf dem Rückstossprinzip beruhen Ionenantriebe, die bei einigen Sonden bereits eingesetzt werden. Der Impuls der ausgestossenen Ionen, den diese Triebwerke nutzen, reicht freilich nicht, um in den Bereich der Lichtgeschwindigkeit vorzustossen.
  • Und auch der im Prinzip heute schon machbare nukleare Pulsantrieb, bei dem eine Reihe von Atomexplosionen direkt hinter dem durch eine massive Stahlplatte geschützten Raumschiff gezündet würden, könnte das Distanzproblem wohl nicht lösen.
Künstlerische Darstellung eines Orion-Raumschiffs aus der NASA-Entwurfsphase, hier in der Heckansicht
Künstlerische Darstellung eines Orion-Raumschiffs mit nuklearem Pulsantrieb. Die Nasa arbeitete in den 50er- und 60er-Jahren an dem Projekt. Bild: Nasa
Ionen-Antrieb in der Dawn-Mission der Nasa (engl.)YouTube/Dawn Mission Engagement and Communications (E/C)

Per Laser-Antrieb ins Centauri-System

Sofern man auf die «Nutzlast Mensch» verzichtet, könnte die Reise jedoch wesentlich verkürzt werden. Zumindest wenn man dem berühmten britischen Physiker Stephen Hawking glaubt: Zusammen mit Facebook-Gründer Mark Zuckerberg unterstützt er das Projekt Breakthrough Starshot, das eine nur wenige Gramm schwere Raumsonde in nur 20 Jahren ins Centauri-System bringen will.

Die Antriebstechnik dafür existiert vorerst nur in der Theorie: Die Raumsonde soll über ein riesiges Segel verfügen, auf das von der Erde aus leistungsstarke Laser zielen. Der Rückstoss der Photonen könnte eine solche Mini-Sonde innert zehn Minuten auf ein Viertel oder ein Fünftel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen.

Diese enorme Geschwindigkeit würde aber spätestens bei der Ankunft im Orbit von Proxima b zum Problem, denn zum Abbremsen wären erneut riesige Energiemengen vonnöten. So könnte die Sonde wohl nur eine Fly-by-Mission ausführen und müsste nach ein paar schnell geknipsten Fotos weiter in die Tiefen des Weltalls rasen.

epa05256960 A grab from a computer animated video provided by the Breakthrough Initiatives on 13 April 2016 shows laser beams hitting an ultra-light spacecraft over planet earth. British astrophysicis ...
Laser sollen das ultraleichte Segel auf einen Viertel der Lichtgeschwindigkeit beschleunigen. Bild: EPA BREAKTHROUGH INITIATIVES

Sobald man aber Menschen auf den fernen Exoplaneten bringen möchte, kommt man mit diesem Verfahren nicht zum Ziel. Sollte ein Astronaut zu Lebzeiten wenigstens den Hinflug schaffen, müsste sein Raumschiff mindestens zehn Prozent der Lichtgeschwindigkeit erreichen. Das ergäbe inklusive Beschleunigungs- und Bremsphase eine Reisezeit von mehr als 44 Jahren. Solche Geschwindigkeiten sind mit den gegenwärtigen technischen Mitteln nicht zu erreichen – vielleicht aber mit jetzt noch hypothetischen Fusions- oder Antimaterie-Antrieben.

Noch weit hypothetischer sind Möglichkeiten der Fortbewegung, die jedem Science-Fiction-Fan bestens vertraut sind: Wurmloch oder Hyperraum. Oder – nun endgültig im Bereich der Fiktion – der charmante, aber etwas unzuverlässige Unendliche Unwahrscheinlichkeitsantrieb aus Douglas Adams' Per Anhalter durch die Galaxis.

«Unendlicher Unwahrscheinlichkeitsdrive.»YouTube/daSiew

Raumschiffe als Konserven

Sofern sich die Geschwindigkeit nicht entscheidend steigern lässt, müssten Reisewillige auf ganz andere Methoden zur Überwindung der enormen interstellaren Distanzen zurückgreifen. Zwei mögliche Lösungen für das Problem einer solchen Langzeitmission sind Generationen-Raumschiffe und «konservierte» Besatzungen auf Schläferschiffen.

Die Crew eines solchen Schläferschiffs würde in einen Kryoschlaf – eine Art künstlichen Winterschlaf – versetzt, in dem die Lebensprozesse extrem verlangsamt ablaufen oder angehalten sind. Einmal am Ziel angekommen, wird die Besatzung reanimiert. Dieses Konzept ist in Science-Fiction-Filmen sehr beliebt.

Animiertes GIFGIF abspielen
Das erste, was es nach dem Kryoschlaf zu tun gibt. Gif: itsokguys.com

Generationen-Raumschiffe dagegen müssten eine eigene, autarke Welt darstellen; gewissermassen eine Erde im Miniformat. Die erste Generation der Astronauten würde an Bord gehen, um sich dort fortzupflanzen. Und ohne Aussicht darauf, das Schiff jemals wieder lebend zu verlassen. Eines der Hauptprobleme wäre dabei, das ökologische Gleichgewicht an Bord zu bewahren.

Bei extremen Langzeitmissionen über tausende von Jahren hinweg müsste auch damit gerechnet werden, dass die auf dem Schiff lebenden Menschen allmählich das Ziel aus den Augen verlieren und sich komplett an ein Leben auf dem Schiff anpassen würden.

Generationen-Raumschiff
Generationen-Raumschiffe müssten sehr gross sein. Bild: msnlv.com

Wie enorm ein Zeitraum von 40'000 Jahren ist, wird einem vielleicht klar, wenn man so weit in die Vergangenheit zurückblickt: Ungefähr vor 40'000 Jahren starb der Neandertaler aus. Es ist daher durchaus vorstellbar, dass die Besatzung eines Generationenschiffs mit der Zeit vergessen würde, dass sie auf einem Raumschiff lebt und dieses für die ganze Welt hält.

Wie gross ist das All, wie klein sind wir: Der «Galaxy-Song» aus dem Monty-Python-Film «Der Sinn des Lebens» (1983). YouTube/Monty Python

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37 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Murschetg
27.08.2016 21:20registriert Mai 2016
Vor nicht ganz 100 Jahren war alles noch zu Fuss zu erreichen. Mit maximalen Geschwindigkeiten von ca. 5km/h war jede Stadt im Grunde genommen abgelegen. Man musste also im Wohnort arbeiten und seine Zeit dort verbringen. Im Vergleich dazu wirken die heutigen Möglichkeiten schier unglaublich.
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Homelander
27.08.2016 23:02registriert Oktober 2014
ES IST KEINE ZWEITE ERDE! Der Planet ist erdähnlich. Alles was wir wissen ist, dass er sich in der habitablen Zone eines Sternes befindet. So wie Mars auch. That's it.
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MisterM
27.08.2016 22:52registriert Januar 2015
Vielen Dank! Ist leider schon lange her, seit ich auf Watson einen so interessanten und nicht-reisserischen, sachlichen und bodenständigen Artikel dieser Länge gelesen habe (mit Ausnahme derjenigen des SPIEGELS). Nochmals: Danke!
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