Der Spruch des Tages kam von Heinz Lindner: «Bitter ist, dass wir die gemolkene Milch am Ende selber ausgeschüttet haben.» Mit dieser Metapher brachte der Goalie von GC nach der 0:2-Niederlage gegen YB in einem Satz auf den Punkt, was seiner Mannschaft in Bern gerade widerfahren war: gut gespielt, gut gekämpft, doch mit einem dummen Platzverweis die ganze Arbeit kaputtgemacht.
Möglicherweise wird in Zürich noch der eine oder andere träfe Spruch österreichischer Prägung zu hören sein. Vielleicht hält gar der berühmte Wiener Schmäh Einzug. Seit Beginn dieser Saison stehen nämlich gleich drei Österreicher bei GC unter Vertrag. Zu Heinz Lindner und Stürmer Marco Djuricin hat sich mit Raphael Holzhauser nun auch noch ein zentraler Mittelfeldspieler gesellt.
Dass Letzterer andere Angebote ausgeschlagen hat und zu GC gekommen ist, hat neben Trainer Thorsten Fink gewiss auch mit Lindner und Djuricin zu tun. Ein Schelm, wer denkt, die drei hätten GC-Sportchef Mathias Walther nicht darauf aufmerksam gemacht, dass bei Austria Wien gerade der Vertrag des Captains auslaufe und dieser mit seinen gestalterischen Fähigkeiten doch gut zu den Hoppers passen würde …
«Lindner und Djuricin sind mehr als nur Teamkollegen, sie sind echte Freunde», sagt Holzhauser. «Mit Heinz habe ich bei Austria gespielt, bin mit ihm schon mehrmals in den Ferien gewesen. Mit Marco war ich gemeinsam in der U12 von Rapid Wien.» Das Gesamtpaket bei GC habe gepasst, sagt Holzhauser, der mit seiner Frau ganz in der Nähe des Campus, dem GCTrainingszentrum, lebt und mit seinen österreichischen Kumpels oft die Freizeit teilt. «Zürich ist wunderschön und der Campus hier überragend», sagt Holzhauser
Die drei GCler sind nicht die einzigen Österreicher in der Super League. In der laufenden Saison spielen deren sieben in dieser Spielklasse. Drei Schweizer mischen in der österreichischen Bundesliga mit (siehe Box).
Und überhaupt: Der Zürcher Marcel Koller hat die Ösis erstmals seit Menschengedenken an ein grosses Turnier geführt der Vorarlberger Adi Hütter die Young Boys seit 32 Jahren zur ersten Meisterschaft, und von YB ist der Säuliämter Fredy Bickel als Sportdirektor zu Rapid Wien gegangen. Ja, und mit Moritz Bauer spielt nun gar ein Winterthurer in Österreichs Nationalteam.
Zwar hat es Zeiten gegeben, als in St.Gallen mit Gort, Hörmann, Madlener, Metzler, Ritter und dem Halb-Österreicher Braschler sechs Ösis im Kader standen, doch unter dem Strich war der fussballerische Austausch zwischen den beiden Ländern überschaubar. Trotz einer gemeinsamen Grenze von 180 Kilometern.
Als vor 15 Jahren die Nationalliga A zur Super League wurde, spielte kein einziger Schweizer in Österreich und mit Charles Wittl (Aarau) nur ein Österreicher in der Schweiz. Ein Ghanaer, der nur deshalb den österreichischen Pass hatte, weil seine Mutter einen Österreicher geheiratet hatte.
Seither hat sich einiges getan, haben mit Dragovic (Basel), Janko (Basel und jetzt Lugano) und Jantscher (Luzern) namhafte Österreicher die Super League bereichert. Und natürlich ist auch Holzhauser zu GC gekommen, um Akzente zu setzen. «Ich sehe mich als Führungsspieler und Ansprechperson für die vielen Jungen im Kader», sagt Holzhauser.
Zwar ist auch er erst 25- jährig, weil er aber bereits mit 15 Jahren das Elternhaus verlassen hatte, um beim VfB Stuttgart Profi zu werden, verfügt er schon jetzt über einen enormen Erfahrungsschatz. «Ich habe mich in einem fremden Land durchgebissen, debütierte mit achtzehn in der Bundesliga und brachte es auf 36 Spiele in Deutschland», berichtet Holzhauser. Er spielte auch für Augsburg und kehrte dann nach Wien zurück.
Aber nicht zu Rapid, sondern zur Austria. Er war unter Trainer Fink Captain und der unbestrittene Spielmacher der Violetten. Er erlebte die heissen Wiener Derbys gegen Rapid und ist nun gespannt auf sein erstes Zürcher Derby. «Ich liebe Spiele, in denen es um die Vorherrschaft in einer Stadt geht», sagt Holzhauser.
Gegen YB hat der 1,93 Meter grosse Aufbauer gezeigt, weshalb er bei Fink einen Stein im Brett hat. Mit seiner Ballsicherheit ist er ein Gewinn für GC. Und ehrgeizig ist er auch, möchte endlich den Sprung in die Nationalmannschaft schaffen. «Mit Alaba und Baumgartlinger habe ich starke Konkurrenz auf meiner Position. Aber wenn ich hier gut spiele, wird es klappen», sagt Holzhauser. Und hofft für heute, dass der FCZ gemolken, die Milch dieses Mal aber nicht verschüttet wird.