Kunibert der Fiese
Besser kann mans nicht beschreiben 😂
Fatal sei es. Eine Zumutung, Manipulation – ja, sogar von Kindesmissbrauch ist die Rede: Ein hellrotes T-Shirt erhitzt seit Tagen die Gemüter der Ü25-Instagram-Community.
I am a Feminist too. – zu Deutsch: «Ich bin auch ein Feminist.» Dieser Spruch steht auf dem Leibchen, für das die amerikanische Modemarke J.Crew in den sozialen Medien Werbung machen will. Zu einem grossen Teil tut sie dies mit viel Erfolg. Unter dem Bild bekunden nämlich Dutzende (mutmasslich urbane Kreativschaffende) ihre Freude darüber, dass der kleine Maximilian-Leopold nun auch zum Feminismus-Hype-Accessoire werden kann. Das Shirt war zwischenzeitlich sogar ausverkauft.
Ein grosser Rest der über 10'000 Kommentare hingegen lieferte eine ganz andere Rezeption des T-Shirts, das vom Anbieter übrigens als nur für Jungs gekennzeichnet ist. Feministinnen, so sagt es eine Nutzerin, würden ihren Söhnen schon in solch einem jungen Alter beibringen, sich selbst zu hassen. Ein anderer User findet, dass es übergriffig sei, einem Kind die eigenen politischen Werte aufzudrücken. Er schreibt:
Klar ist: Dieses Leibchen scheint für niemanden einfach nur ein Kleidungsstück zu sein. Viel mehr ist es die Zündschnur für eine existenzielle Frage: Inwiefern können wir uns eine autonome Meinung bilden, unabhängig davon, mit welchen Wertvorstellungen wir aufgewachsen sind?
Schliesslich ist es doch Fakt, dass nicht nur Eltern, sondern das gesamte Umfeld eines Kindes versuchen die zukünftigen Erwachsenen von ganz bestimmten Dingen zu überzeugen. Seien es die Akademiker-Balge, die schon mit zwölf Jahren Kafka-Lektüre aufgebrummt bekommen oder die Kinder von kommunistischen AktivistInnen, welche bei den Roten Falken sozialistische Spielnachmittage verbringen müssen. Und wer kennt sie nicht, die kleinen Miniatur-Trikots der grossen Fussball- und Hockey-Clubs, welche zahlreiche Väter ihren 14 Monate alten «Jungs» überziehen. Wir sind die Menschen, zu denen wir gemacht werden. Sei es durch unsere Eltern, durch die Schule, die Gesellschaft oder all dies zusammen. Stellt sich letztlich also nur die Frage, ob es noch einen Unterschied macht, ob man sein wehrloses Kind zum Rapperswil-Fan oder zum Feministen erzieht?
Diesen Unterschied gibt es durchaus. Denn im Gegensatz zu unglücklichen Playoff-Resultaten von Rappi ist der Ärger, den man über unfaire Geschlechterverhältnisse verspürt, ein politischer Ärger. Wer sich Feministin oder Feminist nennt, tendiert dazu, ebendiesen Ärger täglich mit sich herumzutragen und ihn im besten Fall zu kanalisieren. Indem man etwa einen sexistischen Kommentar vom Arbeitskollegen kritisiert, gegen Abtreibungsgegner demonstrieren geht oder seinen Kindern eine gender-sensible Erziehung erteilt. Das ist zwar anstrengend, aber mittlerweile immer mehr salonfähig.
Doch genau dieser Zustand oder besser gesagt genau diese Möglichkeiten, die Salonfähigkeit des Wortes Feminismus gehen den wütenden Kommentarschreibern des Feminismus-Leibchen-Bubs gegen den Strich. Eine Userin schreibt zum Beispiel:
Abgesehen vom letzten Satz (als Christin spricht sie natürlich die Abtreibungs-Debatte an) hat sie damit ja nicht ganz unrecht. Würde sie ihrem Kind einen Pulli mit Reichsadler-Motiv überziehen oder ihre Nichte mit Hitler-Merchandise beschenken, wäre die Reaktion auf ein Instagram-Bild wohl um einiges heftiger. Und wiederum anders wären die Reaktionen, wenn auf so einem Shirt der Satz: «Jesus liebt mich, obwohl ich einer Vergewaltigung entsprungen bin.» stehen würde. Die Fundi-Instagrammerin hat auch einen Ärger und der ist ebenfalls politischer Art. Aber ihr Ärger kriegt keine Plattform und keine süssen Kinder-T-Shirts.
Wieso? Weil ihrem politischen Ärger Menschenverachtung, Frauenhass, ja, vielleicht auch Rassismus unterstellt wird. Und mit diesen Unterstellungen will kein Modehaus in Verbindung gebracht werden. Das schädigt den Ruf. Die berühmte Idee des Mainstream-Feminismus (gleiche Rechte für Mann und Frau) ist hingegen so blumig, dass sie bei momentaner politischer Situation das Image eines Modeunternehmens unter dem Strich eher aufpoliert. Ergo am Ende des Tages Geld in die Kasse spült.
Laut einem Statement der Designer des Kinder-Shirts geht es denen jedoch nicht nur um Geld. Auf ihrem Online-Shop schreiben sie:
Diese Absicht wird wohl etwas mehr Arbeit beanspruchen, als die kleinen Knirpse in ein Feministen-Leibchen zu packen. Auf jeden Fall mehr als mit ihnen in der Fankurve lauthals «Go Rappi, go Rappi, go, go, go!» zu rufen.