Wird die Landesonde InSight die «7 Minuten des Terrors» überstehen und den Mars erkunden?
Heikles Landemanöver
Es ist eine Zitterpartie: Am 26. November wird die NASA-Sonde InSight nach einem monatelangen Flug durchs All auf dem Mars landen. Mehrere Abläufe müssen perfekt ineinandergreifen, damit InSight das Landemanöver übersteht und sanft an der geplanten Stelle auf der Oberfläche des Roten Planeten aufsetzt.
Das ist alles andere als einfach. Zwar sind bisher nicht weniger als sieben Sonden auf dem Mars gelandet, doch insgesamt erreichten rund 60 Prozent aller Marsmissionen ihr Ziel nicht wie geplant. Erst vor rund zwei Jahren zerschellte der Mars-Lander Schiaparelli nach einer ungeplant harten Landung auf der Mars-Oberfläche.
120 gefährliche Kilometer
Nach einer 480 Millionen Kilometer langen Reise beginnen für InSight die letzten gut 120 Kilometer: Der Abstieg durch die Atmosphäre zur Oberfläche des Planeten – die «7 Minuten des Terrors», wie ein NASA-Mitarbeiter den Landevorgang nennt. Vor dem Eintritt in die Atmosphäre muss InSight sich so drehen, dass der Hitzeschild vorn liegt. Die Reibungshitze, die der Lander bei seinem Abstieg aushalten muss, kann bis zu 1500 °C erreichen. Der Winkel von 12 Grad beim Eintritt in die Atmosphäre muss exakt eingehalten werden – ist er zu flach, dringt der Lander nicht in die Gashülle ein; ist er zu steil, verglüht er.
Als Nächstes muss sich der Fallschirm zum richtigen Zeitpunkt öffnen, damit die Fallgeschwindigkeit des Landers – sie beträgt bei Eintritt in die Atmosphäre 5,5 km/s – ausreichend gebremst wird. Die extrem dünne Mars-Atmosphäre, die nur etwa ein Prozent der irdischen ausmacht, bremst die Sonde nur wenig. Dennoch verringert sich die Fallgeschwindigkeit innerhalb der ersten zwei Minuten des Abstiegs um 90 Prozent. Der Fallschirm öffnet sich in einer Höhe von rund 11 Kilometern.
15 Sekunden später wirft InSight dann den Hitzeschild ab und fährt nach weiteren 10 Sekunden seine drei Landebeine aus. Auf einer Höhe von wenigen hundert Metern über der Mars-Oberfläche zünden zum Schluss Bremsraketen, die InSight zu einer sanften Landung mit 8 km/h verhelfen sollen. All diese Manöver können nicht von der Erde aus ferngesteuert werden – der Bordcomputer des Landers ist hier auf sich allein gestellt.
Mitten in der Sandsturm-Saison
Als wäre all dies noch nicht genug, kommt noch hinzu, dass InSight ausgerechnet während der Sandsturm-Saison auf dem Mars landet. Aus diesem Grund haben die Ingenieure die Sonde robust konzipiert; so sind beispielsweise die Fallschirmleinen speziell verstärkt worden, damit sie auch dem erhöhten Luftwiderstand unter solchen widrigen Verhältnissen widerstehen. InSight sollte daher auch einem der gewaltigen Staubstürme auf dem Roten Planeten trotzen können.
Die Landestelle der Sonde nennen die NASA-Leute scherzhaft den «grössten Parkplatz auf dem Mars». Sie befindet sich auf einer ausgedehnten Ebene – Elysium Planitia – am Mars-Äquator. Die Ebene eignet sich für die Mission, weil sie einen flachen, stabilen Untergrund mit wenig Felsen und Steinen bietet. Die Äquatornähe hat zudem den Vorteil, dass die Sonnensegel des Landers mehr Energie aufnehmen können.
Kleinsatelliten als Begleiter
Während des Abstiegs durch die Atmosphäre sendet InSight einfache Signale, die von Radioteleskopen auf der Erde aufgefangen werden. Wenn alles gut läuft und die Sonde unversehrt gelandet ist, richtet sie ihre Antenne auf die Erde aus und schickt ein Signal, das die erfolgreiche Landung meldet. Zudem überwachen der Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) und die Raumsonde Mars Odyssey das Landemanöver.
Zusätzlich verfolgen zwei Kleinsatelliten von der Grösse einer Aktentasche den Abstieg der Sonde. Diese Mars Cube One (MarCO), die mit InSight gestartet sind und danach abgekoppelt wurden, sollen die Kommunikation zwischen InSight und dem MRO aufrechterhalten. Bei optimalem Verlauf könnten sie auch das erste Bild weiterleiten, das die gelandete Sonde aufgenommen hat.
using Seismic Investigations, Geodesy and Heat Transport». InSight ist zu grossen Teilen baugleich mit der Phoenix-Landesonde der NASA, die 2008 auf dem Mars landete. Der Lander hob am 5. Mai 2018 an Bord einer Atlas-5-Rakete von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien ab; die Landung auf dem Roten Planeten ist für den 26. November geplant.
Die rund 735 Millionen Franken teure Mission ist auf zwei Jahre angelegt. InSight soll die innere Struktur des Mars erforschen, insbesondere dessen frühe geologische Entwicklung vor 4,5 Milliarden Jahren. Es handelt sich um die erste Forschungssonde der NASA, die ausschliesslich mit europäischen Instrumenten bestückt wurde. Es ist auch die erste Mission von der Westküste der USA aus zu einem anderen Planeten.
Ausrüstung und Aufgaben
InSight führt drei Instrumente mit, die auf dem Mars geophysikalische Daten sammeln sollen. Das Hauptziel der Mission besteht darin, die Entwicklungsprozesse zu erforschen, die den Mars in seiner Frühzeit formten. Zu diesem Zweck wird InSight den inneren Aufbau unseres Nachbarplaneten untersuchen, also Ausmasse und Beschaffenheit von Kern, Mantel und Kruste.
Auch der Wärmetransport vom Planeteninneren nach aussen soll analysiert werden. Die gewonnenen Daten sollen den Astronomen Rückschlüsse auf die Entstehung der Gesteinsplaneten ermöglichen.
- Lander
Der Lander auf dem Mars ist 6 m lang (inklusive der zwei Sonnensegel), fast 1,6 m breit (mit den Sonnensegeln 2,2 m), maximal 108 cm hoch und 360 kg schwer. - Sonnensegel
Sie versorgen den Lander und seine Instrumente mit Strom und haben einen Durchmesser von 2,2 m. - Seismometer (SEIS)
Das SEIS («Seismic Experiment for Interior Structure») misst seismische Wellen von Marsbeben, Meteoriteneinschlägen, Magmaflüssen im Untergrund oder auch von Erschütterungen des HP3-Experiments, um Rückschlüsse auf die Struktur und Zusammensetzung des Planeteninneren zu ziehen. - Wärmeflusssonde HP3
HP3 («Heat Flow and Physical Properties Package») hämmert sich 5 m tief in den Marsboden, um zu messen, wie viel Wärme vom Inneren an die Oberfläche des Planeten fliesst. - Rotationsmesser RISE
Er berechnet die etwas wackelige Eigenrotation des Mars, die anzeigt, ob er im Innern fest und/oder flüssig ist. - Roboterarm
Er ist 2,4 m lang und kann mit seinen fünf Fingern, angetrieben von vier Motoren, das Seismometer und die Wärmeflusssonde anheben und auf dem Marsboden platzieren. - Kamera am Roboterarm
Die Kamera lässt sich beliebig ausrichten und erlaubt es, die Umgebung und Instrumente aus allen Perspektiven abzubilden. Mit Hilfe der farbigen 3D-Bilder können die Forscher von der Erde aus die besten Standorte für Instrumente bestimmen. - Kamera unter der Plattform
Sie hat ein Fischaugenobjektiv und kann damit weitwinklige Fotos des gesamten Arbeitsbereichs des InSight-Landers machen.
(quelle: eth zürich)
Die ETH Zürich ist mit von der Partie
Die ETH Zürich ist mit mehreren Teams am Forschungsprojekt beteiligt. Das Labor für Raumfahrtelektronik und –instrumente (AEIL) ist für die Datenerfassungs- und Steuerungselektronik sowie die Stromversorgung des Seismometers (SEIS) verantwortlich, das Marsbeben und Meteoriteneinschläge registrieren soll. An der Entwicklung des Seismometers waren mehrere europäische Forschungsanstalten unter der Leitung der französischen Raumfahrtagentur CNES beteiligt.
Die von SEIS gesammelten Daten werden von Seismologen des Schweizerischen Erdbebendienstes (SED) und der Gruppe für Seismologie und Geodynamik (SEG) ausgewertet. Die geophysikalische Interpretation der Daten von SEIS und HP3 obliegt der SEG und der Gruppe für Explorations- und Umweltgeophysik (EEG).
Live-Stream
Gemäss Plan soll der InSight am 26. November gegen 21 Uhr (Schweizer Zeit) auf dem Mars landen. watson wird das Ereignis per Live-Ticker begleiten; zudem können Mars-Fans den Live-Stream der NASA hier verfolgen: