«Das war das grösste Publikum, das je Zeuge einer Amtseinführung war – sowohl bei uns als auch weltweit», sprach Trumps Sprecher Sean Spicer. Und mit Blick auf anderslautende Meldungen: «Diese Versuche, den Enthusiasmus über die Amtseinführung zu schmälern, sind schändlich und falsch.»
Sean Spicer bei der Arbeit.Bild: KEVIN LAMARQUE /REUTERS
Alles bloss «alternative Fakten», wie Beraterin Kellyanne Conway tags darauf erklärt? Oder doch eine Zeitenwende? Wohl eher Letzteres. Spicer ergänzte vielsagend: «Das nennt man eine Aussage, die gemacht werden soll, weil der Präsident es so will. Und ihr wisst, dass der Präsident euch auf die Finger schaut.»
Der neue Medien-Tenor im Weissen Haus geht anscheinend so: Trump braucht die Presse nicht – und wenn überhaupt, hat die keine Fragen zu stellen, sondern einfach nur zu verkünden. Vorbei die Zeiten, als die vierte Macht als Korrektiv des Staates galt. «Spicers Ausführungen sollten als das gesehen werden, was sie sind», trauerte die «Washington Post»: «Bemerkungen am Sarg bei der Beerdigung des Journalismus.»
Wie reagieren die US-Medien auf den Richtungswechsel? Das kommt quasi auf die «Herkunft» an: Der rechtsgerichtete Sender «Fox» zeigte Spicers Pressekonferenz ungefiltert, während CNN sich für eine Zusammenfassung entschied. Viele Journalisten versuchten vergeblich, bei Spicer nachzuhaken, der aber keine Fragen zuliess.
Die «New York Times» und die «Washington Post» nannten die Lügen beim Namen – die grossen Zeitungen haben nichts zu verlieren, nachdem sie mehrfach kritisch über Trump berichtet haben. Journalisten könnten von einem wie Spicer ohnehin keine Antworten erwarten, verdeutlichte Jessica Huseman von der Journalismus-Stiftung «ProPublica».
«Wir werden nur Antworten bekommen, wenn wir graben. Indem wir uns die Hände schmutzig machen.»
Jessica Huseman sagt, wie man über Trump berichtet
Das deutsche Fachportal «Meedia» verweist in diesem Zusammenhang auf eine lesenswerte Interpretation der neuen US-Medienpolitik, die von einer kommt, die beide Seiten kennt. Marina Weisband war einst Geschäftsführerin der Piratenpartei Deutschland und arbeitet heute als Projektleiterin beim Verein «Politik Digital».
«Dieses Lügen über Offensichtliches hat System. Die Sowjetunion nutzte es, auch im heutigen Russland gehört es noch zum Repertoire der Desinformation», schreibt die studierte Psychologin: Weil der Mensch nur eine begrenzte Zahl widersprüchlicher Informationen aushalten könne, flute Trumps Team die Öffentlichkeit mit Falschaussagen, um schliesslich eine Resignation des Zuhörers zu erreichen.
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Trump mag keine schlechten Umfragewerte, nicht im Fernsehen und auch nicht als Präsident. Was tun, wenn die Umfragewerte schlecht sind? Sagen, dass sie falsch sind.