Die gute Nachricht: Wenn man sie lange und konsequent genug durchhält, funktioniert am Ende vermutlich so ziemlich jede Diät (wie gesund sie ist, sei dahingestellt). Die schlechte Nachricht: Zumindest mir ist bisher noch keine begegnet, die sich mit meinem Alltag vereinbaren lässt. Aber es gibt ja immer wieder Neues. Ich habe also drei der gerade angesagtesten Diäten auf ihre Alltagstauglichkeit getestet. Ich betone: NUR auf ihre Alltagstauglichkeit. Jede zwei Tage lang. Wobei ich davon ausgehe, dass ich bei konsequenter Einhaltung über eine längere Zeit mit jeder von ihnen zwei, drei Kilo abgenommen hätte.
DASH bedeutet «Diätischer Ansatz zum Stopp von Hochdruck» und wurde ursprünglich entwickelt, um Bluthochdruck zu senken. Die Diät beruht eigentlich auf einer ganz normalen gesunden Ernährung – also viel Obst und Gemüse, wenig Fett und Zucker. Das Besondere: Es ist nur ein Teelöffel Salz pro Tag erlaubt. Das sind gut fünf Gramm. 100 Gramm Brot enthalten je nachdem schon 1,5 Gramm Salz. 100 Gramm Käse knapp drei Gramm. Das Käsebrot kann man also schon mal knicken – auch das mit Vollkorn.
Ich mache mich auf die Suche nach Rezepten. Frühstück ist meist nicht so ein Problem. Meine beiden hauseigenen Teenager mampfen meist schweigend und übel gelaunt irgend etwas vor sich hin, ich frühstücke erst später, nachdem ich laufen war. Mein Anspruch ans Zmorge ist zwischen Sport, Homeoffice und Haushalt vor allem einer: schnell und unkompliziert. Das ganze vorgeschlagene Chia-Pudding- und Kokos-Milchreis-Zeug fällt flach. Also Pilz-Omelett mit Tomaten. Ohne Salz. Etwas fad, aber was solls.
Schwieriger wird’s am Mittag. Da wir in einem Land leben, das nicht besonders viel von zahlbaren Tagesschulen hält, muss ich mittags jeweils einen hungrigen Teenager füttern. Einen, der notabene 1.80 gross ist und eine Verbrennung hat wie eine ganze Kehrichtverbrennungsanlage. Dem muss ich gar nicht mit Eiern mit Curry-Sauce oder Birnen-Pasta kommen. Ich entscheide mich für Linsen-Gemüse-Bolognese und hoffe, er hält die Linsen für Hackfleisch. Tut er natürlich nicht. Er isst mit Todesverachtung – aber er isst.
Abends dasselbe in Grün – mit zwei Teenies am Tisch. Rosenkohl-Pasta? Avocado mit Mandelkruste? Kürbissalat mit Bohnen? Wollt ihr mich verarschen? Gibt’s nichts Normales? Ich mach das Normalste, das ich finde – Poulet mit Pilzen – und schaue zu, wie das eine Kind naserümpfend sein Essen seziert und das andere haufenweise Salz drüber schmeisst. Was soll's. Es sind alle ernährt, und tags darauf gibt’s einfach das Gleiche nochmal. Ende der Diskussion.
Sängerin Adele soll mit ihr 45 Kilo abgenommen haben. Der Fokus liegt hier auf Lebensmitteln, welche das Fettverbrennungs-Enzym Sirtuin anregen. Das sind vor allem – oh Wunder – Früchte und Gemüse, aber auch Rotwein und dunkle Schokolade gehören dazu. Klingt doch gar nicht so schlecht. Bis man sich die Regeln genauer ansieht: In der ersten Woche sind nur 1000 Kalorien pro Tag erlaubt, in der zweiten 1'500. Ääääh – ja. Also mit 1000 Kalorien pro Tag nehm' ich auch ab, wenn ich einfach ein Pack Chips esse und sonst nichts. Dies nur am Rande.
Also los. Zum Frühstück gibt’s einen Smoothie. Am Mittag hab ich die grandiose Auswahl zwischen Eier-Broccoli-, Blumenkohl- oder Grapefruit-Avocado-Salat. Ich mach der Einfachheit halber den letzten und für meinen Sohn eine Tiefkühlpizza. Tomatensauce hat schliesslich auch Vitamine. Und abends? Süsskartoffel-Grünkohl-Suppe. Oder Grünkohl-Suppe. Oder Grünkohl-Eintopf. Wenn es um Grünkohl geht, hab ich es fast ein bisschen wie mein Sohn mit Gemüse im Allgemeinen: «Es ist schon Essen – einfach nicht für Menschen!» Aber da war doch noch was? Yes! Mein Znacht ist eine Tafel dunkle Schoggi und ein Glas Rotwein. Die Kinder kriegen Pasta mit Tomatensauce. Und morgen gleich nochmal!
Diese Diät ist sowas wie eine Mathe-Aufgabe – was schon mal eine denkbar schlechte Bedingung ist für mich, ich bin im Umgang mit Buchstaben wesentlich besser als mit Zahlen. Ich wähle die 16:8-Variante (es gibt noch andere), was bedeutet, dass alle drei Mahlzeiten innerhalb von acht Stunden eingenommen werden sollen. Die 16 Stunden Fasten dazwischen kurbeln die Fettverbrennung an. Natürlich soll auch hier möglichst gesund gegessen werden.
Beim Googeln stosse ich auf folgenden Vorschlag: «11 Uhr: Müsli, 14 Uhr: Broccoli-Süsskartoffel-Salat, 18.30 Uhr: Kürbis-Blumenkohl-Curry». Kann ich schon mal knicken. Mit dem Schul-Kind muss ich in dessen Mittagspause essen, was bedeuten würde, dass ich das Acht-Stunden-Zeitfenster nach vorne schieben müsste, und es so irgendwann zwischen 17 und 18 Uhr Abendessen gäbe. Völlig unrealistisch.
Ich entschliesse mich für die einfachste Variante: Ich verzichte aufs Frühstück. Und lasse am Mittag und Abend Nudel-Gurken-Salat und Wirsing-Apfel-Gemüse links liegen und koche einfach normal, also halbwegs gesund mit Gemüse und Salat. Klingt total easy – bis ich merke, dass der Verzicht aufs Zmorge auch bedeutet, auf Milch im Kaffee zu verzichten. Der ist nur schwarz erlaubt. Ich versuch's. Wirklich. Und scheitere schliesslich – an der einfachsten von allen Vorgaben. Ich kann 1000 Kalorien pro Tag. Ich kann Apfel-Wirsing-Blumenkohl-Zeug. Aber ohne Cappuccino am Morgen geht gar nichts.
Wer Kinder hat, muss entweder sehr viel Zeit und Geduld haben, um Rezepte rauszusuchen oder doppelt zu kochen, oder sehr ungewöhnliche Kinder, die sehr ungewöhnliche Dinge mögen, um eine Diät in seinen Alltag integrieren zu können.
Aber vielleicht habt ihr ja den ultimativen Diät-Tipp. Dann teilt ihn bitte mit uns in der Kommentarspalte!