Manchmal, da hilft auch die zehnte Ratgeberkolumne und der x-te Artikel auf watson.ch nichts mehr – es wird Zeit für härteren Stoff!
Wissenschaftlerin Eva Illouz nimmt in «Konsum der Romantik» Candle-Light-Dinner und Strandspaziergänge auseinander und erklärt, warum es sich dabei mehr um Kapitalismus und weniger um Liebe handelt.
Wissen wir überhaupt, was Romantik bedeutet oder haben wir unsere Vorstellungen darüber hauptsächlich aus den Medien übernommen? Mit ihrem Werk «Der Konsum der Romantik» hat die israelische Soziologin Eva Illouz nicht nur ein absolutes Must-Read für jeden Interessierten publiziert, sondern auch dazu beigetragen, die kapitalistischen Einflüsse auf die gesellschaftlich etablierte Vorstellung von «Romantik» aufzudecken.
Während das Wort «romantisch» im 19. Jahrhundert eine geistige Strömung oder die Eigenschaften einer Landschaft beschrieb, steht es heute für eine Atmosphäre, die «Gefühlen förderlich ist, die irgendwo zwischen sexueller Anziehung und Liebe liegen.» Über die Massenkultur verbreitete sich die Vorstellung, dass man durch den Konsum von Produkten – Blumen, die Reise in ein fernes Land, das Candle-Light-Dinner – zur Selbstwertsteigerung «Verführung» erreichen könnte.
Kann man das?
Autorin Connie Palmen beschreibt in «Du sagst es» wie keine andere das Hochgefühl der ersten Monate und Jahre einer Liebe.
In der fiktionalen Autobiografie «Du sagst es» gelingt Connie Palmen das Unmögliche: Dichter Ted Hughes zu verteidigen, ohne seine Frau – die weltberühmte Autorin Sylvia Plath – zu verraten. Die beiden Schriftsteller waren in den 50er-Jahren das Vorzeige-Liebespaar der britischen Avantgarde.
Gestützt auf Hughes Essays, Gedichte und Vorworte lässt Palmen den so oft zum Verräter der tragischen Liebesgeschichte erklärten Ehemann Sylvia Plaths zu Wort kommen, ohne die Tragik ihrer Beziehung zu seinen Gunsten zu verfälschen oder die zahlreichen gegen Hughes gerichteten Anschuldigungen zu verteidigen. So entsteht das raffinierte und psychologisch herausragend strukturierte Werk einer aussergewöhnlichen Liebesbeziehung zwischen zwei besonderen Menschen – inklusive den brisanten Themen Neid, Eifersucht und Streit.
Es ist ein lyrischer Roman, der jeden Lesenden, der noch an die Liebe glaubt, fesselt.
Philosoph Alain Badiou spricht in «Lob der Liebe» mit Nicolas Truong darüber, warum die Liebe neu erfunden gehört.
Alain Badiou ist ein französischer Wissenschaftler, politischer Aktivist und Liebhaber, der weiss, dass das Denken niemals von den gewaltigen Ereignissen der Liebe zu trennen ist.
Das mit 82 Seiten relativ kurz geratene Buch widmet sich Themen wie der Bedeutung des Zufalls («die Begegnung, mit jemandem, den ich nicht kannte, erscheint als Schicksal»), Onlinedating als vermeintlicher Vollkaskoversicherung der Liebe («den Partner von Vornherein so gut wählen, indem man sich durchs Internet klickt») und der Struktur einer Liebeserklärung («zuerst gibt es die Begegnung»).
Durch die Dialogform ist das Buch – trotz seines intellektuellen Gehalts – einfach zu lesen und zu verstehen.
Aktivistin und Autorin Laurie Penny entlarvt in «Unsagbare Dinge» gesellschaftliche Probleme aus persönlicher Perspektive, die wir vermeintlich längst behoben hatten.
Wer noch nichts von Laurie Penny gehört hat, sollte das schleunigst ändern – schliesslich gilt sie als eine der lautstärksten Kämpferinnen für Emanzipation. Und das nicht nur in den sozialen Medien. In den Kapiteln Fucked-up Girls, Lost Boys, sexuelle Gewalt, Liebe und Lügen arbeitet sie sich sprachlich eloquent an allerlei Ungerechtigkeiten ab – angefangen von sexuellen Doppelstandards bis hin zu überholten Vorstellungen von Männlichkeit und Weiblichkeit. Es ist ein Buch über Armut und Vorurteile, Online-Dating und Essstörungen, Strassenkämpfe und Fernsehlügen, das tief in die Biografie der Engländerin blicken lässt.
Sie fragt, warum sich viele Männer heute selbst nicht mehr wohl fühlen in alten Geschlechterrollen, warum der Ton rau wird, sobald sich junge, weisse Frauen mit alten, weissen Männern im Internet streiten und warum man das Gefühl nicht los wird, dass Machtstrukturen in den intimsten Momenten des Lebens mitwirken, obwohl wir diese doch schon vermeintlich längst überwunden haben.
Soziologe Niklas Luhmann hat mit «Liebe als Passion» den Klassiker unter der wissenschaftlichen Fachlektüre geschaffen.
Studierende lieben oder hassen ihn – ein Klassiker bleibt er trotzdem. Luhmann hat mit «Liebe als Passion. Zur Codierung von Intimität» das wohl meistzitierte Werk in diesem Zusammenhang geschrieben.
Der Systemtheoretiker fokussiert nicht nur den historischen Wandel der Liebe ab dem 17. Jahrhundert (nein, die Liebesheirat war keineswegs immer Standard) und hat massgeblich zur Entwicklung und Ausformulierung des sogenannten «Liebescodes» beigetragen.
Oder, einfach gesagt: Luhmann spricht von Liebe als einem Kommunikationsmedium. In dem Sinne ist das Medium Liebe selbst kein Gefühl, sondern ein Kommunikationscode, nach dessen regeln man Gefühle ausdrücken, bilden, simulieren, leugnen und sich mit all dem auf die Konsequenz einstellen kann.
Klingt unromantisch? Muss nicht sein. Laut Luhmann solle man einer ersten Inkompatibilität nicht trauen, denn durch erfolgreiches Werben und Verführen können eigene Gefühle gefestigt werden. Na also!