Abnehmen, die Ausdauer ausbauen, Kraft aufbauen, sich gesünder ernähren, mehr und besser schlafen. Das steht laut Sanitas-Gesundheitsstudie zuoberst auf der Liste der Dinge, die Schweizerinnen und Schweizer in Bezug auf ihr Verhalten, was ihre Gesundheit angeht, ändern möchten. Und immer, wenn ich «würde gern», «möchte», «sollte» sehe, stellt sich mir die Frage: Warum tut man's nicht einfach?
Die Antwort ist recht simpel: Weil das Problem im Kopf liegt. Es ist wie beim sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser. Rein physisch wäre das kein Problem. Wir wissen alle, wie man springt. Aber der Gedanke daran, was uns erwartet, lässt uns zaudern und aufgeben. Auch wenn wir wissen, dass wir uns danach grandios fühlen.
Zuallererst stellt sich aber die Frage: Wollen wir unser Verhalten wirklich ändern, oder sagen wir das bloss, weil wir wissen, dass wir wollen sollten? So gibt's bei mir doch das eine oder andere gesundheitsschädliche Verhalten, bei dem ich zwar weiss, dass es nicht optimal ist, ich aber aufgegeben habe, es ändern zu wollen, einfach, weil ich nicht will. Stichwort Kaffeekonsum.
Und dann gibt es sie tatsächlich, die Dinge, die ich gern ändern würde. Ich würde wirklich gern weniger Fleisch essen. Nicht nur aus gesundheits-, sondern auch aus umwelttechnischen Gründen. Und weil ich den Gedanken, Tiere zu essen, total unschön finde. Trotzdem tue ich es verhältnismässig oft. Aus purer Gewohnheit und Gedankenlosigkeit. Poulet und Hackfleisch sind eigentlich immer in der Gefriertruhe, weil sie so vielseitig sind, und mein liebstes Mittagessen ist derzeit Feigen mit San-Daniele-Schinken. Dabei wäre das doch eigentlich relativ leicht zu ändern. Es gibt so viele Alternativen. Ich müsste einfach springen.
Genau das mache ich und beschliesse, zum Auftakt gleich eine Vegi-Woche einzulegen. Ich setze mich also am Sonntagabend hin und mache einen Menü- und einen Einkaufsplan. Schon das ist recht tricky, zumal ich nicht für mich allein koche, sondern auch noch für zwei Teenager. Auf der Liste der Dinge, die sie nicht mögen, stehen unter anderem Käse (mit Ausnahme von Mozzarella und Parmesan), Auberginen oder Zucchetti. Käseschnitte oder Parmigiana mit Auberginen fallen also flach. Okay, mal schauen, was mir sonst so einfällt. Gemüserisotto, Linsenbolognese, Kartoffel-Gemüse-Gratin, Pasta mit Pesto … Hm, alles ein bisschen kohlehydratlastig. Da wiege ich Ende Woche zwei Kilo mehr. Aber die zwei Kilo sind's mir wert, wenn ich's dafür wirklich schaffe, meinen Fleischkonsum dauerhaft zu reduzieren.
Am ersten Tag schneit's mir einen kurzfristigen Termin rein, und ich komme nicht wie geplant zum Einkaufen. Janu, gibt's halt Spaghetti mit Tomatensauce, halb so tragisch. Bis ich an Tag zwei endlich zum Einkaufen komme, ist Abend, die Meute hat Hunger, da liegt kein grosses Gekoche mehr drin. Also Café Complet mit Brot, Käse (für die, die ihn mögen), Essiggurken, Tomaten, harten Eiern. Kind eins verzieht das Gesicht, steht schweigend auf und geht zum Kühlschrank. «Kein Schinken oder Salami?» – «Nein.» – «Und was soll ich essen?» – «Eiersandwich mit Gurken und Tomaten.» – «Echt jetzt? Ich bin noch im Wachstum. Mein Hirn braucht Nahrung.» – «Mir scheint, dein Hirn kommt ganz gut ohne tierisches Fett aus für ein paar Tage.»
Tag drei und vier laufen ganz okay. An Tag fünf gibt's wieder lange Gesichter beim Znacht. «Schon wieder kein Fleisch?» – «Genau. Ihr mögt doch Kartoffelgratin.» – «Ja, schon. Als Beilage. Zum Fleisch.» Ich muss sagen, ich geb ihnen recht. Irgendwie fühlt sich das Ganze so schon recht trocken an. Trotzdem gebe ich mich kämpferisch: «Hört mal auf zu schimpfen. Man muss nicht immer Fleisch essen.» – «Du bist schuld! Du hast uns zu Fleischessern erzogen!» Tja, wo das Kind recht hat, hat es wohl recht …
Der nächste Tag, Nummer sechs, wird eine echte Herausforderung. Ich muss die Feigen aufbrauchen, bevor sie schlecht werden, und mache mir mittags einen Tomaten-Mozzarella-Feigen-Salat. Wäre eigentlich gar nicht so schlecht – aber mit meinem geliebten San-Daniele-Schinken wär's noch besser. Jeder Bissen schreit: «Ich. Vermisse. Rohschinken.» Den Zmittag geniessen wäre anders. Ich will zwar nicht behaupten, dass mein Schinken-Mangel schuld an meiner schlechten Laune am Nachmittag ist, aber verbessert hat er sie mit Sicherheit auch nicht.
Sonntag. Der Härtetest. Kind zwei hat Geburtstag, wir gehen essen. Ich schau auf die Karte. Ich will Tartar. Und Entrecôte. Und Kalbskotelette. Und Mistkratzerli. Die Vegi-Alternative: Blumenkohlsuppe und Pilzrisotto. Mir kommt's vor, als hätte ich das in diversen Varianten schon die ganze Woche gegessen. Thunfisch! Darf ich Thunfisch? Gesundheitstechnisch: ja. Gewissenstechnisch, weil Tiere essen und so: nein. Aber da es bei dem Versuch um die Gesundheit geht, bestelle ich Thunfisch. Und ich muss sagen: Noch nie im Leben hat mir ein Stück Fisch so gut geschmeckt.
Ich bin total stolz auf mich, dass ich es geschafft habe, trotz diverser Gelüste und anhaltendem Teenie-Gemotze. Zugenommen habe ich übrigens nicht, ich fühle mich aber auch nicht wesentlich gesünder als vorher. Irgendwie hab ich grad mehr Freude daran, dass ich (mit Ausnahme des Thunfischs) keine Tiere gegessen habe, als dass ich es meiner Gesundheit zuliebe getan habe. Vielleicht ist «der Gesundheit zuliebe» halt doch ein etwas zu allgemeiner, zu wenig konkreter Grund, etwas wirklich ändern zu wollen. Nichtsdestotrotz habe ich meinen Fleischkonsum seit meiner Vegi-Woche wirklich reduziert – auch wenn ich mich mit keinem der Ersatz-Produkte, die ich probiert habe, wirklich anfreunden konnte bisher. Ein feines Stück Fleisch geniesse ich dafür umso mehr.
Was würdet ihr gern eurer Gesundheit zuliebe ändern? Und warum tut ihr es nicht? Teilt es mit uns in der Kommentarspalte.