11.12.2017, 08:5711.12.2017, 22:27
Vielfältiges Angebot wichtig für Demokratie
Für ein kleinräumiges, mehrsprachiges Land wie die Schweiz mit ihrer direkten Demokratie sei ein vielfältiges Medienangebot wichtig, argumentiert der Bundesrat. Die Initiative nehme in Kauf, dass nur noch produziert werde, was rentiere.
Problematisch für Romands, Tessiner und Rätoromanen
In eine besonders schwierige Situation kämen die Randregionen und Sprachminderheiten, hält der Bundesrat weiter fest. Je kleiner das Einzugsgebiet, desto unrealistischer sei es, ein Angebot rein kommerziell zu finanzieren. Die Schweiz wäre das erste Land Europas, das den Service public-Auftrag für Radio und Fernsehen abschaffen würde
Ja bedroht SRG, Lokalradios und Regional-TV
Ein Ja würde bei der SRG und den betroffenen Lokalradios und Regionalfernsehsendern zu grossen finanziellen Einbussen führen, schreibt Leuthards Departement in einer Mitteilung. Bei der SRG mache die Gebühr rund 75 Prozent des Budgets aus.
Kahlschlag bei Sendungen über wichtige Themen
Bei einer Annahme käme es zu einem massiven Abbau des heutigen Angebots. Viele Sendungen würden verschwinden, vor allem auch jene über gesellschaftlich und politisch wichtige Themen.
Gefahr durch politische Einflussnahmen
Mit einer rein kommerziellen Finanzierung nähme die Abhängigkeit von privaten Geldgebern und ausländischen Konzernen zu. Damit stiege auch die Gefahr der politischen Einflussnahme. (cbe/sda)
Der Liveticker zur Pressekonferenz mit Doris Leuthard zum Nachlesen
Damit ist die Medienkonferenz zu Ende. Der Auftritt von Bundesrätin Doris Leuthard bezweckte, die wichtigsten Argumente des Bundesrates für eine Ablehnung der No-Billag-Initiative vorzustellen. Damit ist die heisse Phase des Abstimmungskampfs endgültig eingeleitet. Über die Initiative und somit die Zukunft nicht nur der SRG, sondern der gesamten Schweizer Medienlandschaft, entscheiden die Stimmbürger am 4. März 2018. Über alle Aspekte des Abstimmungkampfs informieren wir euch natürlich auf watson. Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit!
Der Bundeshauskorrespondent der«Basler Zeitung» (im Mitbesitz von Christoph Blocher) will wissen, ob «das Ausbreiten der SRG und die Konkurrenzierung der Privaten» ein Fehler gewesen sei, und die radikale Initiative «die Quittung dafür»? Schliesslich sei es ja ein schweizerisches Prinzip, dass der Staat mit Steuergeldern nur das macht, was Private nicht leisten könnten. Doris Leuthard antwortet: «Hier spricht ein wenig Ihre Gesinnung aus Ihrer Frage». Die SRG konkurrenziere nicht die Privaten. Ihr Unterhaltungsangebot finde nur in einem Rahmen statt, derdem Service-Public-Auftrag entspreche. Ausserdem sei es der SRG verboten, Online-Werbung zu machen, und das sei richtig so. Die für die privaten Verleger schmerzhaften Werbeeinbussen würden vor allem im Print stattfinden, wo die SRG keine Konkurrenz ist.
Rund 6000 Stellen wären bei der SRG und den konzessionierten regionalen Sendern bedroht. Was mit diesen Personen geschehen würde, sollte die Initiative angenommen werden, kann Leuthard nicht sagen: «Über diese Frage müssten die SRG und die regionalen Sender entscheiden. Der Bund ist nicht Betreiber.»
Die von der Initiative gesetzt Frist zur Umsetzung innerhalb eines Jahres sei kaum realistisch. Das Parlament könne innerhalb dieses Zeitrahmens kaum ein Ausführungsgesetz zur Initiative ausarbeiten. Der Bundesrat würde deshalb innerhalb einer Übergangsphase wohl per Verordnung über die Umsetzung der Initiative befinden.
Die Initiative verbiete es, der SRG auf anderem Weg finanzielle Unterstützung durch die Öffentlichkeit zukommen zu lassen. Deshalb wäre der Bundesrat verpflichtet, innerhalb eines Jahres, also bis 31. Dezember 2018, den Gebührenzufluss abzustellen. «Es wäre ein begleitetes Sterben», sagt Leuthard. Einen Einnahmenwegbruch dieser Grössenordnung könne die SRG unmöglich mit Werbegeldern kompensieren. Auch Vorschläge, man könne die SRG ja via Kulturförderung finanzieren, seien unrealistisch: «Eine SRG, die nur Kultur bietet, ist nicht überlebensfähig».
Ein Ja zur No-Billag-Initiative würde aus Sicht des Bundesrates der Medienvielfalt und der Meinungsbildung in der Schweiz schaden. Der Einfluss privater Geldgeber und ausländischer Konzerne würde steigen, warnt der Bundesrat.
Volk und Stände stimmen am 4. März über die No-Billag-Initiative ab, die eine Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren verlangt. Am Montag hat Medienministerin Doris Leuthard dargelegt, warum der Bundesrat die Initiative ablehnt.
Ein Ja würde bei der SRG und den betroffenen Lokalradios und Regionalfernsehsendern zu grossen finanziellen Einbussen führen, schreibt Leuthards Departement in einer Mitteilung. Bei der SRG mache die Gebühr rund 75 Prozent des Budgets aus. Bei einer Annahme käme es zu einem massiven Abbau des heutigen Angebots.
Für ein kleinräumiges, mehrsprachiges Land wie die Schweiz mit ihrer direkten Demokratie sei ein vielfältiges Medienangebot wichtig, argumentiert der Bundesrat. Die Initiative nehme in Kauf, dass nur noch produziert werde, was rentiere.
Viele Sendungen würden verschwinden, vor allem auch jene über gesellschaftlich und politisch wichtige Themen. Mit einer rein kommerziellen Finanzierung nähme die Abhängigkeit von privaten Geldgebern und ausländischen Konzernen zu. Damit stiege auch die Gefahr der politischen Einflussnahme.
In eine besonders schwierige Situation kämen die Randregionen und Sprachminderheiten, hält der Bundesrat weiter fest. Je kleiner das Einzugsgebiet, desto unrealistischer sei es, ein Angebot rein kommerziell zu finanzieren. Die Schweiz wäre das erste Land Europas, das den Service public-Auftrag für Radio und Fernsehen abschaffen würde. (sda)
Die erste Journalistenfrage: Was sagen sie den Leuten, welche mit einem Ja zur Initiative liebäugeln, um ein Zeichen zu setzen? Das sei ein Trugschluss. Mit der Initiative würde ein Kahlschlag erfolgen, es ginge nicht darum, der SRG «eins ans Bein zu geben».
Das sei die zentrale Frage, die sich mit der Initiative stelle. Wolle man im Gegensatz zum restlichen Europa die Medienlandschaft ganz dem Markt überlassen? Mit einem Ja zu No Billag gebe es weniger Schweiz und weniger Vielfalt.
Gemäss dem neuen RTVG gibt es für die SRG ein Einnahmendach von 1,2 Milliarden so Leuthard. Auch der oft geäusserte Vorwurf, die SRG breite sich ungebremst aus, sei falsch. Die SRG habe in den letzten 10 Jahren keinen einzigen neuen Sender in Betrieb genommen. Vielmehr sei einer geschlossen worden (Radio Switzerland International) und der zweite Sender der italienischsprachigen RSI werde neu nur noch als Internet-Angebot geführt.
Die Kritik aus Gewerbekreisen am neuen Gebührensystem, welches ab 2019 mit dem RTVG eingeführt wird, stösst bei Leuthard auf Unverständnis. Das Volk habe – wenn auch knapp – Ja gesagt zu dieser Reform. Sie bedeute zwar, dass Unternehmen, wie bisher, Radio- und Fernsehgebühren bezahlten. Diese seien aber nicht mehr geräte- bzw. betriebstättenabhängig. Eine Firma bezahle nur noch einmal pro Jahr einen Beitrag, unabhängig davon, wieviele Betriebsstätten er besitze. Der Service Public der SRG beinhalte auch Berichterstattung über Wirtschaftsthemen, die für die Unternehmen wichtig ist. «Ich kenne ausserdem kein Hotel oder keine Boutique, wo nicht irgendwo im Hintergrund ein Radio läuft», so Leuthard.
Bundesrätin Doris Leuthard geht jetzt auf die Argumente der Befürworter ein: Die Idee, dass die Kantone in die Lücke springen könnten, um ein Informations-Grundangebot zu finanzieren, sei unrealistisch. In kleinen Kantonen seien diese Kosten viel höher als in grossen Kantonen. Auch die Idee, dass sich einzelne Angebote via Pay-TV finanzieren lasse, funktioniere bei näherer Betrachtung nicht. Pay-TV müsse sich rentieren, und dass sei nur bei Angeboten der Fall, die auf grosses Interesse stosse – für Sportangebote aus der Schweiz sei dieses Interesse etwa nicht in ausreichendem Ausmass vorhanden. Ein Bezahlangebot für Radio sei heute aus technischen Gründen schon gar nicht möglich.
Für die meisten Sender in und über die Schweiz würde ein Ja zu No-Billag das Aus bedeuten. Nur in einzelnen bevökerungsreichen Regionen wie Zürich würden Sender möglich sein, allerdings nur mit begrenztem Angebot und nur in einer Sprache. Der Blick nach Deutschland mit 10 mal mehr Einwohnern und nur einer Sprache zeige, dass auch dort ein Informationsangebot nur mithilfe einer Gebührenfinanzierung möglich.
Leuthard zählt auf, wie wichtig die SRG und die konzessionierten regionalen TV- und Radiosender in mehreren Bereichen ist: Die Kultur, die Filmförderung, die Förderung Schweizer Musik, die Berichterstattung über Sport.
Heute finanziere die SRG ihr Informationsangebot in französischer, italienischer und rätoromanischer Sprache quer, indem Gebührengelder aus der Deutschschweiz in die anderen Sprachregionen fliessen. Am freien Markt seien überregionale Radio- und TV-Sender, die ein ausreichendes Informationsangebot böten, nur in der Deutschschweiz refinanzierbar.
In allen europäischen Länder werde ein Informationsangebot mit irgendeiner Form von öffentlicher Unterstützung finanziert.
Im Gegenzug für die Gebührenfinanzierung werde eine Gegenleistung erbracht. Die SRG und die anderen Gebührenempfänger seien verpflichtet, Service-public-Leistungen zu erbringen. Und zwar in allen vier Sprachregionen.
Die Produktion von Radio- und insbesondere TV-Sendungen habe hohe Fixkosten. In der kleinräumigen, mehrsprachigen Schweiz lassen sich diese nur schwierig am Markt wieder einspielen.
Als Entscheidungsgrundlage für demokratische Entscheidungen seien Analysen, Recherchen und Berichterstattung der Medien seien von grosser Bedeutung. Das gelte sowohl für Zeitungen als auch für Radio und Fernsehen.
Die No-Billag-Initiative sei eine Grundsatzabstimmung. Es gehe um die Rolle der Medien in einer Demokratie.
Das Wort hat Doris Leuthard (CVP), die UVEK-Vorsitzende.
... zum Liveticker. In wenigen Minuten treten Doris Leuthard und Bakom-Direktor Philipp Metztger vor die Medien und erläutern, weshalb der Bundesrat die No-Billag-Initiative ablehnt.
Alles zur No-Billag-Initiative [05.03.2018,cbe]
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