Die deutsche Corona-Warn-App erhält eine Check-in-Funktion, die ermöglichen soll, die Besucher eines Events automatisch zu warnen und damit sogenannte Corona-Cluster schneller zu bekämpfen. Das soll einfach und sicher über das Einscannen von QR-Codes mit dem Handy funktionieren.
Auf Anfrage von watson bestätigte das Robert Koch-Institut (RKI) am Donnerstag, dass aktuell an einer Eventregistrierung in der Corona-Warn-App gearbeitet werde. Das Ziel:
Verfügbar ist die Check-in-Funktion noch nicht. Sie soll mit der App-Version 2.0 ausgeliefert werden – diese ist in Entwicklung. Auf der Corona-Warn-App-Website bei Github sind seit kurzem Hinweise zum neuen Feature zu finden.
Das Feature, bzw. Update, soll «recht zeitnah nach Ostern» verfügbar sein, wie spiegel.de berichtet.
Was wir wissen: App-User scannen beim Betreten eines Lokals, respektive Besuch eines Events, mit ihrem Smartphone (bzw. der Corona-Warn-App) einen QR-Code. So können sie zu einem späteren Zeitpunkt per App gewarnt werden, falls sich am gleichen Ort eine infizierte Person aufhielt.
watson hat bei der Herausgeberin der deutschen App, dem Robert Koch-Institut (RKI) nachgefragt. Wolfgang Scheida von der Pressestelle erklärt:
watson-Recherchen zeigen: Die Macher der deutschen Corona-Warn-App setzen auf eine eigene Lösung und nicht auf das Schweizer CrowdNotifier-Protokoll.
Dieses wurde von den SwissCovid-Machern erarbeitet und wird seit Januar in einem Pilotversuch an der Eidgenössisch-Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) getestet. Und zwar in Form der Notify-Me-App, die es fürs iPhone und für Android-Smartphones in den App-Stores gibt.
Bekanntlich hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die Herausgeberin der SwissCovid-App, noch nicht beschlossen, eine solche Check-in-Funktion zu integrieren. Man sei noch dabei, die Bedürfnisse der Kantone zu klären.
Das CrowdNotifier-Protokoll sieht vor, dass Veranstalter für jede Veranstaltung, bzw. jeden Event, einen zweiten QR-Code erstellen, den sie nicht veröffentlichen. Mit diesem zweiten Code kann später die Alarmierung der Besucher ausgelöst werden, wobei sich eine Zeitspanne definieren lässt. So erhalten nur die Besucher einen Warnhinweis, die sich im fraglichen Zeitraum vor Ort aufgehalten haben.
Die deutsche Warn-App dürfte ähnlich funktionieren.
Wenn Nachbarländer wie Deutschland ihre Corona-Warn-App mit neuen Funktionen aufrüsten, wächst der öffentliche Druck auf das BAG, dies auch bei SwissCovid zu tun.
Die Check-in-Funktion wird im Zuge der zu erwartenden Lockerungen immer wichtiger werden. Wenn sich mehr Leute in Lokalen und anderen Orten versammeln, steigt Risiko von Superspreader-Events; dass also eine hochansteckende Person viele andere Teilnehmer infiziert.
Je grösser der Event, desto aufwändiger die herkömmliche Kontaktverfolgung per Telefon. Und desto länger dauert es, bis alle möglicherweise infizierten Besucher gewarnt werden können. Die Fachleute erhoffen sich durch die Check-in-Funktion eine Beschleunigung, weil Warnungen automatisch an alle potenziell Betroffenen abgesetzt werden.
Die gute Nachricht:
Voraussichtlich ab Ostern sollten beide Apps miteinander verknüpft sein, sagte der Schweizer Botschafter in Deutschland gemäss Medienberichten am vergangenem Freitag. Paul Seger sprach in Berlin von einem «wirkungsvollen Beitrag», um die Gesundheit der Grenzgänger und der Bevölkerung beidseits des Rheins und des Bodensees zu schützen.
Wie weit die Verhandlungen mit anderen Ländern (insbesondere Italien/Österreich) fortgeschritten sind, wollte das BAG auf Anfrage von watson nicht verraten. Zum Inhalt laufender bilateraler Gespräche gebe man keine Auskunft.
Der RKI-Sprecher versichert:
Bleibt die Frage der technischen Umsetzung. Details dazu sind noch nicht bekannt, abgesehen von den öffentlich zugänglichen Informationen bei Github.
Nein.
Zwar können die Nutzer der deutschen Corona-Warn-App ihre in der App hinterlegten Daten freiwillig ans RKI «spenden». In den Grundeinstellungen werden jedoch keine personenbezogenen Daten erfasst oder an die Gesundheitsbehörden übermittelt.
Insofern ersetze die QR-Code-Funktion in der Corona-Warn-App nicht die vorgeschriebene Erfassung von Namen und Kontaktdaten durch Gäste- und Anwesenheitslisten, konstatiert watson-Medienpartner T-Online in einem aktuellen Bericht. Zu solchen Listen seien Veranstalter, Lokalbetreiber und auch Sportvereine gesetzlich verpflichtet.
In der Schweiz galten ähnliche Bestimmungen, was das namentliche Registrieren von Besuchern betrifft. Die Macher der NotifyMe-App – eine Kooperation der Technischen Hochschule EPFL und der Firma Ubique –, halten fest:
In den letzten Wochen hat in Deutschland die vom prominenten Künstler Smudo («Die Fantastischen Vier») unterstützte Luca-App für Schlagzeilen gesorgt. Es ist nur eine von vielen bereits verfügbaren Check-in-Apps, die das manuelle Erfassen von Kontaktdaten überflüssig machen sollen.
Sie alle weisen einen grundlegenden Nachteil auf im Unterschied zu den Corona-Warn-Apps: Die User können nicht anonym bleiben, sondern werden mit Name, Telefonnummer und Kontaktdaten erfasst. Diese Daten werden laut den Anbietern verschlüsselt gespeichert und können nur von den Gesundheitsbehörden eingesehen werden. Doch hat dies bei IT-Experten und Datenschützern Kritik hervorgerufen.
Es gibt auch noch einen praktischen Grund, der für den dezenralen Ansatz sprich: Der deutsche Internet-Unternehmer Ralf Rottmann hat am Dienstag über die geplante Check-in-Funktion für die Corona-Warn-App gewittert und in einem längeren Twitter-Thread erklärt, warum es Sinn mache, «Zusammenkünfte anonym zu tracken». Im Gegensatz zu zentralisierten Check-in-Apps wie Luca drohten die Gesundheitsämter nicht durch (zu) viele Meldungen zu überlasten.
Inwiefern das geplante Update der Corona-Warn-App Einfluss auf die Pläne diverser Bundesländer zur Einführung der Luca-App haben wird, ist laut Berichten noch unklar.
Datenschützer sprechen sich seit längerem für eine anonyme Lösung ähnlich zum CrowdNotifier-Protokoll aus, das in der NotifyMe-App zum Einsatz komme, hält heise.de fest.
Wird es in der Schweiz eine offizielle Empfehlung für Check-in-Apps von Drittanbietern geben? Diese Frage richtete watson Anfang März an das Bundesamt für Gesundheit.
Die Antwort des SwissCovid-Sprechers:
Die SwissCovid-App hat in den vergangenen Tagen wieder an Popularität gewonnen. Die Zahl der aktiven User ist auf 1,75 Millionen angestiegen, wie der Bund online angibt. Heruntergeladen wurde die für Android-Smartphones und iPhones verfügbare Anwendung fast 3 Millionen mal.
Zur Anzahl der aktiven User der deutschen Corona-Warn-App liegen dem RKI keine Daten vor. Zuletzt habe man mehr als 26,2 Millionen Downloads verzeichnet, heisst es.