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Gesundheit

Neue Studie zeigt: Hauptsache der Arzt untersucht, was Dr. Google vermutet

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Egal ob wirklich nötig oder nicht: Macht der Arzt, was der Patient will, ist dieser zufrieden.Bild: KEYSTONE

Liebe Hausärzte, das bringt eure Patienten dazu, euch schlecht zu bewerten 

Patienten sind zufriedener mit ihrem Arzt, wenn dieser ihre Wünsche erfüllt – egal, ob diese medizinisch sinnvoll sind. Das ist problematisch. Der Präsident der Schweizer Hausärzte erklärt, was der Hausärztemangel damit zu tun hat und was Ärzte dagegen unternehmen können.
12.12.2017, 11:4912.12.2017, 22:39

Ein MRI-Scan bei Kopfschmerzen, eine sofortige Überweisung an den Urologen wenn der Unterleib zieht, oder ein ganz bestimmtes Schmerzmittel: Nicht wenige Patienten haben vor dem Gespräch mit ihrem Hausarzt bereits eine genaue Vorstellung davor, wie ihre Behandlung aussehen soll.

Nun zeigt eine neue Studie der University of California: Geht der Arzt dem Wunsch des Patienten nicht nach, schätzt ihn also als nicht medizinisch relevant ein, wird er von dem Patienten als schlechter eingeschätzt. Um ganze 9 bis 20 Prozent stürzt die Zufriedenheitsnote in diesen Fällen durchschnittlich, berichtet das Schweizer Onlineportal Medinside.

Fazit der Studie: Die Ärzte sagten sehr oft Ja

Etwa zwei Drittel der Patienten, die innerhalb der Studie befragt wurden, hatten vor ihrem Arztbesuch einen konkreten Wunsch: sei es ein Arbeitsunfähigkeitszeugnis, Schmerzmittel, eine Überweisung zu einem Spezialisten oder eine bestimmte Untersuchung.

In ganzen 85 Prozent der Fälle willigten die Ärzte ein, verordneten das Medikament oder schickten den Patienten ins Labor. 

Informationen zur Studie
Innerhalb der Studie befragten die Wissenschaftler 1'140 Patienten am Ende von insgesamt 1'320 ambulanten Konsultationen bei Hausärzten. Die Forschern stellten den Patienten nach ihren Konsultationen folgende Fragen: Wie zufrieden waren Sie? Haben Sie Wünsche an den Arzt herangetragen? Wenn ja, welche? Zudem wollten sie von den Patienten wissen, ob der Mediziner ihnen stattgegeben habe.

Besonders unzufrieden waren die Patienten mit ihrem Hausarzt, wenn dieser sie nicht an einen Spezialisten überweisen wollte. Gewisse Behandlungen konnten die Ärzte aber auch ausschlagen, ohne ihre Patienten zu erzürnen. Wollte ein Arzt beispielsweise kein Antibiotikum verschreiben oder den Patienten nicht zum Röntgen schicken, wurde ihm das nicht übel genommen.

Am Ende ihrer Studie ziehen die Autoren folgende Bilanz: Die Ärzte müssten wohl tendenziell besser erklären, was ihre Beweggründe für eine Ablehnung sind. Das sei in der heutigen Zeit, in der sich alles um Kundenzufriedenheit drehe, zentral.

Zu wenig Hausärzte, zu wenig Zeit

Philippe Luchsinger, Präsident des Berufsverbands Haus- und Kinderärzte Schweiz, stimmt dem bei. «Wenn ich mit einem Patienten dessen Problematik eingehend diskutiert habe, ist er zufriedener, als wenn er nach dem Besuch von 10 Spezialisten feststellen muss, dass er unvollständig beraten worden ist.» Das Problem: Immer öfters fehle die Zeit für solche Gespräche. Der Hausärztemangel vereinfache diese Aufgabe nicht: «Damit der Patient seine Haltung im Gespräch relativiert, braucht es Vertrauen, das nur in einer langjährigen Beziehung aufgebaut werden kann.»

Übrigens würden Patienten am häufigsten Bildgebungen, also zum Beispiel MRI-Scans, fordern, ohne dass dies für die Behandlung Konsequenzen hätte, sagt Luchsinger. Wohl auf Empfehlung von Dr. Google.

Zufriedenheits-Erhebungen, ob innerhalb einer Studie oder in der täglichen Arbeit, sind in der Gesundheitsbranche umstritten. So schreibt etwa ein Autor des Gesundheitsblogs Sceptical Scalpel: «Meiner Meinung nach sollte man einfach aufhören mit diesen Zufriedenheits-Erhebungen.»

Tatsächlich werden Patienten immer häufiger nach einer Bewertung gefragt. Ratings sind im Trend. In der Schweiz ist es auf verschiedenen Websites möglich, Ärzte mit einer Punkteskala zu bewerten und ihre Leistung zu kommentieren. Eine Studie aus den USA zeigte jedoch vergangenen Herbst: Zwischen der User-Bewertung und der tatsächlichen medizinischen Leistung gibt es keinen Zusammenhang.

Luchsinger ist kein Fan von Internet-Bewetungsplattformen für Ärzte: «Ob ein Arzt qualitativ gute Arbeit leistet, kann der Patient in den wenigsten Fällen beurteilen.» Beurteilen könne er nur Serviceleistungen wie die Erreichbarkeit, die Freundlichkeit des Personals und das Eingehen auf die Problematik durch den Arzt. «Entsprechend würde ich selber meinen Entscheid, zu welchem Arzt ich gehe, nie einer solchen Plattform entnehmen.»

In die Bar statt zum Arzt. Sprechstunde mal anders

Video: srf
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11 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Rumpelstilzchen
12.12.2017 13:01registriert Oktober 2017
Fazit des Artikels: die Ärzte hätten (nehmen sich) zu wenig Zeit.
Massnahme in der Realität: unser Bundesrat legt die maximal verrechenbare Zeit auf 20Minuten/Konsultation fest.
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raues Endoplasmatisches Retikulum
12.12.2017 12:04registriert Juli 2017
Sehr wichtiger Artikel der ein grosses Problem beleuchtet. Beispiel Pädiatrie: 80% der Beurteilung des Pädiaters ergibt sich durch den Umgang des Arztes mit dem Kind. Fachliche Aspekte werden von den Eltern kaum in die Bewertung miteinbezogen, wenn sich das Kind wohl fühlt und artig ist, sind die Eltern auch mit dem Arzt zufrieden. Die medizinischen Aspekte sind viertrangig.
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Emanzipator
12.12.2017 13:53registriert Oktober 2017
Wahnsinn wie manch einer immer noch denkt fünf minuten auf wikipedia ersetzen 6 jahre studium und vier jahre asistenzzeit...

Täglich werde ich aufgeklärt wie die ‚richtige‘ behandlung zu funktionieren hat. Das gewise comorbiditäten zu berücksichtigen sind und diese die ‚klassische behandlung komplett auf den kopf stellen scheint dabei als ausrede taxiert zu werden.

Und das bei mir als pflegefachmann mit vergleichweise wenig wissen im gegensatz zu den ärzten....
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