Die SwissCovid-App funktioniert, sie warnt Smartphone-User vor einer möglichen Corona-Ansteckung und trägt dazu bei, Infektionsketten möglichst rasch zu unterbrechen.
Während die Lockerungs-Diskussionen zunehmen, ist die Zahl der aktiven SwissCovid-User am Sinken. Auf rund 1,8 Millionen Smartphones lief die im Juni 2020 lancierte App, nun sind es noch 1,67 Millionen, gemäss der offiziellen Schätzung, die das Bundesamt für Statistik online veröffentlicht.
Gefordert ist nun eine andere Abteilung der eidgenössischen Verwaltung, das Bundesamt für Gesundheit (BAG), die offizielle Herausgeberin der Schweizer Warn-App. Doch eine watson-Anfrage beim SwissCovid-Sprecher zeigt, dass die Verantwortlichen zögern, etwas zu ändern.
Dies verwundert umso mehr, als dass es von den SwissCovid-Machern eine pfannenfertige Lösung gäbe, um die Attraktivität und Effizienz der App zu steigern. Gemeint ist die Crowdnotifier-Technologie, die seit Anfang Jahr an der Technischen Hochschule in Lausanne (EPFL) getestet wird und von der Softwarefirma Ubique entwickelt und als eigenständige App fürs iPhone und Android veröffentlicht wurde.
Sie ermöglicht, sogenannte Corona-Cluster nach dem Zusammentreffen von Leuten schnell zu bekämpfen. Wenn man einen Event besucht, scannt man beim Eingang einen QR-Code ein und kann sich in der Folge warnen lassen, falls unter den Teilnehmenden eine ansteckende Person war.
watson hat beim BAG nachgefragt.
Wird NotifyMe, bzw. die CrowdNotifier-Technologie in die SwissCovid-App integriert?
Dazu teilt der für die SwissCovid-Kommunikation zuständige BAG-Mitarbeiter Marco Stücheli mit:
Worauf will/muss das BAG noch warten?
Eine solche Check-in-Funktion würde die Attraktivität, bzw. den Nutzen der SwissCovid-App massiv steigern und könnte dazu führen, dass die Zahl der aktiven User erhöht wird. Wie beurteilt das BAG dies?
Welche technischen Hilfsmittel zur Cluster-Bekämpfung plant das BAG für die kommenden Öffnungen?
Weiter weist Stücheli auf das in der vergangenen Woche vorgestellte Abwasser-Screening der EAWAG hin. Diese Messungen erlaubten es ebenfalls, Cluster aufzuspüren.
Bleibt die Frage, mit welchen kommunikativen Massnahmen das BAG in den kommenden Monaten für SwissCovid (und allfällige weitere technische Hilfsmittel zur Seuchenbekämpfung) bei der Schweizer Bevölkerung werben will?
Dazu der BAG-Mann:
In einer Pandemie bietet sich den Verantwortlichen eine begrenzte Anzahl von (nicht im Vornherein bekannten) Chancen, den weiteren Verlauf positiv zu beeinflussen.
Dies zeigte sich beispielhaft bei den Impfungen. Weil das Bundesamt für Gesundheit, respektive der Bundesrat, bei der Impfstoffbeschaffung zögerlich agierte und nicht bereit war, viel mehr Geld auszugeben, mangelt es seit Monaten an Impfdosen, während andere Länder «durchimpfen»
Bei der SwissCovid-App droht das BAG durch Beobachten zögerliches Verhalten eine Verbesserung der Gesamtsituation zu verpassen. Und erneut führt man das Argument einer fehlenden gesetzlichen Grundlage ins Feld, wie dies auch schon bei der Berichterstattung über eine angeblich mögliche eigene Impf-Produktionslinie im Wallis der Fall war.
(Zwar hat der Bundesrat am Freitag dementiert, dass es ein konkretes Angebot für eine Produktionsstrasse gegeben habe. Doch bleiben Zweifel, ob der Bund tatsächlich mutig und entschlossen verhandelt hat in der Sache.)
Bin sehr gespannt, ob das nun wieder ein weiteres dieser Schlaumeier-Scheindementis des Bundes war, oder die Geschichte über ein Angebot für eine eigene Schweizer Impfproduktion des @tagesanzeigers wirklich nicht stimmte.
— Pascal Ritter (@typeritter) March 12, 2021
Zurück zu SwissCovid: Dass gesetzliche Anpassungen erforderlich sind, um die App technisch zu erweitern und die sinnvolle Corona-Cluster-Bekämpfung zu integrieren, sollte keinesfalls ein Hinderungsgrund sein. Im Gegenteil! Alle Lockerungs-Turbos im Parlament dürften einer solchen Lösung nach geltender Logik ohne Wenn und Aber zustimmen – oder würden sonst als heuchlerische Populisten entlarvt.
Angesichts der lauter werdenden Lockerungs-Rufe und der sinkenden App-Nutzerzahlen muss die Bevölkerung dringend sensibilisiert und besser informiert werden. Vor allem aber braucht SwissCovid eine Attraktivitätssteigerung, denn offensichtlich erkennen je länger, desto je weniger Leute den Nutzen. Dies könnte man mit der zusätzlichen Funktion erreichen, die Superspreader-Events bekämpfen hilft.