Bereits seit längerem ist bekannt, dass der US-Medienkonzern Disney mit einem eigenen Dienst ins Streaming-Geschäft einsteigen will. Nun hat Disney-Chef Bob Iger in einem Gespräch mit Wallstreet-Analysten erstmals einige Details über den geplanten Netflix-Konkurrenten verraten.
Damit erweisen sich die bisherigen Gerüchte als falsch, wonach die Plattform «Disney Play» hätte heissen sollen.
Iger führte weiter aus, dass man sich auf der neuen Streaming-Plattform vor allem auf die Topmarken des Unternehmens konzentrieren wolle: Disney, Pixar, Marvel, «Star Wars» und National Geographic.
Iger ging dann auch noch in die Vollen und schwärmte von einem einzigartigen Zugang und einer Plattform, die Abonnenten beim Inhalte-Finden behilflich sein soll.
Damit spielt Iger ganz klar auf Netflix an, dessen Medienkatalog für viele unübersichtlich und undurchschaubar ist. Beispielsweise gibt es von Netflix selbst bis heute keine Liste, in der man alle verfügbaren Titel einsehen kann.
Damit der Zuschauer bei Disney+ die Übersicht behält, soll der Inhalt in sogenannte Hubs eingeteilt werden. Kommt der User also auf die Plattform, kann er beispielsweise zwischen Hubs wie Disney, «Star Wars», Marvel, Pixar oder National Geographic auswählen.
Ob solche Hubs auf das gesamte Filmsortiment anwendbar sind, ist fraglich. Vor allem, weil später auch noch der Film- und Serienkatalog von 20th Century Fox hinzukommen wird. Disney hatte Ende 2017 bekannt gegeben, dass es den Konkurrenten schlucken werde. Die Übernahme dauert noch an, soll aber Anfang 2019 abgeschlossen sein.
Mit dem Film- und Serienkatalog von 20th Century Fox bekommt Disney den Zugriff auf ein riesiges Portfolio und es scheint unwahrscheinlich, dass dies dann schlicht in einem 20th-Century-Fox-Hub untergebracht wird.
Zwar könnte es auch einen Science-Fiction-Hub geben, allerdings wird man dort drin wohl keine «Star-Wars»-Filme finden, weil es bei den Hubs keine Filmüberschneidungen geben soll.
Wie das schliesslich alles tatsächlich aussehen wird, will der Disney-Chef aber erst im April 2019 in einer Präsentation verraten. Auch zum Preis des Angebots wollte sich Iger noch nicht konkret äussern. Er betonte nur, dass die Abokosten deutlich tiefer als diejenigen von Netflix sein werden.
Auch über die Inhalte äusserte sich Iger, wenn auch hier zurückhaltend. Dass bereits eine Live-Action-«Star-Wars»-Serie für die Plattform in Produktion ist, ist schon lange bekannt. Neu ist, dass demnächst eine zweite «Star-Wars»-Serie gedreht werden soll. Inhaltlich wird sie sich eher am düsteren Film «Rogue One» orientieren und ist daher auch zeitlich vor diesem angesetzt. Schauspieler Diego Luna wird in der Serie wieder seinen Charakter Cassian Andor aus dem Film spielen.
Auch mit weiteren exklusiven Serien will Disneys Streaming-Dienst zum Start gross auftrumpfen. Laut Berichten diverser Branchenmagazine wie etwa «Variety» sollen ganze vier Miniserien zu Marvelhelden in Produktion gehen. Bei den Charakteren handelt es sich um Loki, Scarlet Witch, Falcon und Hawkeye.
Für das jüngere Publikum soll bereits eine Serie zum Pixar-Hit «Die Monster AG» in Produktion sein. Zum Start der Plattform werden vermutlich etwa 400 bis 500 Filme sowie 7000 Serienepisoden zur Verfügung stehen. Bei einem Schnitt von 20 Episoden pro Staffel wären das 350 Serienstaffeln.
Zum Vergleich: Laut der Netflix-Suchmaschine unogs.com haben User in der Schweiz auf Netflix im Moment Zugriff auf 2888 Filme und 1191 Serien.
Auch über das Schicksal des Streaming-Dienstes Hulu äusserte sich Bob Iger. Hulu gehört in den USA nebst Netflix und Amazon Prime Video zu den drei grossen Streaming-Plattformen. Bekannte Serien von Hulu sind unter anderem «The Handmaid's Tale», «The Path» oder «The Looming Tower». Mit dem Kauf von 20th Century Fox hält Disney eine Mehrheit von 60 Prozent an Hulu.
Laut Iger gibt es keine Pläne, Hulu mit Disney+ zu verschmelzen. Vielmehr wolle man mit den anderen Anteilseignern Comcast und Time Warner eine gemeinsame Zukunft angehen. Es seien sogar grosse Investitionen geplant, um Hulu weltweit, genauso wie Disney+, verfügbar zu machen. Während Disney+ sich auf familienfreundliche Inhalte konzentriert, soll Hulu ein breiter gestreutes Angebot haben.
Obwohl Netflix momentan noch ein grosses Angebot hat, gerät der Konzern mit dem Start von Disney+ gehörig unter Druck. Spätestens Ende 2019 laufen alle Lizenzverträge zwischen Netflix und Disney aus. Damit wird Disneys komplettes Film- und Serienportfolio von Netflix verschwinden und natürlich ein riesiges Loch in das Angebot des Streaming-Giganten reissen. Auch andere grosse Hollywood-Studios wie Warner Bros oder Paramount werden ihre Filme wohl bald von Netflix abziehen, um eigene oder exklusive Plattformen zu bedienen.
Bereits jetzt versucht Netflix diesem drohenden Angebotsschwund entgegenzuwirken. Alleine 2018 investiert der Konzern laut eigenen Angaben acht Milliarden US-Dollar in Eigenproduktionen. Im Oktober hat Netflix angekündigt, ein komplettes Produktionsstudio in New Mexico aufzukaufen, um einen Teil der Eigenproduktionen dort unterzubringen.
Bereits letztes Jahr hat Netflix den Comic-Verlag Millarworld aufgekauft. Zum Verlag gehören Titel wie «Kick-Ass» oder «Kingsman». Netflix will sich damit ein eigenes Film- und Serienfranchise à la Marvel aufbauen, um die Kunden weiterhin an sich zu binden.