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The End of the fucking World: Netflix startet mit einem Highlight ins 2018

«The End of the F***ing World» – eine Serie, die dich kirre macht! 

bild: netflix
2018 hat bereits ein «verf***t schönes Ende» und damit den ersten Serienhit des Jahres.
11.01.2018, 19:2111.01.2018, 20:11

Er ist ein Psychopath. Siebzehn Jahre alt und heisst melodramatischerweise James. James fühlt nichts seit sich seine Mutter vor seinen Augen umgebracht hat. Damals war James sechs. Und seither hat er die Intonation in seiner Stimme verloren. James tötet gerne Tiere. Er liebt es. Vom Schmetterling bis zur Katze. Mit Messer und Genickbruch. Einmal steckte er seine linke Hand in eine Fritöse, nur damit er etwas fühlen kann. James will jetzt etwas Grösseres töten. Jemand grösseres, um genauer zu sein.

bild: netflix

Sie ist eine Theatralikerin. Und sie fühlt ganz viel. Viel mehr als die anderen. Zuvorderst stehen Vaterkomplexe. Und wie Teenager-Psychopathen von Gesetzes wegen James heissen müssen, so hören nervige Depro-Revoluzzerinnen auf den Namen Alyssa. Zumindest scheint das in Grossbritannien der Fall zu sein. Der fast schon etwas kitschig-klischierten Kulisse des neuen Netflix-Serienhits «The End of the F***ing World». 

«Alyssa was new. She had started that term. I thought she could be interesting to kill.»
James. Im Off. Ohne Intonation

Machmal, wenn Alyssa den Rücken in das perfekt gestutzte Grün des perfekten Gartens ihrer perfekten Mutter drückt, fühlt sie sich glücklich. Dann muss aber nur jemand einen Pieps von sich geben und sie rastet aus. Schmeisst mit Brathähnchen und Smartphones um sich. Alyssa nervt. Und sie flucht gerne. Und viel.

bild: netflix

Als sie sich aus einem Affekt heraus entscheidet, sich dem Schulhof-Weirdo James anzunehmen, freut man sich als Zuschauer irgendwie auf eine ganz unkorrekte Weise.

Alyssa findet es erfrischend – und auch ein bisschen geil – mit dem seelisch toten Jungen abzuhängen. Er passt zur Chaos-Ästhetik, welcher sie so fest frönt und die ihr niedliches Sommersprossen-Gesicht etwas zu kompensieren vermag. Der seelisch tote Junge hingegen liebäugelt damit, das überlebendige Bündel noch kaputter zu machen als es ohnehin schon ist. Ganz kaputt.

Beide haben sie einen abgefuckten Fetisch. James will Blut und Alyssa will – naja – andere Körperflüssigkeiten.

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gif: watson/ netflix

In jeder Sekunde von «The End of the F***ing World» ist man als Zuschauer peinlich berührt. Kitzlig fragt die eingeschüchterte Magengrube den Kopf: Bringt er sie nun wirklich um? Nein, das kann er nicht tun! Oder doch?

Übertriebene Mord-Szenarien jagen blamable Vorwitzigkeit. Wie Comic-Figuren wirken die beiden Teenies. Was sie streng gesehen auch sind. Denn bei TEFW handelt es sich um die filmische Umsetzung des gleichnamigen Graphic-Novels von Charles Forsman. 

Vielleicht ist gerade das der Grund, wieso man sich ständig die Frage stellt, ob man sich gerade einen Thriller oder doch bloss eine etwas düstere Komödie reinzieht. Schon während der ersten Episode springt die Serie zwischen den beiden Genres hin und her – und verwirrt ungemein. Und eine Folge dauert nur knapp 20 Minuten.

Die ganze Verwirrung erzeugt einen unglaublichen Spannungsfächer, macht einen selbst ganz zynisch und gleichzeitig offen. Bis zum «verfi**ten Ende» eben. Episode für Episode. Man macht es einfach mit.

«Sometimes I just let things happen. I don't know why. I just do.»
James. Erklärt sich. Mit bisschen mehr Intonation als auch schon

James macht auch alles mit. Haut noch vor dem Ende der ersten Episode mit Alyssa im Auto seines Vaters ab. Begrapscht den Penis eines Veteranen auf dem Herrenklo und tut alles dafür, dass Alyssas klare Vorstellung eines jugendlichen Eskapismus' exakt bewerkstelligt wird.

bild: netflix

An jeder erdenklichen Stelle könnte man die Serie anhalten und man sähe das nächste Albumcover einer unbedeutenden Melancholic-Indie-Band. Retro-Chic vom feinsten. Wie man's von Netflix nicht anders gewohnt ist.

Doch TEFW hebt sich von den Ironie-befreiten Drama-Kids anderer nostalgischen Coming-of-Age-Storys ab. Die Geschichten von James und Alyssa sind grell von aussen und düster von innen. Fahrlässig verknittert an den Seiten und neurotisch gebügelt in der Mitte. So wie all die alten britischen Indie-Songs, die aus dem Hintergrund all die Fehlentscheidungen der beiden adoleszenten Ausreisser besingen.

Und obwohl alles so falsch ist in dieser Serie, die Handlungen karikaturhafte Wendungen nehmen, die Reaktionen sich cholerisch bis verkorkst manifestieren, will man nie eingreifen. Man hat keine Lust, die zwei verlorenen Menschen kräftig durchzuschütteln, weil sie etwa so nerven oder weil sie so verloren sind. Versteht mich nicht falsch: Das alles trifft ohne Zweifel und in jammervollstem Masse auf die zwei (grandios gespielten!) Hauptrollen zu. Doch man lässt sie sein, die beiden. Ergötzt sich an ihrer Geschichte und deren Ausweglosigkeit. Nicht aus Schadenfreude, Mitleid oder gar aus Ärger. Nein, aus Sympathie.

Ohne es klar zu merken, könnte man James und Alyssa allmählich zu mögen beginnen. Für ihre umbarmherzige Kompromisslosigkeit nämlich, mit der sie ihre tragische Existenz angehen, aus ihr ausbrechen und diese auf ganz kümmerliche, aber ehrliche und deshalb irgendwie süsse Art und Weise reflektieren.

Irgendwann gen Schluss checkt man, dass man weder einen Thriller noch eine düstere Komödie schaut. Viel mehr hat man das Gefühl, man schaue einen tragikomödischen Mockumentary-Streifen, dessen Ende man sich zwar sehnlichst herbeiwünscht, dann aber doch ganz schön reuig ist, wenn's wirklich vorbei ist.

Und hier noch der Trailer:

Wieso wir Serien und Filme lieber in Originalsprache gucken sollen: «WTF, ihr habt diesen Klassiker falsch übersetzt!»

Video: watson/Emily Engkent

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14 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Matrixx
11.01.2018 21:06registriert März 2015
Das einzige, was mich kirre macht, ist das Wort "kirre"...
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StillerLeser
11.01.2018 21:03registriert Januar 2018
Hab die Serie irgendwann diese Woche ausversehen gebingt(?).
Ich lache sonst nur bei Community, Silicon Valley und New Girl laut, so als Kontext. War ein wundervolles Erlebnis The End of the fucking World am Stück zu schauen, kann ich nur empfehlen!
Aja und der Soundtrack erst...in jeder Episode ist mir mehrmals die geniale Musik aufgefallen. Einfach alles richtig gut gemacht!
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Paganapana
11.01.2018 20:26registriert Oktober 2015
Eine Serie mit guten jungen Schauspielern und endlich mal einem Trailer, der nicht den ganzen Plot verrät.
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Warum dieser Mann 20 Minuten braucht, um seinen Namen auszusprechen
Viele von uns haben einen zweiten Namen, manche sogar einen dritten. Den Namen vom Australier Laurence Watkins gibt es sicherlich nur einmal. Also seinen ganzen Namen. Er braucht ganze 20 Minuten, um diesen auszusprechen. Watkins hält nämlich den Weltrekord für den längsten persönlichen Namen – insgesamt 2253 einzelne Wörter.
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