Die Grasshoppers haben Trainer Carlos Bernegger überraschend nach nur fünf Saisonspielen entlassen, obwohl GC die letzte Partie am Sonntag gegen St.Gallen hochverdient gewonnen hat. Überraschend kam die Entlassung auch für Bernegger, wie er nur fünf Minuten nach dem Rauswurf dem «Blick»-Reporter erzählte: «Ich verstehe die Welt nicht mehr. Wenn man daran denkt, was ich alles für diesen Verein gemacht habe!»
Erst im Sommer hatte man Bernegger einen Eineinhalb-Jahresvertrag angeboten – als übereifrigen Dank dafür, dass er als Interimstrainer die Hoppers vom Abstieg bewahrt hat. Der neue GC-Sportchef Mathias Walther sagte im Sommer:
Bernegger ist ein guter Feuerwehrmann. Er kann löschen, wenn es brennt. Nicht mehr und nicht weniger. Das weiss man eigentlich auch bei GC, sonst hätte man den Trainer nicht bereits so kurz nach Saisonstart entlassen. Bei GCs finanziellen Engpässen ist ein entlassener Trainer auf der Lohnliste doppelt unnötig.
Einen Fauxpas leisten sich die Hoppers aber vor allem in der Kommunikation. Bereits gestern Abend berichteten sämtliche Schweizer Medien von der Entlassung Berneggers – offiziell hörte man von GC nichts. Heute Morgen wusste der Blick sogar bereits, dass Murat Yakin neuer GC-Coach wird. Erst um 9.32 Uhr kam dann das offizielle Statement von GC.
So schlecht die Kommunikation bei GC auch sein mag, so unüberlegt es auch war, den Vertrag mit Carlos Bernegger im Sommer zu verlängern: Die Entscheidung, Murat Yakin zum neuen Trainer zu machen, ist goldrichtig. Diese fünf Gründe zeigen weshalb:
Murat Yakin kann aus einem Kader mit vermeintlich beschränkter Qualität sehr viel herausholen. Das hat er durch den Aufstieg mit dem FC Thun 2009/10 und dem 5. Platz in der Super League ein Jahr später eindrücklich bewiesen. Mit Luzern holte er in der Saison 2011/12 sogar Platz 2 in der Super League.
Den FC Schaffhausen übernahm Yakin in der Winterpause 2016/17 auf dem letzten Platz, er führte den FCS dank einer überragenden Rückrunde noch auf Rang 4. In dieser Saison steht er verlustpunktlos an der Spitze der Challenge League.
Dieser Murat Yakin wird es auch mit GC schaffen, das Maximum rauszuholen. Er ist der perfekte Trainer, um eine wacklige Mannschaft mit vielen jungen Spielern, wie dies bei den Grasshoppers der Fall ist, zu stabilisieren.
Murat Yakin hat während seiner Zeit beim FC Basel bewiesen, dass er auch gegen grosse Kaliber bestehen kann. Unvergessen bleiben vor allem die beiden Siege gegen Chelsea im Herbst 2013. Yakin hatte Chelsea-Trainer Mourinho gleich zwei Mal klassisch ausgecoacht.
Bereits im Frühling 2013 sorgte Murat Yakin mit dem FC Basel europäisch für Furore, als er mit dem FCB bis ins Halbfinale der Europa League marschierte und unter anderem Tottenham ausschaltete.
Wer mit Basel die Londoner Grossklubs Chelsea und Tottenham schlagen kann, kann auch mit GC den FC Basel oder die Young Boys besiegen.
Alleine in den 24 Spielen mit dem FC Schaffhausen setzte Yakin auf sieben verschiedene Formationen. In der Rückrunde der letzten Saison liess Yakin mit verschiedenen Variationen des
4-4-2 spielen, auf die neue Saison hin wechselte er auf eine Dreierkette.
Diese taktische Flexibilität mit den entsprechenden Erfolgen zeigt, dass Yakin ein Trainer mit sehr hohem Sachverständnis ist, der es auch schafft, seinem Team Formationen einzutrichtern und dessen Handschrift deutlich zu erkennen ist. Taktisch ist Murat Yakin nach Lucien Favre der zweitbeste Schweizer Trainer. Ich sehe ihn diesbezüglich sogar noch vor Marcel Koller, Vladimir Petkovic und René Weiler.
Murat Yakin hat einen engen Bezug zu den Grasshoppers. Von 1992 bis 1997 spielte er selbst für GC, ehe er nach Stuttgart in die Bundesliga wechselte. Die Rückkehr zu den Hoppers kam im Juli 2007, als er Hanspeter Latour für 21 Spiele als Co-Trainer zur Seite stand. Im Jahr darauf übernahm Murat Yakin für ein Jahr die U21 der Grasshoppers, bevor er zum FC Thun wechselte, den er in die Super League führte.
Über Luzern, Basel und Spartak Moskau ist Yakin beim FC Schaffhausen gelandet, mit dem er die Challenge League nach fünf Siegen in fünf Spielen souverän anführt. Sein Projekt in Schaffhausen ist eigentlich noch nicht fertig, bei GC wirken die Perspektiven derzeit schlechter, doch die Hoppers sind für ihn eine Herzensangelegenheit.
Murat Yakin ist zwar nicht immer unumstritten, bei Luzern und Basel sollen sich einige unzufriedene Spieler gegen ihn gestellt haben. Doch so ist das halt mit starken Persönlichkeiten – sie polarisieren. Genau solch einen charismatischen Typen brauchen die Hoppers. Einer, der eine Idee im Kopf hat und der sein Ding durchzieht.
Yakin lässt sich nicht reinreden, das wird die GC-Führungsetage schnell merken. Noch einen Knall kann diese sich kaum leisten, deshalb werden sie Yakin machen lassen. Das wird die Grundlage für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.