Follower hier, Follower da. Alles scheint sich in diesem Internet nur noch um das Eine zu drehen: die Masse an Menschen, die scheinbar blind folgt. Der neue Bericht «Psychology of Following» von Olapic belegt, dass fast ein Drittel (31 Prozent) der Verbraucher bereits aufgrund des Posts eines Influencers zum Kauf eines Produkts oder einer Dienstleistung bewegt wurden.
Dabei stellt sich natürlich die berechtigte Frage: was ist eine Facebook-Fanpage, ein Instagram-Account, ein YouTube-Kanal heute noch wert, wenn er nicht eine im besten Fall fünfstellige Zahl vorzeigen kann, die sowohl auf die Influencer-Relevanz, als auch das Potenzial, Werbekunden zu erreichen, hindeutet?
«Schau mal, die hat 27k, voll krass!», höre ich zwei junge Frauen im Bus miteinander sprechen, die vermutlich gerade über einen fashionable-Account gestolpert und dann in der Masse an Bildern hängen geblieben sind, um ihr eigenes Profil mit der Zahl in der Leiste ganz oben zu vergleichen. «Hättest du das bei der gedacht? Wie macht sie das mit den ganzen Followern ey, die postet doch auch nichts Besonderes, ne?»
Erst vor Kurzem wurden in einer Studie von Jung von Matt, Brandnew und Facelift 1200 Influencer befragt, wie sie sich selbst sehen und was sie antreibt.
Auf Instagram, für über 76 Prozent der Befragten die wichtigste Plattform, sind Influencer im Schnitt 27 und ihre Follower 24 Jahre alt. 62 Prozent der Influencer auf Instagram sind weiblich. Auf die Frage, warum sie Influencer geworden sind, antworten 60 Prozent, sie wollten etwas bewirken. Knapp 50 Prozent war wichtig, eine Audience aufzubauen und die eigene Beliebtheit zu steigern (49 Prozent), ebenso wie als Meinungsmacher im eigenen Feld wahrgenommen zu werden (48 Prozent). Das Geldverdienen folgte an vierter Stelle (45 Prozent).
Für Normalo-Nutzer sind Studien wie diese sicherlich spannend, und doch klammern sie einen Aspekt aus, der mir immer wieder auffällt, sobald ich von der Masse an Followern genauso eingeschüchtert werde wie die beiden Teenager.
Ob man nun einen Account mit 500, 1'500, 15'000 oder 55'000 Followern hat:
Jeder kennt sie: Follower, die es nicht wirklich interessiert, was du postest. Sie fristen ihr like-armes Dasein in Zahlen, obwohl sie dir geistig längst entfolgt sind – oder, noch schlimmer – auf den Entabonnieren-Button bei Facebook geklickt haben, ohne dass du es mitbekommst. Follower wie diese sind das Äquivalent zu jemanden, der es nicht schafft eine Beziehung zu beenden, obwohl er längst raus ist. Entweder das, oder deine Follower sind b) inaktiv (auch blöd) oder c) nur daran interessiert, dich heimlich zu stalken und schlechtzumachen. Oder, um es anders zu formulieren: sie sehen zu wie bei einem Autounfall, ohne den Notruf zu rufen – wie die Mädchen aus dem Bus.
In jedem Fall sind Follower wie diese zum Aufbau einer Community genauso ungeeignet wie die eigene Beliebtheit durch das ungefragte Austeilen von Wahlwerbung zu sichern. Keiner dieser Follower wird dich unterstützen, wenn es darauf ankommt, oder das Produkt kaufen, das du anbietest. Wack.
Schon besser, aber auch noch nicht das, was du möchtest: Follower, die jeden zehnten Post von dir liken oder kommentieren folgen in der Regel auch noch 2000 anderen Menschen, mit denen sie sich so lose verbunden fühlen. Sie liken hin und wieder etwas und doch ist Vorsicht geboten: nicht-überzeugte Follower sind sehr schnell gewillt, zu entfolgen, wenn du etwas postest, das ihnen gegen den Strich fährt. Sie bleiben entweder so lange, bis du nichts Konträres von dir gibst, oder verwandeln sich irgendwann im besten Fall wie Bisasam zu Bisaknosp und werden zu – wir kommen nun zur Nummer drei – einem ...
Bingo. Hier wollen wir hin – denn Follower, die jedes Wort von dir aufsaugen und bis zum Schluss dranbleiben, sind die einzigen, die sich langfristig an deinen Brand oder dein Produkt binden lassen und gewillt sind, mit dir durch den Dschungel an deepen Quotes und fragwürdigen Artikeln zu gehen, die du spätnachts noch in deine Timeline tipselst, wenn dir der Wein zu Kopf gestiegen ist. Es sind die Follower, die dir nachts um 3 Nachrichten senden und sich mit dir auf magische Weise verbunden fühlen. Etwas in der ganz persönlichen Umgebung bewirken zu wollen, ist ein Wunsch, den grosse als auch kleine Accounts teilen.
Denn: eure Verbindung ist zweiseitig. Sobald dich deine Follower lieben, haben sie zumindest tagsüber das Recht, auch von dir digital zurückgeliebt zu werden. Schreibe ihnen, sende ihnen süsse Emojis und arbeite daran, dass sie bei dir bleiben.
Ich finde: genau diese treuen Follower und Fans sind es, die einen Account letztlich auszeichnen – und nicht die breite Masse an Interessierten, die sich letztlich doch nicht richtig verbunden fühlen. Was für Freundschaft gilt, kann auch aufs Internet übertragen werden: besser einigen wenigen wirklich nahe stehen, als vielen tausenden Karteileichen.
Schade, dass die zwei jungen Mädchen drei Stopps weiter ausgestiegen sind. Ich hätte mich gerne mit ihnen unterhalten.