Geplant war eine Sendung zum Thema 5G. Statt über Mobilfunk aber wurde in der «Arena» über das Rahmenabkommen mit der EU diskutiert. Anlass war der Übertritt der Zürcher Ex-Nationalrätin Chantal Galladé von der SP zu den Grünliberalen. Als Begründung nannte sie nicht nur, aber vor allem die ablehnende Haltung von SP und Gewerkschaften zum Rahmenvertrag.
Grund genug für «Arena»-Moderator und Ex-Brüssel-Korrespondent Jonas Projer, um das Programm kurzfristig auf den Kopf zu stellen. «Tschüss, SP!» lautete der Titel der Sendung, aber eigentlich ging es um Europa. Nachträglich durfte Projer sich beglückwünschen lassen. Für einmal kam es nicht bloss zum Schlagabtausch. Die «Arena» brachte einen echten Knüller hervor.
Verantwortlich war SP-Fraktionschef Roger Nordmann. Der Waadtländer Nationalrat war von Beginn an bemüht, den Ball flach zu halten. Er berichtete von wütenden Reaktionen auf Galladés Austritt, erklärte aber auch, die Partei sei «kein Gefängnis» und er «kein Morallektionenerteiler». Die Bombe platzen liess er aber beim leidigen Streitpunkt Lohnschutz.
«Der Bundesrat muss ein Massnahmenbündel bringen mit allen Vorschlägen für eine Anpassung der flankierenden Massnahmen, um den Lohnschutz sicherzustellen», sagte Nordmann. Dann sei vielleicht «ein Ausweg aus der Situation zu finden». Projer konnte sein Glück kaum fassen: «Das sind wichtige, entscheidende Präzisierungen für die Europapolitik in der Schweiz.»
Roger Nordmanns Aussage lässt den Schluss zu, dass die SP-Spitze aus der Lohnschutz-Grube heraus will, die ihr die Gewerkschaften gegraben haben. Er erhärtete diese Annahme, als er auf das Gesprächsangebot von SP-Präsident Christian Levrat an FDP und CVP angesprochen wurde: «Ich bestätige dieses Angebot.»
Von den angesprochenen Parteien war nur die FDP mit Fraktionschef Beat Walti vertreten. Der Zürcher Nationalrat verwies darauf, dass das Rahmenabkommen ein relativ kurzer Vertrag ist: «Der Vorteil ist, dass er überall Ermessensspielraum zulässt.» Im weiteren Verlauf könne man weitere Regeln entwickeln – ein wichtiger Punkt, der in der hiesigen Europadebatte zu kurz kommt.
Zu einer vertieften Debatte kam es aber nicht. Lieber verharkte man sich einmal mehr in die Frage, wie man das hohe Schweizer Lohnniveau sichern kann. «Um den Lohnschutz zu verteidigen, brauchen wir eine florierende Wirtschaft», betonte der Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch und verwies auf sein Amt als Präsident des kaufmännischen Verbands.
Die zu Beginn sichtlich nervöse Chantal Galladé nahm Roger Nordmann und Daniel Lampart, den Chefökonom des Gewerkschaftsbunds, ins Gebet: «Ihr könnt nicht das Rahmenabkommen bachab schicken und damit der Exportwirtschaft ein Bein stellen!» Die heutige Winterthurer Schulpräsidentin verwies darauf, dass sämtliche Bildungsinstitutionen «vehement» für das Abkommen seien.
Die Gegenseite konnte dem wenig entgegensetzen. Lampart wirkte gereizt. Er wedelte mit Zuschriften von europäischen Gewerkschaftern, die die Schweiz zum Erhalt der flankierenden Massnahmen aufriefen. Deutsche Arbeitnehmer, die in der Schweiz tätig seien, würden bei Lohnkontrollen angerannt kommen und sagen: «Kontrolliert uns, wir wollen auch Schweizer Löhne!»
Konkrete Lösungen zur Rettung des bilateralen Wegs aber blieb Lampart schuldig. Daniel Jositisch platzte der Kragen: «Man wird beim Lohnschutz gewisse Korrekturmassnahmen machen müssen», sagte das Mitglied des SP-Reformflügels. Seine Ex-Lebenspartnerin Chantal Galladé rief Lampart fast flehend auf, an den Tisch zu sitzen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Die übrigen Teilnehmer konnten wenig zur Diskussion beitragen. Alessandro Pelizzari, Präsident des Genfer Gewerkschaftsbunds, fragte sich selber, wozu er die lange Reise nach Zürich unternommen hatte. GLP-Fraktionschefin Tiana Moser, die «Profiteurin» von Galladés Parteiwechsel, musste sich von Roger Nordmann das Nein ihrer Partei zur Steuer-AHV-Vorlage unter die Nase reiben lassen. Die Grünliberalen riskierten «Krach mit der EU».
Einen speziellen Part hatte SVP-Nationalrat und Banker Thomas Matter. Er verfolgte den Streit unter Linken verschmitzt und sorgte für die humoristische Einlage des Abends, als er behauptete, weniger zu verdienen als Roger Nordmann: «Ich habe nur eine kleine, bescheidene Bank und bekomme 50'000 Franken pro Jahr als VR-Präsident.» Als Jonas Projer in seiner obligaten Schlussfrage wissen wollte, was er im Frühling am wenigsten gerne putze, sagte Matter: «Ich putze nicht selber.»
Womit eine weitere «Arena» zu Ende war, die Projer als «eine der lebhaftesten, die ich moderieren durfte» bezeichnete. Und eine der spannendsten. Sie zeigte, dass SP und Gewerkschaften sich beim Lohnschutz verrannt haben. Und dass die Sozialdemokraten gewillt scheinen, einen Ausweg aus dem Schlamassel zu finden. Fortsetzung folgt garantiert, nicht nur im Fernsehstudio.