Was haben Leonardo da Vinci und Pablo Picasso gemeinsam? Ausser dass sie beide Künstler waren? – Genau, sie sind beide tot. Tote Künstler. Und beide haben sie von den Millionen, die ihre Werke heute kosten, kaum etwas abgekriegt.
450 Millionen und 300 Tausend US-Dollar wurden im letzten November etwa für da Vincis 500-jährigen «Salvator Mundi» hingeblättert.
Vor drei Jahren kaufte ein anonymer Sammler für 179 Millionen US-Dollar «Les femmes d’Alger» von Picasso.
Nun stellt sich also die Frage, ob sich der profitorientierte Kunstmarkt denn nur für tote Männer interessiert. Un ob sich die Preise von Kunstwerken erst dann in Millionenhöhe schwingen, wenn ihre SchöpferInnen tot sind. Dem ist nicht so. Es gibt auch noch lebende Künstler, deren Kunstwerke schon jetzt Millionensummen erzielen. Zwar noch deutlich weniger als die 450 Millionen von da Vincis «Jesus», trotzdem sind es Beträge, die für Normalverdienende unvorstellbar sind. Wir stellen euch hier die zehn teuersten Kunstwerke von lebenden Künstlern und die Gesichter dahinter vor.
Gut drei Meter hoch ist der «Balloon Dog (Orange)», der den Amerikaner Jeff Koons am 12. November 2013 zum «teuersten noch lebenden Künstler» gemacht hat. Koons gilt schon seit Jahrzehnten als Shootingstar der zeitgenössischen Kunst. Sein Schaffen ist simpel: Er bedient sich an bekannten Motiven der Konsumkultur und versucht diese mit ursprungsfremden Materialien zu verfremden oder zu imitieren. Für den Preis dieses Ballonhündchens hätte der anonyme Privatsammler auch 2930 echte Heissluftballone kaufen können.
Die Balloon Dogs gibt es übrigens in fünffacher Ausführung in jeweils unterschiedlichen Farben. Alle fünf befinden sich in verschiedenen Privatsammlungen.
Bevor Koons zum teuersten noch lebenden Künstler wurde, hielt der Deutsche Gerhard Richter mit seinen «Abstrakten Bildern» diese Rolle im zeitgenössischen Kunstmarkt inne. Richter arbeitet mit Fotografie, Bildhauerei und Malerei. Von seinen abstrakten Gemälden gibt es um die 350 Stück. Sein Konzept ist es dabei, Fotografien abzuzeichnen, ohne dass am Schluss überhaupt noch ein visueller Bezug zum Ausgangsmotiv vorhanden bleibt. Im Falle von «Abstraktes Bild 599» brachte dieses Konzept so viel Geld, dass man damit 28 Jahre lang jede Nacht in der teuersten Suite des Hotel Dolder in Zürich übernachten könnte.
Im Alter von 24 hat Jasper Johns zum ersten Mal eine amerikanische Flagge nachgemalt. Damals hat er mit Zeitungsartikeln den Hintergrund grundiert und anschliessend mit heissem Wachs die weissen und roten Striche, sowie die blaue Fläche mit den weissen Sternen gemalt. Das war im Jahr 1955. Die ganze Welt fand das damals unglaublich bahnbrechend. Also hat Jasper Johns damit weitergemacht, die amerikanische Flagge abzumalen. Die Version aus dem Jahre 1983 belegt den Platz drei in der Liste der am teuersten verkauften Kunstwerke lebender Künstler. Es hat den Wert von 1'031 Teslas.
Auf Platz vier befindet sich ein fotorealistisches Gemälde von Gerhard Richter, das den Domplatz in Mailand zeigt. Ursprünglich war es ein Auftragswerk der Mailänder Firma Siemens Elettra. Es befand sich von 1968 bis 1998 in deren Büroräumen in Mailand. 1998 wurde es von der Sammler-Familie Pritzker erworben und hing über zehn Jahre im Park Hyatt Hotel in Chicago, bis es 2013 von einem kalifornischen Wein- und Kunsthändler ersteigert wurde. Wie viel Richter ursprünglich erhielt, ist unbekannt; heute könnte man mit der Summe 4'300 mal nach Bali und wieder zurück fliegen.
Cui Ruzhuo ist der wohl unberühmteste Künstler in dieser Liste. Was vermutlich an seinem chinesischen Wohnort liegt. Damit soll nicht gesagt werden, dass der asiatische Markt nicht auch schon längst ein kapitalistisches Spiel um die bildende Kunst herum veranstaltet. Doch der asiatische Markt bleibt noch eher für sich und hat den Anschluss an den euroamerikanischen bis jetzt noch nicht im grossen Stile gesucht. Nichtsdestotrotz verschlang man das drei Meter lange Werk «Landscapes» für eine Summe, mit der man 969 Tonnen gekochte Edamame-Bohnen kaufen könnte.
Jeff Koons Tulpen, die auf dem selben Prinzip wie der Ballon-Hund basieren, wurden 2002 von der Norddeutschen Landesbank für 2,5 Millionen Euro erworben. Sie sollten den Innenhof ihrer Hauptzentrale in Hannover schmücken. 10 Jahre später verzeichnete die Bank einen 940%-Gewinn, als sie das Kunstwerk weiterverkaufte. Angeblich spendete man das Geld einer Kulturstiftung.
Es stellt sich langsam ein Muster ein. Wir merken: Koons und Richter sind momentan die Künstler mit den am teuersten verkauften Kunstwerken. Dieses «Abstrakte Bild» hat den Wert von 3'970 Hektolitern Belvedere-Vodka.
Richter sagte mal über seine eigene abstrakte Kunst, dass sie ja schon wirklich ziemlich gut sei. Dass aber die Preise, mit denen die Werke den Besitzer wechseln, doch «schockierend» seien. Mit grossväterlicher Moral schreibt und sagt er immer wieder in Statements und Interviews:
Sowas lässt sich in seiner Position natürlich leicht sagen. Ihm kann es ja egal sein, ob und wie die Werte seiner Werke steigen und fallen. Auch der Verkauf des drittteuersten Gemälde aus seiner «Abstrakte-Bilder»-Reihe nahm seinem jetzigen Besitzer noch eine derart hohe Summe ab, man könnte sich damit ein bis zwei neue Zeppeline anschaffen. So viel zum Abstürzen.
Zweimal Richter und dann wieder einmal Koons. 1986 baute der Amerikaner eine Modelleisenbahn, die er mit Whisky füllte. 28 Jahre später hatte ein unbekannter Käufer die Musse, das Ding zu einem Preis zu kaufen, mit dem man locker die Hälfte eines neuen SBB-Zugs finanzieren könnte.
Den Abschluss dieser Hitparade machen weder Koons noch Richter. Sondern Ed Ruschas – ein Urgestein der Pop-Art-Szene. Der Künstler, der ursprünglich aus dem Grafiker-Bereich kommt, wurde bekannt durch seine Gemälde mit einsilbigen, lautmalerischen Wörtern drauf. Das Gemälde mit dem Titel «Smash» wurde 2014 für den Preis von 24 neuen Einfamilienhäusern verkauft.
Wo wir am Ende dieser superlativen Preisliste angelangt sind, bemerken wir zurecht: Die Kunstwelt ist – auf jeden Fall, wenn's um Moneten geht – auch wieder so ein (mehrheitlich weisser) Männerclub.
Nur noch schnell, um ein bisschen Dimension in die Geschichte zu bringen: Hier sind die drei teuersten Kunstwerke von noch lebenden KünstlerINNEN. Und die (im Verhältnis schockierend tiefen) Preise dazu.
Die japanische Künstlerin Yayoi Kusama gehört zu den bedeutensten Künstlerinnen der Nachkriegszeit. Ihr Markenzeichen sind bunte «Polkadots», mit denen sie nicht nur Leinwände, sondern ganze Räume ausschmückt. Seit 1977 lebt Kusama auf eigenen Wunsch in einer psychiatrischen Klinik. Sie meint, die Kunst sei die effizienteste Therapiemethode und dass sie ohne die Kunst nicht mehr sein würde.
Kunst war indes schon immer die einzige Einnahmequelle von Yayoi Kusama. In den 60er-Jahren verkaufte sie ihre grossformatigen Bildern mit Punkten drauf für 350 US-Dollar. Heute haben sie Millionenwert. Das am teuersten verkaufte Bild heisst «White No. 28». Klick auf's Bild, um den Verkaufspreis zu erfahren.
Cindy Shermans Arbeit «Untitled Film Still» war bahnbrechend. Von 1977 bis 1980 entstanden 69 Schwarzweiss-Fotografien, in denen Sherman jeweils selbst ein weibliches Stereotyp aus dem Mainstreamkino inszeniert. Die Frauen, die die Künstlerin verkörpert, schauen nie in die Kamera und immer aus dem Bildrahmen hinaus. Eine Gruppe der Fotografien wurde vor einigen Jahren im amerikanischen Auktionshaus «Christie's» als teuerste Fotografien von einer Frau verkauft.
Bridget Riley gehört zu den prominentesten Vertreterinnen der OP-Art – der optischen Kunst. Ihr Gemälde ««Untitled (Diagonal Curve)» belegt Platz drei der teuersten Kunstwerke von lebenden Frauen.