Leben
Spass

Kontrovers – aber grossartig: Ferrari mit Honda-Motor

mike burroughs stanceworks ferrari 308 gtbi 1981 honda-motor auto hotrod restomod https://www.youtube.com/channel/UCDBaiG0BtHluun67BgXgPRg
Bild: stanceworks
Kommentar

Kontrovers – aber grossartig: Ferrari mit Honda-Motor

Da ersetzt ein Tuner den V8 seines 1981er Ferrari mit einem Honda-Vierzylinder – und das automobile Internet schreit Zeter und Mordio.
01.11.2022, 08:2902.11.2022, 08:40
Wie bitte? Da raubst du dem Wagen ja seine SEELE!

So entfährt es spontan meiner Chefin Madeleine, als ich ihr die Prämisse dieser Story erzähle.

Und ähnlich erging es hunderttausenden Autofans, als die Nachricht die Runde machte, Mike Burroughs von Stanceworks würde den V8-Motor seines 1981er-Ferrari herausreissen und den mit einem Honda 4-Zylinder-Motor ersetzen. Das Autoportal Jalopnik sprach davon, dass «the news broke the car internet».

Aber erstmal von vorne:

Da wäre also Herr Mike Burroughs, ein bekannter Querkopf in der Tuning- und Custom-Car-Szene der USA. Seine Firma Stanceworks hat schon etliche mehrfach preisgekrönte Custom Builds konstruiert. Grosses internationales Echo gab es unter anderem für diesen Ford Model A Hot Rod:

Und, logisch, in der Custom-Szene hat niemand ein Problem damit, dass man an einem Ford aus den Dreissigerjahren alles, aber auch alles, verändert – angefangen beim Motor. Wenn ein Hotrodder aber genauso denselben Ansatz bei gewissen anderen Automarken verwendet ... uiuiui!

‹Gewisse Automarken›? Ach, ihr wisst gewiss, worauf ich hier anspiele. Einen alten Jaguar modifizieren ... neeeeein! Einen alten Porsche ... Sakrileg!! Ein alter Ferrari verbasteln ... TOD UND TEUFEL!!!

Doch ebendieser Mike Burroughs erstand einen 1981er-Ferrari 308 GTBi ... mit der erklärten Absicht, diesen zu einem 1000-PS-starken Timeattack-Auto zu modifizieren. Ja, er mochte das Design dieses Modells schon immer, sagt er, und, ja, das von ihm gekaufte Exemplar war in einem gar nicht so schlechten Zustand. Doch ein Hotrodder wie Burroughs sieht in einem Vehikel stets eines: Potenzial. Bei jedem Auto ist noch viel Luft nach oben.

Bei besagtem Ferrari nicht zuletzt beim Motor, der, gelinde gesagt, etwas unimposant daherkommt. Nun könnte man den 2,9-Liter Ferrari-Block in stundenlanger Kleinarbeit auseinanderschrauben, durchputzen, optimieren und am Schluss hätte man vielleicht ein paar Pferdestärkchen mehr herausgekitzelt. Oder man verwendet einen moderneren, leichteren, effizienteren und vor allem PS-stärkeren Motor. Einer, der sich dank moderner Motorsteuerung einfach tunen lässt, damit sich der Wagen genau seinem Zweck entsprechend eingesetzt werden kann. Der K24-Honda-Vierzylinder, etwa. Und ein paar Turbolader.

Burroughs spart Gewicht, das Handling wird besser (der Verbrauch übrigens auch – obwohl's hier gewiss nicht darum geht) – und es hört sich auch noch grossartig an. Am Ende hat er ein massiv besseres Auto.

Aber, eben, mit dieser Aktion hat er das car internet gegen sich aufgebracht. Bei der Vorstellung, dass unter einer Ferrari-Motorhaube auf dem Motorblock Honda geschrieben steht, schreien die Leute Zeter und Mordio.

Kleinliche Snobs sind das, allesamt.

In diesem Fall bewundere ich Burroughs' Pragmatismus und Erfindergeist mehr als die Ikonenhuldigung eines hochkarätigen Ferrari-Restaurators. Mitunter auch, weil dies nur das neuste Beispiel eines Jahrzehnte währenden Kulturdisputs der Autokultur ist.

Ferrari 288 GTO AC Cobra Sebring 1964 autorennen motorsportgeschichte auto
Schon damals: Ferraristi vs garagisti.Bild: wikicommons

Auf der einen Seite waren da die europäischen Edelmarken – Ferrari als Extrembeispiel –, die seit je her einen Expertenstatus für sich beanspruchen. Letzteres nicht zu Unrecht, denn ihre Autos konnten sich sehen lassen und auch die Rennerfolge vorweisen, die ihnen recht gab. Auf der anderen Seite waren die quirligen Konstrukteure, die von Enzo Ferrari verachtungsvoll garagisti genannt wurden – Garagen-Malocher, gewissermassen: Leute wie Carroll Shelby, der einem englischen Sportwägelchen einen amerikanischen Ford-V8 verpasste ... und damit Ferrari die Hölle heiss machte. Ha! Gesehen? Motor ausgewechselt! Mike Burroughs Ansatz mit seinem aktuellen Projekt ist genau gleich wie der von Carroll Shelby mit seinem AC Cobra.

Die europäische Motorsportgeschichte war lange Zeit von der europäischen Gesellschaftsstruktur der Zwischenkriegsära geprägt. Die Rennfahrer dieser Anfangsjahre waren exzentrische Adelige (denn Rennsport war damals schon sauteuer). Somit widerspiegelt europäische Sportwagentradition das europäische Klassensystem. Sportwagen waren Spielzeuge der Upper Class. Die US-Motorsporttradition, hingegen, Büezer-History, Populärkultur. Die Autoindustrie baute PS-starke Autos, die bereits ab Fabrik so konfiguriert waren, dass sie getunt werden konnten. Schon in den frühen Sechzigerjahren bauten Chevrolet und Ford Autos, die Ferrari-Leistung aufwiesen, aber einen Bruchteil kosteten.

Das Bestehen darauf, einen Ferrari nicht zu verändern zu dürfen, ist somit Huldigung veralteter Klassenstrukturen. Man attestiert der Marke den Nimbus eines Aristokraten, gewissermassen. Mike Burroughs, hingegen, verneigt sich vor keinem automobilen Gessler-Hut. Land of the free, home of the brave und so – kännsch? Pursuit of happiness. Sein 1000-PS-Ferrari wird Hammer, wartet nur.

Hey, Leute, versteht mich nicht falsch: Ich habe nichts gegen typengerechte und historisch korrekte Autorestauration. Im Gegenteil. Es gibt kaum was Schöneres, als einen 3,8-Liter-Jaguar-Motor, etwa. Eine historisch korrekte Vollrestauration ist wie die Renovation eines Kunstwerks. Hier soll Kulturerbe für die Nachwelt erhalten bleiben. Es ist der Blick zurück in die Vergangenheit. Restomods und Hotrods stellen den Blick nach vorn dar; die Erschaffung eines komplett neuen Kunstwerks. Beide Ansätze können nebeneinander bestehen. Und hey – bei Mike Burroughs Gefährt wird keine automobile Rarität verschandelt. Es handelt sich nicht um einen 288GTO oder Daytona, sondern um ein Exemplar der sehr verbreiteten 308-Modellreihe. Da gibt's genug 308er in Originalzustand und mit Originalmotor. Dieses eine Frankenstein-Exemplar wird niemandem etwas wegnehmen.

Um auf Madeleines Aussage zurückzukommen: Nein, Autos haben keine Seele. Sie sind Maschinen. Die Menschen, aber, die Autos fahren, entwerfen, konstruieren – sie alle haben sehr wohl eine Seele. Wichtig ist, wie das Auto den Fahrer sich fühlen lässt. Das ist Seele. Und dieser Honda-Ferrari fühlt sich bestimmt grossartig an.

1981er Ferrari mit Honda-Motor ...
An dieser Umfrage haben insgesamt 2154 Personen teilgenommen
Auto #unfucked
Boom! Hier fliegt ein 2-Millionen-Lamborghini in die Luft ... oder doch nicht?
21
Boom! Hier fliegt ein 2-Millionen-Lamborghini in die Luft ... oder doch nicht?
von Oliver Baroni
Wenn man es mit den Auto-Modifikationen etwas zu gut meint ...
71
Wenn man es mit den Auto-Modifikationen etwas zu gut meint ...
von Oliver Baroni
Sorry, nein. Es ist vorbei. Tesla kann man nicht mehr fahren
711
Sorry, nein. Es ist vorbei. Tesla kann man nicht mehr fahren
von Oliver Baroni
Touchscreens im Auto NERVEN. Und gefährlich sind sie erst noch
239
Touchscreens im Auto NERVEN. Und gefährlich sind sie erst noch
von Oliver Baroni
Nie war Campen schöner: eine Ode an den GMC Motorhome
50
Nie war Campen schöner: eine Ode an den GMC Motorhome
von Oliver Baroni
Mit Geld kann man vieles kaufen. Geschmack aber nicht
132
Mit Geld kann man vieles kaufen. Geschmack aber nicht
von Oliver Baroni
Und NUN: History Porn – Polizeiauto-Edition!
73
Und NUN: History Porn – Polizeiauto-Edition!
von Oliver Baroni
24 der tollsten Lenkräder der Autogeschichte
115
24 der tollsten Lenkräder der Autogeschichte
von Oliver Baroni
Die besten Formel-1-Rennfarben ALLER ZEITEN
36
Die besten Formel-1-Rennfarben ALLER ZEITEN
von Oliver Baroni
Autos sind immer grösser geworden. Und hässlicher. Ein Direktvergleich
235
Autos sind immer grösser geworden. Und hässlicher. Ein Direktvergleich
von Oliver Baroni
Wie umweltschädigend ist Oldtimerfahren? Halb so belastend wie ein Handy
101
Wie umweltschädigend ist Oldtimerfahren? Halb so belastend wie ein Handy
von Oliver Baroni
Wie gut kennst du die Schweizer Autobahnen? Mach das Quiz!
55
Wie gut kennst du die Schweizer Autobahnen? Mach das Quiz!
von Oliver Baroni
SUVs sind der Tod des Autodesigns – und schuld ist ein uraltes US-Gesetz
112
SUVs sind der Tod des Autodesigns – und schuld ist ein uraltes US-Gesetz
von Oliver Baroni
EVs sind gar keine Autos – und andere unpopuläre Meinungen zum Thema Auto. Ihr so?
123
EVs sind gar keine Autos – und andere unpopuläre Meinungen zum Thema Auto. Ihr so?
von Oliver Baroni
Und NUN: Nostalgie! Welches Auto aus eurer Vergangenheit vermisst ihr?
196
Und NUN: Nostalgie! Welches Auto aus eurer Vergangenheit vermisst ihr?
von Oliver Baroni
Einfach losfahren – eine Ode an den Roadtrip
92
Einfach losfahren – eine Ode an den Roadtrip
von Oliver Baroni
6 unglaubliche Rennfahrerinnen der Auto-Geschichte, die du kennen solltest
24
6 unglaubliche Rennfahrerinnen der Auto-Geschichte, die du kennen solltest
von Oliver Baroni
Okay, US-Trucks, jetzt ist aber langsam gut, oder?
199
Okay, US-Trucks, jetzt ist aber langsam gut, oder?
von Oliver Baroni
Welches Auto wäre bei dir ein Date-Killer? Also bei mir wär's ...
362
Welches Auto wäre bei dir ein Date-Killer? Also bei mir wär's ...
von Oliver Baroni
19 Schweizer Automarken, von denen du wohl nie gehört hast
21
19 Schweizer Automarken, von denen du wohl nie gehört hast
von Oliver Baroni
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
24 Stunden Vollgas: Krasse Bilder aus 96 Jahren Le Mans
1 / 57
24 Stunden Vollgas: Krasse Bilder aus 96 Jahren Le Mans
Seit 1923 messen sich die schnellsten und mutigsten Autofahrer der Welt im ultimativen Ausdauertest: Les 24 Heures du Mans!
quelle: carstyling.ru / carstyling.ru
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Es wird mir schlecht» – Toggi und Baroni im Polestar-Testdrive
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
45 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Triple A
01.11.2022 11:37registriert November 2018
Italienisches Design gepaart mit japanischer Zuverlässigkeit? - Grossartig!
472
Melden
Zum Kommentar
avatar
insert_brain_here
01.11.2022 08:58registriert Oktober 2019
Ist doch geil, 99% dieser Schlitten stehen lediglich als Wertanlage in vollklimatisierten Garagen rum
393
Melden
Zum Kommentar
avatar
En Espresso bitte
01.11.2022 09:54registriert Januar 2019
Meine Meinung ohne Ahnung: Vorher aussen hui, innen pfui - jetzt aussen hui, innen hui. Warum also nicht?
323
Melden
Zum Kommentar
45
Es. Ist. Fucking. Aus.
Ich mach's kurz. Und schmerzlos. Haha. Schmerzlos. Fakt ist: Sandro hat Schluss gemacht. Und ich? Schwebe im luftleeren Raum. Ohne Boden. Ohne Aussicht. Und ohne Ausweg.
Es ist logischerweise nicht das erste Mal, dass ich unter Liebeskummer leide. Aber es ist das erste Mal, dass Sandro der Grund ist. Weil er sich von mir getrennt hat. Er hat das komplett ohne Drama gemacht.
Zur Story