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Der schwierige Weg in die Normalität

Switzerland's Valon Behrami, left, and Switzerland's, Gelson Fernandes, right, react during the 2018 Fifa World Cup Russia group B qualification soccer match between Switzerland and Hungary  ...
Die gemeinsamen Nati-Zeiten sind vorbei: Gelson Fernandes (l.) und Valon Behrami spielen nicht mehr für die Schweiz.Bild: KEYSTONE

Der schwierige Weg in die Normalität – SFV plant Aussprache mit Spielern

Am Tag nach dem Ausschluss von Valon Behrami aus der Nati tritt auch Gelson Fernandes zurück. Der Verband plant derweil eine Aussprache mit den Spielern.
08.08.2018, 05:3008.08.2018, 07:34
etienne wuillemin / az

Heute in einem Monat steht die Schweizer Nationalmannschaft wieder auf dem Platz. In St.Gallen spielt sie gegen Island. Es ist der Auftakt in die «Nations League», diese neu geschaffene Liga der UEFA, von der noch niemand wirklich weiss, was davon zu halten ist.

Die Frage lautet dann: Ist diese Nationalmannschaft wirklich eine Einheit? Kann sie das überhaupt sein nach diesem turbulenten Sommer? Oder ist zu viel kaputt gegangen in den vergangenen Wochen, als dass ein Neustart möglich wäre?

Dieser Neustart schwebt Trainer Vladimir Petkovic also vor. Am Montag hat er deshalb zum Telefon gegriffen und seine neuen Regeln für ältere Spieler bekannt gegeben. Ein Aufgebot ist theoretisch und grundsätzlich möglich. Nicht aber ein Platz auf dem Matchblatt. Also weder in der Startelf noch auf der Ersatzbank. Erwünscht sind Valon Behrami, Stephan Lichtsteiner, Gelson Fernandes, Blerim Dzemaili oder Johan Djourou nur am Frühstückstisch. Und vielleicht noch als Randfiguren im Training. Es ist, als würde ein Ehepaar nach der Trennung behaupten, man sei ja weiterhin nicht geschieden. Und jeder dürfe ja mit den Kindern essen.

Im Klartext kann das alles nur eines bedeuten: Petkovic mistet radikal aus. Es ist ein Beben, das die Nationalmannschaft erfasst hat. Eines ohne Not. Eines, das den Trainer in Bedrängnis bringt. Eines, das die Diskussionen der vergangenen Wochen noch einmal anheizt. Nach den politischen Aussagen von Generalsekretär Alex Miescher («Wir müssen überlegen, ob wir noch auf Doppelbürger setzen wollen») ist das Vertrauen einiger Nationalspieler in die Führung angekratzt.

Behrami: «Das ist das Problem der Verbände in der Schweiz»

Video: srf

Vom Vermittler zum Unerwünschten

Behrami versuchte in seiner Rolle als Führungsspieler noch, zu vermitteln. Etwa, indem er einigen Teamkollegen von einem Rücktritt aus der Nati wegen Mieschers Aussagen abriet. Dass er selbst nun im Herbst nicht mehr erwünscht ist – oder nach Ansicht von Petkovic nur noch als Statist –, hat ihn tief getroffen. Auch darum ist seine Reaktion, in der er sein Ende als Nationalspieler verkündet hat, verständlich.

Behrami hat Fakten geschaffen, die wohl nur schwer zu widerrufen sind. Auch wenn Petkovic bereit wäre, ihn weiterhin aufzubieten, wenn Behrami denn möchte. Doch das ist kaum vorstellbar. Der Verband führt Behrami jedenfalls weiter auf in der Liste der Nationalspieler. Anders als Gelson Fernandes. Dieser hat gestern seinen Rücktritt verkündet. Er schrieb in einer Mitteilung: «Nach längerem Nachdenken ist es Zeit, das Ende meiner internationalen Laufbahn zu verkünden und einer neuen Generation Platz zu machen. Ich bin überzeugt davon, dass sie uns viel Freude machen wird.» Und dann wird er sogar fast noch etwas philosophisch: «Unsere Differenzen von gestern werden unsere Trümpfe von morgen sein.»

Bei Gelson sind weniger Zwischentöne zu spüren als bei Behrami. Logisch, schliesslich hatte er sportlich schon lange keine bedeutende Rolle mehr inne. Seine integrative Kraft war es, die ihn so lange in der Nati hielt. Offen ist weiter, ob Lichtsteiner, Dzemaili und Djourou zurücktreten.

Die Nati-Karriere von Valon Behrami

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Die Nati-Karriere von Valon Behrami
Valon Behrami machte nicht bloss im Fotoshooting eine gute Figur im Natidress. Der Tessiner bestritt 83 Länderspiele für die Schweiz – ein Rückblick auf seine Nati-Karriere.
quelle: keystone / martin ruetschi
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«Wir werden dich vermissen»

Wie die Spieler über die jüngsten Vorgänge denken, lässt sich leicht erahnen. Unter dem Bild, das Behrami zu seinem Nati-Abschied veröffentlichte, erschienen einige Solidaritätskommentare. «Respekt für dich», schrieb Granit Xhaka. «Wir werden dich vermissen», Breel Embolo. «Weiterhin viel Glück, Bruder», wünscht Manuel Akanji. Haris Seferovic schreibt: «Danke für alles!» Und Johan Djourou ergänzt: «Du verdienst den grössten Respekt.»

Klar ist darum jetzt schon: Der nächste Zusammenzug der Nationalmannschaft wird ein spezieller. Es gilt, die vergangenen Wochen aufzuarbeiten. Zwischenmenschlich, nicht sportlich. Dass es keinesfalls einfach wird, das Vertrauen wieder herzustellen, hat der Verband erkannt. Es ist eine Aussprache mit den Spielern geplant. Wo und wann diese stattfindet, ist noch nicht klar. Aber es wird darum gehen, ob eine weitere Zusammenarbeit mit Miescher, vielleicht auch mit Trainer Petkovic möglich ist oder nicht. Auszuschliessen ist es nicht. Doch sämtliche Parteien müssen sich bewusst werden, dass zerschlagenes Geschirr nicht einfach so wiederhergestellt werden kann.

Zu hoffen bleibt dabei nur, dass unter diesen Voraussetzungen die sportlichen Leistungen nicht rasant ins Tal schiessen. Vielleicht ist es ganz gut, dass die EM-Qualifikation erst im März 2019 beginnt.

Die Rekordspieler der Schweizer Nati

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Die Rekordspieler der Schweizer Nati

1905 trug die Schweizer Fussball-Nationalmannschaft ihr erstes Spiel aus. Diese Akteure liefen 75 Mal oder öfter für die Schweiz auf. [Stand: 9. September 2025]

quelle: keystone / peter klaunzer
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13 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Töfflifahrer
08.08.2018 06:28registriert August 2015
Andere Interpretation des Bekannten; Der Trainer schaut in die Zukunft und will deswegen neue, junge Spieler testen, dazu nutzt er die anstehenden Matches im Herbst. Aktuell plant er keine Abgänge sondern wäre froh weiter auf altgediente Spieler zurückgreifen zu können, um der Mannschaft, die nun neu aufgebaut werden soll auch ein stabiles Gerüst bieten zu können. Dazu muss er auch testen können wer mit wem harmoniert und wer nicht. Da dem Trainer nicht, wie in einem Club, genug Zeit zur verfügung steht um ein Team zu formen, hat er sich für diese Variante entschieden. Wo ist das Problem?
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