Es ist Anfang Jahr: Marktanalysten, Food-Blogger und Mediensprecher aller Couleur orakeln uns wieder einmal vor, welche Trends unser Essverhalten revolutionieren werden.
Deren Erfolgsbilanz ist durchzogen. Die Voraussagen für letztes Jahr klappten nur bedingt. Denn einerseits blickte man etwas zu optimistisch auf ein Ende der Pandemie hin, andererseits überschätzte man unser aller Bereitschaft, Gewohnheiten zu verändern. Zoom-Kochkurse? Klar, es gibt sie. Aber ein Massenphänomen sind sie nicht geworden und Standard schon gar nicht. Bubble Tea Shops hingegen – die sind wohl here to stay und haben sich hübsch eingereiht zwischen dem E-Bike-Shop und dem Nagelstudio um die Ecke.
Was aber immer gilt, wenn das Hive Mind des Internets Tendenzen erkennt und benennt: Trends werden in der Schweiz eher langsam aufgenommen, und meistens verspätet. Was durchaus von Vorteil sein kann. Wie geht doch so schön der Witz? Steht der Weltuntergang bevor, dann zieh in die Schweiz – dort kommt alles erst fünf Jahre später an. Etwas praktischer ausgedrückt bedeutet das, dass weniger Foodtrend-Gläubige auf die Nase fallen, hat sich ein Trend entgegen den Vorhersagen nicht durchsetzen können. Man muss ja nicht immer alles mitmachen.
Welche Trends also werden für 2022 vorausgesagt? Hier eine Auswahl:
Und zwar überall auf der Welt. Dazu eine spannende Statistik aus Indien: Dort ist Biryani eines der beliebtesten Gerichte für Home Delivery mit durchschnittlich 115 Bestellungen pro Minute. Das sind 2 Biryanis pro Sekunde!
Der Home-Delivery-Anbieter Just Eat veröffentlichte jüngst die Jahresstatistik für die Schweiz: Pizza und Burger sind top. Indisch und Chinesisch sind am Kommen.
Dieser seit ein paar Jahren erkennbare Trend dürfte sich weiter zuspitzen: «Gluten Free Girl» oder «Clean Eating Claire» als Insta-Profilnamen, «Vegan4Life» als Tattoo ... Food ist längst nicht mehr blosse Nahrung, geschweige denn nur Genuss. Food ist Identität.
Dies gilt nicht nur für selbstgewählte Essgewohnheiten, sondern auch für die Herkunft. Die mexikanische Diaspora in Kalifornien, der südasiatischstämmige Bevölkerungsanteil in Grossbritannien – sie alle feiern ihre Identität mitunter kulinarisch. Derweil ist etwa in Italien oder in Indien zu beobachten, wie ein neu aufkommender Regionalstolz vor allem über die jeweiligen Küchentraditionen definiert wird.
Gewiss, Albernheiten wie «Brot» aus Glace oder «Kartoffelstock» aus Pommes Chips tauchen immer wieder auf. Solche Rezepte gehören aber eher in die Kategorie der TikTok-Challenges, die meist eine sehr kurze Lebensdauer besitzen. #TikTokFetaPasta war indes allgegenwärtig. Und der #TikTokWrapHack hat unsere Burrito-Zubereitung ein für alle Mal verändert. Auf die Zielgruppe unserer Gen-Z-Teenies ist der Einfluss aber fundamentaler: Hier wächst eine Generation heran, für die ein koreanisch-japanisch-kalifornisches Fusion-Food nicht mehr Exotik darstellt, sondern Normalität.
Wenn ein Grossteil der Bevölkerung irgendwelchen Celebs auf Social Media folgt, ist es nur logisch, dass nicht nur deren Kleiderstil oder Make-up-Regime angeeignet werden wollen, sondern auch das Sandwich, das sich der Promi im Instagram-Post kredenzte. Und so googelte die halbe Welt etwa «Gigi Hadid's Viral Vodka Pasta». Aber hey, wenn das Rezept verhebt, schadet's ja nicht.
Salami, Fischstäbchen, Speck, Sushi gar – für alles gibt es inzwischen vegane Alternativen. Und nein, machen wir uns nichts vor: Im direkten Vergleich schmecken diese fleischlosen Alternativen immer noch nicht wie die Vorbilder. Ja, es werden Fortschritte gemacht, doch die vegane Salami schmeckt einfach nicht wie ... nicht wie Salami halt. Aber: Beim Fastfood-Hamburger, wo der Burger-Patty im Kontext von Brötchen, Salat, Saucen und Toppings gegessen wird – da macht der Geschmacksunterschied zu herkömmlichem Fleisch wenig aus. Und noch nie behauptete irgendwer, der Geschmack des Hühnerfleischs von Chicken McNuggets sei verkaufsentscheidend. So ist es nur logisch, dass Quorn McNuggets, Ikea-Veggie-Hotdogs und der Impossible Whopper weiterhin auf dem Vormarsch sind.
Die japanischen Schweineschnitzel mit jener flockig-knusprigen Panko-Paniermehl-Kruste (oder das Entsprechende mit Fisch, Garnelen oder Gemüse) haben in etlichen Ländern einen Siegeszug sondergleichen vollbracht in der Takeaway- oder Home-Delivery-Sparte – insbesondere in der Version Katsu Curry mit der sämigen, leicht süsslichen japanischen Curry-Sauce. Hoffen wir, dass dieser Trend auch die Schweiz erreicht!
In Indien derweil tippt man darauf, dass von den vielen diversen kulinarischen Traditionen des Subkontinents die Küche des südlichen Bundesstaats Kerala der nächste internationale Renner werden dürfte. Dies aufgrund ihrer schieren Vielfalt und der Tatsache, dass sie Veganer und Pescetarier gleichermassen anspricht. Ja, GERNE, sagen wir da nur. Mehr Dosas braucht die Welt!
Sollten wir jemals wieder unbeschwert reisen können, dann empfiehlt sich aus kulinarischer Sicht weiterhin Los Angeles, das seit einigen Jahren London als Food-Hauptstadt der Welt abgelöst hat. Während die britische Hauptstadt in den Neunzigern und Nuller-Jahren dominierend war (und selbstredend weiterhin eine unglaublich gute Restaurant-Stadt ist), hat Los Angeles mit seiner indigenen, vom Streetfood stammenden Esskultur spannende Innovatoren aus aller Welt angelockt. «Überall, wo Mexikaner auf Koreaner und ähnliche Migrantengruppen treffen, kann nur unglaubliches Essen entstehen» – Anthony Bourdain selig traf den Nagel auf den Kopf.
Derweil mausert sich die norditalienische Metropole Milano zur Gourmet-Destination. Die italienische Küche steckt nämlich entgegen dem Klischee ganz und gar nicht in der Tradition fest. Eine ganze Riege junger Köchinnen und Köche blickt in die weite kulinarische Welt hinaus und kreiert Neues ... mit einem italienischen Touch. Was nie schlecht sein kann.
Okay, letztendlich sind das alles Mutmassungen. Eine Frage aber bleibt interessant: