«Husbands Exhibitions» – so nennt der chinesische Internetriese «Tendance» den Event, bei dem hübsche Jungs aus der Musikbranche ihren verrückten Fans vorgestellt werden. «Husband» ist in China ein gängiger Begriff für hübsche Burschen im Teenie-Alter, die von den Groupies derart geliebt werden, dass sie – ja, ihr vermutet es richtig – sich vorstellen, ihre Idole ehelich an sich zu binden. Ach, du schön-verrückte asiatische Popkultur!
Die neue Boyband Acrush ist seit letztem November «Husband-Material» für Millionen chinesischer Teenie-Mädchen. Obwohl die Band noch kein einziges Musikvideo veröffentlicht hat, zählen sie in den chinesischen Social Media bereits gleich viele Fans wie Katy Perry. Und die ist mit einer Million Followern auf weibo, dem chinesischen Twitter-Pendant, eine wahre Grösse im populationsreichsten Land der Welt.
Per Post erhält das Management von Acrush Liebesbriefe und (gebrauchte) Unterwäsche en masse. Doch was die Absenderinnen der erotisch aufgeladenen Briefe und Pakete bis vor kurzem, an ebendiesem «Husband Event», noch nicht wussten: Ihre Boy-Stars sind eigentlich fünf unkonventionell gekleidete Frauen.
Seit Jahren sei man in China auf der Suche nach einer «androgynen Pop-Band», erklärt Zhou Xiaobai, Manager von Acrush, gegenüber dem Internetportal Quartz. Lange Zeit wurde die weibliche Seite der chinesischen Popmusik stark von J-Popbands beeinflusst. Alle Sängerinnen traten optisch gleich auf: Kniesocken, Röckchen, verspielter Pony-Haarschnitt und barbiehaftes Make-up. Seit jedoch die knabenhafte Sängerin Li Yuchun 2005 die Casting-Show «Super Girl» gewann, wisse man, dass Androgynität eine Nische bildet, die es in der chinesischen Musikbranche zu füllen gilt.
Bis Acrush auf den Beinen stand, verging ein ganzes Jahr. Hunderte von Frauen castete Xiaobai in dieser Zeit, bis er mit Lu Keran, An Junxi, Peng Xichen, Min Junqian und Lin Fan die perfekte weibliche Boygroup zusammengezimmert hatte.
Im Interview mit Quartz behaupten die fünf Sängerinnen, dass sie vom Management keinen Style aufgezwungen bekamen. Alle fünf würden den «androgynen Tomboy-Style schon seit ihren Kinderjahren rocken.» Dass die wahre Geschlechtsidentität der neuen Teenie-Stars zuerst verschwiegen wurde, sei zwar schon auch ein ausgeklügelter Mediengag gewesen, aber es steckt gleichzeitig auch eine feministische Botschaft dahinter. Das Motto der Band lautet demnach:
Dennoch schwingt bei der Geschichte ein Hauch von unbehaglichem Kommerz mit. Offiziell lautet der Name der Band nämlich «FCC-Acrush». FCC («Fantasy Football Confederatio») ist der Name einer grossen Fussballmarke, die derzeit viele Bands und andere «coole» Personen des öffentlichen Lebens unter Vertrag stellt. Jegliche Figuren, die mit FCC assoziiert werden, sind vertraglich gezwungen, Fussball-Unterricht zu nehmen, um den Sport landesweit bekannter zu machen.
Das Konzept scheint letztlich perfekt zu funktionieren. Auch nach der grossen Geschlechtsenthüllung von Acrush steigt die Anzahl ihrer weiblichen Fans, die bis jetzt nicht aufhören, die fünf Sängerinnen als ihre «zukünftigen Ehemänner» zu bezeichnen.
Ob sich all diese Mädchen nun Noppenschuhe und Schienbeinschoner kaufen werden, wird sich wohl noch zeigen. Auf jeden Fall lässt sich auf die Schnelle kein Acrush-Song im Internet finden, was doch schwer darauf hinweist, dass es sich bei der Geschichte weniger um Musik als um eine geschickte Vermarktungsstrategie handelt.
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