Die Schweizer Behörden wollen Nekane Txapartegi nach Spanien ausliefern.Bild: jon urbe/ argazki press
«Klare Beweislage» – Nekane kämpft weiter um ihre Freilassung aus Zürcher Haft
Die Schweizer Behörden halten daran fest, die Baskin Nekane Txapartegi an Spanien auszuliefern. Auch das Asylgesuch der Aktivistin wurde abgelehnt. Txapartegis Anwälte werfen der Schweizer Justiz vor, geschlampt zu haben.
Nekane
Txapartegi sei erst wütend, dann enttäuscht gewesen über den
Entscheid vom 22. März des Bundesamts für Justiz (BJ), sagt
Rechtsanwältin Stephanie Motz an der Medienkonferenz am Donnerstag.
Motz ist eine der beiden Anwälte, die Txapartegi in der Schweiz
vertreten. Noch am selben Morgen hatte sie die baskische Aktivistin
in Auslieferungshaft besucht. Gleich zwei niederschmetternde
Entscheide hatte Txapartegi in den letzten Tagen verdauen müssen:
Das BJ hält daran fest, die Baskin an Spanien auszuliefern und das Staatssekretariat für Migration lehnt ihr Asylgesuch trotz
Folterverdacht ab. «Das empfindet sie als Erniedrigung», sagt
Motz.
Die
heute 44-jährige Baskin wurde 1999 in Spanien verhaftet. Sie sagt,
danach sei sie tagelang verhört und gefoltert worden, bis sie
schliesslich ein Geständnis unterschrieben habe, wonach sie die
bewaffnete baskischen Separatistenorganisation ETA unterstützt haben
soll. 2007 wurde sie zu sechs Jahren und neun Monaten Haft
verurteilt. Sie tauchte unter und kam 2009 mit ihrer Tochter in die
Schweiz. Hier lebte sie sieben Jahr unter falschem Namen, bis sie vor
einem Jahr verhaftet wurde, als sie ihre Tochter von der Schule
abholen wollte.
Weitere Folterfälle in Spanien
Seither
kämpfen ihre zwei Rechtsanwälte für ihre Freilassung. Ihr Geständnis sei unter Folter erzwungen worden und darum dürfe sie nicht ausgeliefert werden. Die
Entscheide der Schweizer Behörden kritisieren sie scharf. In einer
detaillierten Analyse, die watson vorliegt, nimmt der Genfer Anwalt Olivier Peter den
Auslieferungsentscheid des BJ Punkt für Punkt unter die Lupe. Er
kritisiert unter anderem, dass Fälle von Folter in Spanien im Fall
von Operationen gegen die ETA als «selten» qualifiziert werden.
Dies stimme nicht, sagt er. Zwischen 1979
und 2003 seien 49 spanische Beamte wegen Folter von angeblichen
ETA-Unterstützern rechtskräftig verurteilt worden. Ausserdem würden
zahlreiche Unterlagen und Expertenberichte vorliegen, die die von
Txapartegi erlittenen Misshandlungen belegen, sagt Peter.
Der Genfer Anwalt Olivier Peter spricht bei der «Free Nekane»-Demo in Bern.Bild: watson
Ebenfalls
unzufrieden ist Stephanie Motz mit dem abgeschmetterten Asylgesuch.
Der Entscheid sei juristisch fragwürdig und zeuge von einer
unsorgfältigen Prüfung des Dossiers. «Zentrale Aspekte des Falles
sind nur knapp erwähnt oder kaum gewürdigt worden», sagt sie.
Txapartegi
und ihre Rechtsvertreter Motz und Peter wollen die Entscheide
der Behörden nicht auf sich sitzen lassen und sie ans
Bundesverwaltungsgericht und ans Bundesstrafgericht weiterziehen.
Notfalls würden sie sogar bis vor das Bundesgericht ziehen oder vor
internationale Gerichtshöfe, so Motz. Beide Anwälte zeigen sich
zuversichtlich, dass die Beschwerdeinstanz die Auslieferung von
Txapartegi verweigern wird. Motz: «Es gibt selten Asylverfahren mit
einer solch klaren Beweislage.»
Aktivisten an einer «Free-Nekane» Demo in Bern.Bild: watson