Es gibt zwei mögliche Erklärungen für den aktuellen Wuffi-Hype auf Instagram: a) Hunde sind die neuen Katzen. Oder b) wir sind erwachsen geworden und trauen uns endlich selbst die Verantwortung für das Haustier zu, das uns die Eltern früher verwehrt haben.
Im Jahr 2017 wurden in der Schweiz jedenfalls rund eine halbe Million Hunde als Haustiere gehalten. Wir haben fünf Menschen interviewt, die sich im letzten Jahr einen Hund gekauft haben – und nachgeforscht, was sich seither in ihrem Leben verändert hat. Zum Guten, wie zum Schlechten. (Aber mehr zum Guten.)
Michaela, wie heisst dein Hund, wie alt
ist er, welche Rasse und wo hast du ihn her?
Michaela: «Alfi ist ein Dackelmix, den
ich vor vier Monaten aus dem Tierquartier in Wien adoptiert habe. Er wird auf
fünf Jahre geschätzt, ist also in seinen besten Jahren. Er ist ein sehr
verschmuster, fauler und zutraulicher Hund.»
Was war die grösste
Umstellung für dich?
«Nein, es sind nicht die
frühen Morgenstunden, an
denen man von einer feuchten Schlabberzunge und aufgeregtem Rumhüpfen
aufgeweckt wird. Tatsächlich hat sich meine Hassliebe zu meinem Wohnort Wien,
die ich im letzten Jahr entwickelt habe, wieder eher in Liebeliebe entwickelt,
da es mit Alfi so viele schöne Plätze gibt und er sich über jeden Spaziergang
freut. Er hat quasi meine Wien-Depression geheilt. Eine weitere Umstellung in meinem Alltag betrifft spontane Kurztrips, die sich jetzt nicht mehr wirklich spontan durchziehen lassen, sondern mit mehr Planung einhergehen.»
Hat dein Umfeld dich
motiviert oder eher verunsichert, bevor du dir deinen Hund gekauft hast?
«Mein Umfeld hat mich
tatsächlich in gewisser Weise motiviert, einen Hund aus dem Tierheim zu holen,
gleichzeitig gab es aber auch ein paar Gegenstimmen,
die mich davon abhalten wollten. Schlussendlich habe ich für mich alle Zweifel eingeräumt – klar, ein Hund verändert deinen Alltag, deine
Spontanität wird eingeschränkt und du mutierst zum Frühaufsteher. Aber für mich war von Anfang an klar, dass jegliche ‹Anstrengung› nix im Vergleich dazu ist, einen Vierbeiner um sich zu haben.»
Wie viel Geld gibst du pro
Monat aus?
«Da Alfi ein
recht kleiner Vierbeiner ist und nur 10 Kilo wiegt, gebe ich ungefähr 50 bis 60 Franken für
Futter aus. Ausserdem ist er in unserer Haushaltsversicherung inkludiert, weshalb da
keine Kosten anfallen. Zusätzlich sollte man noch Tierarztkosten
einrechnen, also würde ich grob meine
Ausgaben auf 100 Franken im Monat schätzen.»
Was möchtest du allen
Menschen mitgeben, die noch keinen Hund haben, sich aber bald einen zulegen möchten?
«Wenn ihr mit dem Gedanken
spielt, einen Hund bei euch aufzunehmen, solltet ihr euch davor am besten mit
euren Liebsten zusammensetzen und abklären, ob ihr Support in Form von
Hundesitten und Gassigehen bekommt. Wenn euch dabei ein paar Freunde oder
die Familie unterstützen, steht euch eigentlich nichts mehr im Wege. Und bitte adoptiert einen Hund aus dem Tierheim oder einer
Tötungsstation, sie werden es euch ewig danken.»
Stephie, Erzähl mir doch bitte kurz die Basics über deinen Hund.
Stephie: «Benji ist ein Australian Shepherd. Er ist jetzt 9 Monate alt.»
Was war die grösste Umstellung für dich?
«Ich bin mit Hunden aufgewachsen. Als ich dann mit meinem Freund in unsere erste Wohnung gezogen bin, in der Haustiere leider nicht erlaubt waren, hab ich schnell erkannt, dass ein Leben ohne Hund für mich nicht geht. Es war für mich eher eine Umstellung keinen Hund zu haben, als einen im Haushalt zu haben.»
Hat dein Umfeld dich motiviert oder eher verunsichert, bevor du dir deinen Hund gekauft hast?
«Mein Freund war schnell von der Idee überzeugt und auch der Rest der Familie konnte sich mit der Idee anfreunden.
Meine Mutter fand allerdings, dass wir noch etwas warten sollten, da die Verantwortung doch viel zu gross ist. Wo sie nicht falsch liegt, aber ich finde dennoch dass ein Hund eine sehr schöne Aufgabe ist, für die ich die ‹Downsides› gerne in Kauf nehme.»
Wie oft gehst du pro Tag Gassi – und wie integrierst du das in deinen Berufs- oder Studienalltag?
«Wir haben an sich keine Gassi-Zeiten. Zumindest am Wochenende nicht. Unter der Woche gehe ich in der Früh, Mittags
und Abends. Eventuell nochmal vor dem Schlafengehen. Dass ich ihn mit in die Arbeit nehmen darf, hilft dabei
ungemein. Am Wochenende schlafen wir meistens aus und dann unternehmen wir was (wandern, baden etc.) – weshalb wir da nicht wirklich Gassi gehen, sondern das mit der Unternehmung kombinieren.»
Wie viel Geld musst du pro Monat ausgeben?
«Monatlich geben wir circa 100 Franken für den Hund aus. Am Anfang war das auf Grund von Anschaffung, Grundausstattung,
Tierarzt (Impfung, Entwurmung usw.) zwar bisschen teurer, aber es pendelt sich ein.»
Auf was verzichtest du gerne, seit du einen Hund hast?
«Ich verzichte gerne darauf ins Freibad zu gehen. Auf ausgeschriebenen Badeplätzen sind Hunde ja meistens nicht erlaubt, deshalb musste ich diesen Sommer das erste Mal auf Naturstrände zurückgreifen und ich
würde es ehrlich gesagt nicht mehr anders machen.»
Warum keine Katze? Ist doch viel praktischer, meinen die meisten.
«Mein Freund will unbedingt noch eine Katze, das kommt also auch noch. Aber Katzen waren mir noch nie ganz geheuer.
Die sind mir zu schnell, wenn sie einen kratzen wollen und sind ja generell A*löcher (lacht).»
Maria, wie heisst dein Hund, wie alt ist er, welche Rasse und wo hast du ihn her?
Maria: «Mein Hund heisst Marley (ja, wie aus dem schlechten Film). Er ist jetzt sieben Monate alt und wir haben ihn von einer Frau, die wohl während der ersten zwei Wochen mit ihm über eine schwere Krankheit informiert wurde und ihn deshalb nicht behalten wollte. Von ihr stammt auch der Name, den wir ihm nicht mehr nehmen wollten.»
Wie oft gehst du pro Tag Gassi – und wie integrierst du das in deinen Alltag?
«Als er noch ein Welpe war, bin ich mit ihm auf dem Arm wahrscheinlich zehn bis fünfzehn mal pro Tag aus dem Dachgeschoss fünf Etagen zur nächsten Wiese gelaufen, um ihm beizubringen, wo er hinmachen darf und wo es schöner ist, wenn er es lässt. Welpen können auch ihre Blase noch nicht halten, weshalb man wirklich oft raus muss. Am schönsten ist es dann, wenn andere Leute ungefragt erzählen, dass ihr Welpe nach zwei Wochen stubenrein war, während du mit drei Schichten Concealer die Nacht verblassen lässt.»
Hat dein Umfeld dich motiviert oder eher verunsichert, bevor du dir deinen Hund gekauft hast?
«Letzteres! Seit Jahren denke ich darüber nach, mir einen Hund zu holen, was ich mir schon auch mit fragwürdigen Prioritäten immer wieder selbst ausgeredet habe, aber am meisten wurde ich durch Menschen verunsichert. Denn wenn man sagt, man möchte einen Hund, steht da erst einmal eine Armada, die dir sagt, dass du ein Haus, einen Hof und am besten einen ganzen Wald brauchst, um einen Hund halten zu können. Das stimmt natürlich nicht. Aber erst einmal glaubt man ja, dass die anderen mehr über Hundehaltung wissen als man selbst. Es sind aber meistens gerade die, die keine Hunde haben und dich mit solchen Vorgaben verwirren.»
Was möchtest du allen Menschen mitgeben, die noch keinen Hund haben, sich aber bald einen zulegen möchten?
«Wenn du wirklich einem Tier ein gutes Zuhause und dir einen Buddy fürs Leben holen willst und auch bereit bist, dafür Kompromisse einzugehen, dann wird das toll. Lass dir das nicht ausreden. Natürlich, es wird blöde Phasen geben und auch anstrengende. Aber es ist auch wirklich ein schöneres Leben mit Hund.»
Wenn es etwas gibt, dass du gerne gewusst hättest, bevor du dir einen Hund gekauft hast, dann ...?
«Dass der dich vor allem mit dir selbst konfrontiert. Auf eine Art und Weise, die du übrigens nicht hast kommen sehen. Und deswegen ist es gut, dass man diese Dinge vorher nicht weiss. Man wächst ja mit seinen Aufgaben.»
Auf was verzichtest du gerne, seit du einen Hund hast?
«Auf die Banane auf meinem Frühstücksteller, die geht direkt in Marleys Mund.»
Linda, du hast seit kurzem einen Baby-Hund, richtig?
Linda: «Genau. Die kleine Loulou wurde am 25.08.2018 sechs Monate alt.
Sie ist eine kleinbleibende schwarze Mischlingsdame, kommt aus dem Tierschutz,
wurde als Neugeborenes in Spanien verwahrlost auf der Strasse gefunden.»
Wie oft gehst du pro Tag Gassi – und wie integrierst du Loulou
in deinen Berufsalltag?
«Seit sie stubenrein ist, gehen wir drei- bis viermal am Tag mit
ihr raus, mindestens einmal davon eine Stunde in den Park. Da ich gerade nicht
arbeite, klappt das ganz gut. Ich suche aber einen Job, bei dem ich sie
mitnehmen kann.»
Wie viel Geld musst du pro Monat ausgeben?
«Wir rechnen nicht ganz genau mit und sind fast unsinnig
grosszügig; das Futter ist meist selbstgemacht oder hochwertig gekauft, der
Tierarzt geht gerade am Anfang sehr ins Geld. Faustregel: circa 2000 Franken im ersten Jahr, wenn der Hund noch
jung und von der Strasse ist. Zum Beispiel für Impfungen, Kinderkrankheiten, oder
wenn sie in Scherben getreten ist. An Spielsachen und Accessoires mangelt es
ebenfalls nicht. Wir sind wie die meisten frisch gebackenen ‹Eltern›. Sehr
verliebt und deshalb ein bisschen unvernünftig.»
Hat dein Umfeld dich motiviert oder eher verunsichert, einen
Hund anzuschaffen?
«Eher verunsichert, aber ich habe mich nicht abbringen lassen. Viele
haben Angst vor der Einschränkung im Alltag und beim Reisen, der Verantwortung
mit einem Welpen.
Was ist das Schönste daran, mit einem Hund zu leben?
«Jeden Morgen nach dem Aufwachen eine minutenlange Begrüssung!»
Schwierige Frage: Hund im Bett, ja oder nein?
«Bei uns: Ja; sie ist klein und haart nicht, der Schnitt der Wohnung lässt ein Nein auch eigentlich nicht zu, es wäre auf Dauer zu stressig, vor allem nachts, sie immer rauszuschieben. Es ist für uns okay, solange sie am Bettende und auf der obersten Decke bleibt (tut sie).»
Warum keine Katze? Ist doch viel praktischer, sagen zumindest einige.
«Ich bin einfach eine Hundeliebhaberin! Meine Mitbewohnerin im
Studium hatte eine junge Katze und der Eigensinn und die Erziehbarkeitsresistenz
waren wirklich nichts für mich (lacht). Frech finde ich trotzdem eine tolle
Eigenschaft an der kleinen LouLou, sie hat zugegebenermassen ihren eigenen
Kopf, aber orientiert sich an uns und sucht unsere Nähe, zu Hause wie im Park.
Und ‹praktisch› fand ich die Katze nicht gerade – mindestens drei meiner auf
einer Stange hängenden Strickpullis mussten dran glauben, ganz zu schweigen von
dem grässlichen Pipi, das deutlich schlimmer riecht als bei Hunden.»
Maria, wie heisst dein Hund, wie alt ist er, welche Rasse und wo hast du ihn her?
Maria: «Mein Hund heisst Rubi, manchmal auch Ulf, und ist ungefähr ein Jahr alt. In ihren Dokumenten steht, dass sie Ende Mai geboren wurde, so genau weiss das aber niemand, weil sie mit ihren Geschwistern auf einer Strasse in Bulgarien von einer Urlauberin gefunden wurde und ins Tierheim gebracht wurde. Niemand weiss, ob sie ein Strassenmix oder irgendwas anderes ist. Ich habe sie direkt über Fellnasen adoptiert, die sie für mich nach Deutschland gebracht haben.»
Was war die grösste Umstellung für dich?
«Ich hatte immer viele Hunde bei mir. Jedoch waren die alle schon fertig erzogen. Rubi war vier Monate, absolut nicht erzogen, hat überall hingepullert und war wahnsinnig winzig. Dieses bei Null anfangen war neu für mich. Ich habe es geliebt, aber auch viel geweint, weil sie sehr viel Angst hatte am Anfang und ich kaum mit ihr rausgehen konnte. Ich dachte, das packen wir nie. Jetzt, nach fast einem Jahr kann ich sagen: Wir haben es gepackt.»
Wie oft gehst du pro Tag Gassi – und wie integrierst du das in deinen Berufs- oder Studienalltag?
«Ich gehe circa vier Mal am Tag mit ihr raus. Sie ist noch sehr jung und liebt andere Hunde und Rennen. Das versuche ich ihr jeden Tag zu geben. Ansonsten chillt sie den ganzen Tag neben mir auf dem Boden im Homeoffice. Drinnen ist sie pflegeleicht, ruhig und lieb. Draussen ist dann Action angesagt.»
Hat dein Umfeld dich motiviert oder eher verunsichert, bevor du dir deinen Hund gekauft hast?
«Beides. Alle haben immer ihre Hunde zu mir in Pflege gegeben, weil sie wussten, dass ich wahnsinnig gut mit Hunden kann. Es wurde mir aber auch oft gesagt: Ein Welpe – vor allem aus dem Tierschutz – ist wahnsinnig viel Arbeit. Das stimmt auch. Es ist absolut eine andere Nummer, als sich einen Cavalier King Charles vom Züchter zu holen. Aber es hat sich gelohnt.»
Was ist das Schönste daran, mit einem Hund zu leben?
«Es ist alles an und mit ihr wunderschön, da mein Hund der tollste Hund der Welt ist (logo). Ich liebe sie abgöttisch und sie vervollständigt mich. Sie ist ein absoluter Wunschhund und ich habe viel Zeit und Energie in ihre Erziehung gesteckt, weswegen sie jetzt ein Traumhund ist. Sagen alle (lacht). Sie ist mein Partner in crime. Sie tröstet mich, wenn ich weine (oft), erlebt Abenteuer mit mir und knüpft mit mir neue Kontakte. Wir sind ein Team.»
Schwierige Frage: Hund im Bett, ja oder nein?
«Kommt drauf an. Ich schlafe meistens ohne sie im Bett ein und wache dann morgens mit ihr an meiner Seite auf. Sie weiss, dass sie nicht ins Bett darf, wenn ich nicht drin bin.»
Warum keine Katze? Ist doch viel praktischer, meinen die meisten.
«Been there, done that. Ich habe immer noch den Phantomgeruch von Katzenpipi in der Nase. Ausserdem finde ich es total grausam, eine Katze nur in der Wohnung zu halten. Die werden alle irgendwann irre.»