Das mit den Ferien ist ja immer so eine Sache. Sie sollen uns auf magischen Wegen neue Energie spendieren und gleichzeitig genug Impulse und Inspiration liefern, um später wieder glücklich und motiviert zurück in Studium oder Job zu schlittern. Die Zeit der Recherche fängt meist schon Monate vorher an.
Die Erwartungen sind hoch. Ob man mit der Wahl richtig gelegen hat, weiss man leider erst vor Ort ...
Wir haben uns umgehört und die grössten Enttäuschungen gesammelt. Gern geschehen!
Spoiler: Das nächste Mal bleiben wir dann wieder lieber zuhause am See. Spart Co2 – und Nerven.
Damals im Lateinunterricht: Im Übersetzen war ich grottenschlecht, aber das alte Rom interessierte mich brennend. Und nachdem dann auch die letzten Autoren und Freunde von la dolce vita geschwärmt hatten, fuhr ich sechs Jahre nach dem Abitur ebenfalls hin. Als introvertierte Person war mir klar, dass Rom anstrengend werden würde: Ich wählte den Oktober für meine Reise und stellte mich dennoch auf viel Tourismus, ordentlich Lärm und eine verstörende Verkehrssituation ein. Dass wir unseren Mietwagen einfach stehen lassen wollten, war allerdings auch schon ein Problem:
Auch die Unterkunft stellte sich als schwierig heraus: Unser Airbnb-Host vermietete in seiner dritten Wohnung in Rom nicht nur die Schlafzimmer auf den Fotos, sondern auch ein Wohnzimmer mit brettharter Couch. Lieber schnell los zum Kolosseum: Es war ebenso imposant wie überlaufen.
Das oberste Stockwerk konnte man nur mit Sonderführung sehen, was mich ein bisschen enttäuscht hat. Aber nichts schlägt den Vatikan: Der Tag, an dem wir uns morgens noch entspannt den Petersdom ansahen, wurde zum schlimmsten. Nicht nur wartet man über drei Stunden vor den Museen des Vatikan – «Museum» bedeutet, binnen einer halben Stunde an Gemälden vorbeigetrieben zu werden wie eine Viehherde («Don’t stop!»-Rufe inklusive), um dann für ganze zwei Minuten in der Sixtinischen Kapelle stehen zu dürfen. Fotos sind hier verboten – weil die Kapelle heilig ist.
Das religiöse Erbe habe ich direkt gespürt, als ich 20 Euro Eintritt bezahlte.
Und doch: All den unzuverlässigen Bussen, der Lautstärke und meiner allergischen Reaktion auf die aggressiven Stechmücken zum Trotz: Es ist schon ziemlich grossartig, in einer einzigen Stadt ein so grosses Stück Geschichte sehen zu können. Da ich das nun erledigt habe, werde ich mich beim nächsten Mal ausschliesslich in Trastevere aufhalten – mit seinen schmalen Gassen und kleinen Restaurants war das fröhliche Viertel für mich fast schon erholsam.
2009 war ich das erste Mal in Indonesien. Es war Post-Eat-Pray-Love-Hype und die Insel, insbesondere das kleine Künstlerdörfchen Ubud – landeinwärts gelegen –, von Touristen überschwemmt. Von solchen, die mal ein paar Tage oder Wochen Selbstfindungsurlaub im Paradies machen wollten, aber auch von jenen, die für wenig Geld bei optimalen Bedingungen an den Küsten der Insel ihren Surftraum erfüllen wollten.
Ein bisschen Kulturschock, ja, aber in eine ganz andere Richtung. Consumerism Galore.
Bis 2013 war ich regelmässig immer wieder in Südostasien und auch Indonesien. Habe unglaublich schöne Flecken Erde entdeckt. Meistens mit eher geringem Menschenaufkommen. Sogar auf Bali war ich nochmal. Wirklich gekriegt hat mich die Insel nie.
Wenn ich die Instagram-Berichterstattung verfolge, drängt sich mir die Frage auf, was von der Insel noch übriggeblieben ist. Ich sehe fast ausschliesslich (gutgebräunte) junge weisse Menschen. Bintang trinkend. Rocker- und Skater-Posen einnehmend. Laut. Im schlimmsten Fall sogar im seltsamen halb-hinduistischen Folklorekostüm.
Ein Ballermann der Instagramgeneration. Günstig erreichbar. Immer fotogen. Und weit genug weg, um allerlei «früheres Ich» über den Haufen zu werfen.
Ich will nicht sagen, dass mich Stockholm enttäuscht hat, aber irgendwie hat die Chemie zwischen uns beiden nicht gestimmt. Die Hauptstadt Schwedens wird ja – wie alles Skandinavische – seit geraumer Zeit ziemlich gehyped. Tolle Designshops, die pittoreske Gamla Stan, die komplette Stadt verteilt auf 14 Inseln – zugegeben, das klang schon ziemlich reizvoll und eigentlich auch so, als wäre es voll mein Ding. Doch angekommen in Stockholm machte sich erst einmal Ernüchterung breit.
Und bitte – BITTE! – lasst uns an dieser Stelle mal über das Stockholmer Schloss sprechen. Ich meine: Was zur Hölle ...?! Ich will mich nicht als royale Expertin hinstellen, aber … Ist das deren Ernst? In diesem Klotz von einem Bauwerk, diesem Hangover architektonischer «Meisterleistung» regiert die schwedische Königsfamilie?!
Ich muss zugeben, dass mich diese Erkenntnis dezent schockiert hat. So sehr, dass ich das Schloss, eines DER Wahrzeichen von Stockholm, nicht einmal fotografiert habe. Aus Protest sozusagen! Was es letztlich war, was verhindert hat, dass ich mit der schwedischen Hauptstadt warmgeworden bin, kann ich rückblickend gar nicht in Worte fassen. Aber: Ich werde kommenden Monat einen zweiten Anlauf wagen, mir die hochgelobte Streetart im Stockholmer Untergrund ansehen, hutzelige Designshops ausfindig machen und mich vielleicht (!) doch noch in diese Stadt verlieben. Doch eines steht definitiv fest:
Was hab ich nicht alles über die Amalfi-Küstenregion gelesen. «Schönste Gegend Italiens», «atemberaubender Ausblick», «Rustikale Häuschen mit Flair auf Felsvorsprüngen» – wenn mir stattdessen mal lieber einer mitgeteilt hätte, dass man in Sorrento, Positamo und Amalfi selbst keine einheimischen Italiener mehr trifft und Amerikaner mit Bussen von Neapel angekarrt werden, als ob es dort in jedem pseudoitalienischen Touri-Restaurant gratis Spaghetti Carbonara gäbe. Vom öffentlichen Verkehrsnetz erst gar nicht anzufangen.
Nach einem entspannten Abend in Meta am Strand wollten wir am Freitag den Bus von Meta nehmen – einer übrigens sehr süssen Ortschaft fern des Touri-Trubels – und uns endlich das Reiseziel ansehen, weswegen wir eigentlich gebucht hatten.
Der Bus um 10:40 Uhr war dann leider so voll, dass wir nicht einsteigen konnten, obwohl wir Tickets hatten.
Es waren übrigens die einzigen zwei Busse, die an diesem Tag aus Meta dahin fuhren und wir konnten nur auf «gut Glück» auf den nächsten hoffen – der dann immerhin halbleer war. Kein Witz: Die Zuggesellschaft streikte zusätzlich an ausgerechnet diesem Wochenende, was dazu führte, dass wir ziemlich aufgeschmissen waren ohne Auto, das wir – Funfact – extra zurückgegeben hatten, weil uns von allen Seiten davon abgeraten wurde, dort Auto zu fahren.
Im Nachhinein muss ich sagen, dass wir unser Auto mehr als gebraucht hätten. Nicht nur, um verlassenere Gegenden zu erkunden, sondern auch schlichtweg deshalb, weil wir die Hälfte unserer drei Tage irgendwo wartend auf Gehsteigen mit 1000 amerikanischen und britischen Touristen verbrachten und dementsprechend teuer innerhalb der Zentren essen mussten. Aber was sind schon 15 Euro für eine durchschnittliche Pizza, wenn man auf dem Nachhauseweg mitten im Nirgendwo aussteigt, weil der Bus nicht zum B&B nach Meta fährt und seine letzten 50 Euro für ein Grossraumtaxi nach Hause ausgibt.
Den nächsten Tag verbrachten wir dann nur noch im Zimmer. Ich konnte es gar nicht erwarten, nach Hause zu kommen.
«Leo, Leo, wo bist du?» – Vor genau 15 Jahren habe ich meinem 13-jährigen Ich hoch und heilig versprochen, Leonardo DiCaprio suchen zu gehen, sobald ich gross und stark genug bin, um mein zu Hause verlassen zu dürfen. Der Film «The Beach» hatte mich mit riesengrossen, sehnsuchtsvollen Augen zurückgelassen, fest entschlossen, zusammen mit Leo an meiner Seite als Erwachsene fortan ein Abenteurerleben zu leben.
Ein Studium, mehrere Praktika und einen Umzug später erahnte ich die perfekte Gelegenheit, diesen frühkindlichen Plan endlich in die Tat umzusetzen.
Thailand schien mir als Urlaubsdestination meinem Kontostand angemessen, selbst, wenn mir der fade Beigeschmack von Sextourismus beim Gedanken an Thailand etwas schwer im Magen lag. Aber ich bin eine Frau, da würde wohl kaum jemand stirnrunzelnd nachfragen.
Gesagt, getan, Flug gebucht, Rucksack gepackt und los. Ich war aufgeregt. Ich komme Leo endlich näher.
In meiner zweiten Woche als Thailand-Backpackerin war es so weit. Ich war in Ko Phi Phi und wartete auf das Longtailboot, das mich nach Maya Bay bringen sollte. Ich hatte vorab natürlich gelesen, dass Maya Bay unglaublich überlaufen sei. Zugunsten meines inneren Kindes hatte ich diese Nachrichten weitgehend verdrängt, um mein Versprechen mir selbst gegenüber einzuhalten.
Als ich nun, zusammengepfercht mit viel zu vielen anderen Touristen versuchte, meine Panikattacken aufgrund von Klaustrophobie weitgehend in Schacht zu halten, dämmerte es mir, dass ich gerade dabei war, Teil einer riesengrossen Umweltverschmutzung zu werden. Wie konnte ich nur? Meine Laune verschlechterte sich rapide, als wir am Strand ankamen. Gefühlt tausend Motoren von Jachten versuchten, die Lautstärke der Menschenmasse zu übertönen, die sich wie Schweine in einem Schlachttransporter um jeden freien Platz stritten.
Noch nie in meinem Leben, hatte ich so etwas erlebt. Ich war angewidert. Die Kulisse zwar traumhaft schön, die Luft stank jedoch widerlich nach Benzin.
Ich schaute mich um, in der Hoffnung, doch noch ein etwas ruhigeres Plätzchen zu finden. Aber Fehlanzeige. Komplett überfordert von der Menschenmasse beschloss ich, ins Wasser zu gehen, um wenigstens ein bisschen Abstand von der Lautstärke des Strandes zu bekommen.
Doch auch hier verfiel ich fast der puren Verzweiflung: Das Wasser umschloss meine Haut wie schmieriges Öl und stank ebenfalls bestialisch nach Benzin. Ich presste meinen Mund fest zusammen, um nur ja keinen einzigen Tropfen dieses giftigen Wassers zu schlucken und flüchtete mich zurück an Land. Leo finden? Fehlanzeige.