Blocher hat es geschafft. Wäre er vor 20 Jahren in der gleichen «Arena» noch der einzige EU-Gegner und oppositionelle Polteri gewesen, muss man heute weit suchen, bis man jemanden findet, der sich noch für einen EU-Beitritt ausspricht. In der gestrigen Ausgabe war das eine junge Frau namens Nicole Nickerson. Und sie machte ihre Sache gut. Denn die Präsidentin von Young European Swiss (YES) hatte eine denkbar schlechte Ausgangslage.
Halbwegs zur Seite steht ihr SP-Nationalrat Eric Nussbaumer, der sich zwar nicht mehr direkt zu einem Beitritt bekennt, aber dennoch von der Institution EU überzeugt ist. Ähnlich klingt es auch bei CVP-Ständerat Filippo Lombardi. Die EU überzeuge zum jetzigen Zeitpunkt einfach nicht, in Zukunft sei ein Beitritt aber nicht auszuschliessen, findet er.
Auf der anderen Seite steht Christoph Blocher, der als Einziger der vier Gäste die EU in ihren Grundsätzen kritisiert. Auch Expertin und Economiesuisse-Direktorin Monika Rühl schiesst während der Sendung erstaunlich scharf gegen die EU. Die Positionen sind also nicht so klar verteilt, wie es das Auftaktstatement von Projer suggerieren soll.
Doch den schwersten Stand hat zu Beginn klar Nickerson. Blocher macht gleich in seinem ersten Statement klar, dass er die Souveränität der Schweiz mit allen Mitteln verteidigen will. Lombardi will Nickerson schon früh ins Wort fallen, diese wehrt sich aber erfolgreich und erklärt, die Schweiz würde mit einem EU-Beitritt endlich von einer Zuschauer- in eine Aktivrolle wechseln. Die Samthandschuhe hat sie zu Hause gelassen. Immer wieder wehrt sie sich vehement, wenn sie Sachverhalte als falsch dargestellt empfindet.
Lombardi selbst wirkt etwas verunsichert und schaut hilfesuchend zu Pultnachbar Blocher. Doch auch von dieser Seite wird er unter Beschuss genommen. Blocher trägt dem CVP-Fraktionschef immer noch nach, dass einzelne CVP-Nationalräte bei der Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative (MEI) den «Inländervorrang light» unterstützt haben. Lombardi weiss sich nur noch mit erhobener Faust zu wehren.
Es entflammt ein Kampf um die Umsetzung der MEI. Ausgerechnet hier streikt die SRF-Technik und der Text auf dem Bildschirm wird nicht eingeblendet. Irgendwie passend:
Christoph Blocher läuft langsam warm, zuerst bezichtigt er Rühl der Lüge, dann bringt er einen seiner Lieblingssätze: «Die Classe politique hat das Volk hintergangen!» Nickerson kontert, man habe dem Volk von SVP-Seite schlicht nicht gesagt, dass ein Ja zur MEI den Austritt aus der Personenfreizügigkeit (PFZ) bedeuten könnte. Auch Projer schaltet sich nun ein und fragt Blocher direkt, warum man dies beim Abstimmungskampf nicht thematisiert habe. Blocher antwortet mit einem schlichten «Nein».
Nickerson doppelt gleich nach und fragt, wann denn die SVP endlich ihre Initiative zur Kündigung der PFZ lanciert. Unterstützt wird sie dabei von Rühl. Blocher entgegnet schwach, man müsse zuerst geeignete Formulierungen ausarbeiten, damit das Volk bei einer Annahme nicht wieder vom Parlament hintergangen werden könne.
Derweil thematisiert Projer den «autonomen Nachvollzug», die Praxis, dass die Schweiz Gesetze aus der EU unverändert übernimmt. Blocher spricht von einer Unterwerfung der Schweiz unter fremde Richter. Nussbaumer vergleicht daraufhin die EU mit der Schweiz. Das Waadtland müsse sich schliesslich auch einem Sachverhalt fügen, wenn die gesamte Schweiz dafür gestimmt hat, sie aber dagegen waren. Das sei keine Unterwerfung, sondern Demokratie. Ein EU-Beitritt sei also dasselbe wie damals der Beitritt der Kantone zur Eidgenossenschaft.
Blocher entgegnet dem, die Kantone seien dazumal alleine nicht überlebensfähig gewesen, die Schweiz sei es aber heute. Zum Schluss erwächst Blocher zu alter polemischer Grösse und bezeichnet das EU-Rahmenabkommen als Kolonialvertrag. Nickerson eilt Nussbaumer zu Hilfe und sagt, die Schweiz könne mit der EU nunmal nicht auf Augenhöhe diskutieren, es seien schliesslich 28 Staaten gegen einen.
Blocher kontert, das gehe sehr wohl. Die EU versuche Verträge zu schliessen, die zu ihrem Vorteil seien. Das sei auch ihr Recht, doch das der Schweiz eben auch. Lombardi sagt beschwichtigend, der EU-Beitritt habe ja keine Eile, man solle sich erst einmal anschauen, wie die Briten verfahren. Projer verspricht, es sei sicher nicht die letzte «Arena» zu diesem Thema gewesen. Eine endgültige Einigung in der EU-Frage wird also ein weiteres Mal in die Zukunft verschoben.