Als «Spinner» hat Leverkusen-Coach Roger Schmidt am vergangenen Wochenende Julian Nagelsmann, den Trainer von Hoffenheim, beleidigt – aufgenommen während der Partie von den Platzmikrofonen.
Dafür wurde der Schmidt vom Sportgericht des Deutschen Fussball-Bundes (DFB) für zwei Spiele gesperrt und muss zudem eine saftige Busse bezahlen. Dass dies eine grundfalsche Entscheidung ist, hat Trainer-Kollege Christian Streich vom SC Freiburg der Welt gestern mit seiner emotionalen Rede mitgeteilt.
Christian Streich hat Recht, Trainer sind kein Freiwild und sollen es auch nicht werden oder wie er es selbst ausdrückt: «Es kann nicht sein, dass Schmidt nun wie eine Sau durchs Dorf getrieben wird.»
Trainer stehen deutlich stärker unter Druck, als es die Spieler tun. Schliesslich sind sie es, die entlassen werden, wenn ihre Schützlinge das Tor nicht treffen. Es gibt wohl kaum einen Beruf mit tieferer Jobgarantie als derjenige des Fussballtrainers. Medien, Fans und Klubvorstand stürzen sich bei Misserfolgen wie Aasgeier auf die Trainer – der Sündenbock ist so jeweils schnell gefunden.
Jemanden als «Spinner» zu bezeichnen und ihm zu sagen, er soll «die Schnauze halten», das gehört bestraft. Im Kindergarten unterstütze ich diese Forderung – nicht aber, wenn es im Sport im Affekt gesagt wird. Müssen Trainer in der Schweiz bald mit einer Strafe rechnen, wenn sie andere als «Gaggalaari», «Globivogel» oder «Glöggliböög» bezeichnen?
Weshalb braucht es gleich bei den Trainerzonen Platzmikrofone, nur um jedes Wort der Trainer zu protokollieren und sie danach zu bestrafen und als schlechte Vorbilder darzustellen? Trainer schreien, fluchen und gestikulieren während der Spiele wie wild. Das passiert mit Menschen, wenn sie unter Druck stehen und sich mit voller Hingabe einer Sache widmen.
Sind sie deswegen schlechte Vorbilder? Ist es «unsportliches Verhalten», wenn zwei Trainer auf dem Feld Meinungsverschiedenheiten haben? Nein. Es ist nichts anderes als menschlich.
Während aufmüpfige und hitzköpfige Spieler dank PR-Schulungen der Klubs fast schon ausgestorben sind und Fans mit unzähligen Auflagen eingeschränkt werden, züchtigen die Verbände nun auch Trainer in diese heile und vor allem streitfreie Sportwelt. Es scheint kein Platz mehr zu geben für kleine Verfehlungen oder verbale Ausrutscher – von gar keinem Beteiligten, der während eines Fussballspiels im Stadion ist.
Irgendwann sind die Spieler alle höchst diszipliniert, die Trainer sowieso und die Fans sitzen ruhig auf ihren Plätzen. Bis diese Fans wegen gähnender Langeweile und fehlender Emotionen lieber zuhause bleiben. Nur einer wird auch dann noch lautstark seine Meinung sagen: Christan Streich. Danke dafür.